Polizei an der türkisch-griechischen Grenze bei Kastanies. (1.3.2020)
SAKIS MITROLIDIS / AFP / picturedesk.com
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Flucht & Asyl

Wieder Tränengas an der griechischen Grenze

Griechische Sicherheitskräfte haben heute Vormittag abermals Tränengas und Blendgranaten gegen Flüchtlinge an der türkisch-griechischen Grenze eingesetzt.

Hunderte hatten erneut versucht, die Grenze bei Kastanies zu passieren und nach Griechenland und damit in die EU zu gelangen, wie das griechische Staatsfernsehen (ERT) berichtete.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hatte am Samstag erklärt, die Tore zur EU seien für Migranten geöffnet. Daraufhin hatte es einen Ansturm auf die griechisch-türkische Grenze gegeben.

Einen Monat lang keine neuen Asylanträge in Griechenland

Laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) harrten zuletzt rund 13.000 Menschen bei Frost im Grenzgebiet aus. Unter ihnen sollen auch viele Kinder sein. Angesichts des massiven Andrangs rief Griechenland die höchste Alarmstufe aus. Unter anderem sollen die Patrouillen an Land und zu Wasser im Nordosten des Landes verstärkt werden, wie Regierungschef Kyriakos Mitsotakis gestern Abend nach einer Krisensitzung des nationalen Sicherheitsrats in Athen mitteilte. Nach Angaben des griechischen Regierungssprechers Stelios Petsas will das Land auch einen Monat lang keine neuen Asylanträge mehr annehmen.

Wasserwerfer und Tränengas

Auch gestern schon hatte die griechische Polizei schwere Wasserwerfer und Tränengas eingesetzt, um die Flüchtlinge am Übertritt zu hindern. Diese hatten Medien zufolge Steine und andere Gegenstände auf die Bereitschaftspolizei geschleudert.

Lage auf Lesbos eskaliert

Gestern war die Lage auf der griechischen Insel Lesbos eskaliert. Nach Berichten von AFP-Fotografen ließen wütende Inselbewohner rund 50 Menschen in einem Schlauchboot im Hafen von Thermi nicht an Land. Sie schrien „Geht zurück in die Türkei“, beschimpften einen Vertreter des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR), einige griffen Journalisten und Fotografen an. Unter den Flüchtlingen waren auch Kinder.

Im Lager von Moria bereits 19.000 Menschen

Nahe des Strands von Skala Sykamineas beobachtete ein AFP-Fotograf, wie Griechen ein nicht mehr genutztes UN-Begrüßungszentrum für Flüchtlinge in Brand setzten. Es war Ende Jänner geschlossen worden. Eine weitere Gruppe der Bewohner versuchte unterdessen, einem Polizeibus mit Flüchtlingen mit Ketten und Steinen den Weg in das heillos überfüllte Lager Moria zu versperren, wie die griechische Nachrichtenagentur ANA berichtete. Das Lager wurde ursprünglich für 3.000 Menschen gebaut, inzwischen leben dort 19.000. Bereits in der vergangenen Woche hatten hunderte Bewohner von Lesbos gegen den Bau neuer Flüchtlingslager protestiert. Sie geben an, ihre Insel sei jetzt schon überlastet.

Ankunft von zehn Booten auf Lesbos

Nach AFP-Zählung kamen allein auf Lesbos gestern rund zehn Boote mit etwa 500 Menschen an. Laut ANA landeten 120 Flüchtlinge auf der Insel Chios und 80 weitere auf Samos. Die griechische Küstenwache zählte am Vortag 180 Neuankömmlinge auf Lesbos und Samos.

Frontex sieht Zuspitzung der Lage

Die EU-Grenzschutzagentur Frontex erwartet unterdessen, dass sich die Lage an der griechisch-türkischen Grenze weiter zuspitzt. „Es wird schwierig sein, den massiven Strom von Menschen, die sich auf die Reise gemacht haben, zu stoppen“, heißt es heute in einem internen Frontex-Bericht, aus dem die Zeitung die „Welt“ zitiert.

Es werde „kein Durchwinken“ geben

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) sagte gestern Abend in der „ZiB2“, es sei wichtig, dass das EU-Türkei-Abkommen halte und die EU-Außengrenze streng kontrolliert werde. Man habe Griechenland Unterstützung angeboten. Es „wird kein Durchwinken“ von Migranten geben, versicherte der Innenminister. Diesbezüglich sei er auch im Kontakt mit seinem ungarischen Amtskollegen. Sollten dennoch Migranten bis zur österreichischen Grenze kommen, seien diese anzuhalten, so Nehammer, der heute am burgenländischen Grenzübergang Nickelsdorf mit seinem ungarischen Amtskollegen Sandor Pinter zusammentreffen wollte.