Damit stehle sich die EU „noch mehr aus der Verantwortung“, erklärte heute Marcus Bachmann, Berater für humanitäre Angelegenheiten, in einem Statement für die APA. Der Trend gehe "weiter in Richtung ‚Blackbox zentrales Mittelmeer‘, das Wegschauen werde „salonfähig gemacht“, so Bachmann.
„Sophia“ 2015 geschaffen
Die Außenminister hatten gestern ein Ende der Mission „Sophia“ (EUNAVFOR Med) beschlossen, nachdem der Einsatz bereits seit knapp einem Jahr auf Eis lag. Sie wurde 2015 geschaffen, um Schleppernetzwerke im Mittelmeer und vor der Küste Nordafrikas zu bekämpfen, im Laufe der Jahre nahm aber auch die laut Seerecht verpflichtende Rettung von in Seenot geratenen Flüchtenden eine immer wichtigere Rolle ein. Vor allem Österreich stemmte sich nun gegen eine Wiederaufnahme der Mission zur Überwachung des Waffenembargos gegen Libyen, weil befürchtet wurde, dass durch die Seenotrettung ein „Pull-Faktor“ entsteht.
Keine Belege für „Pull-Faktoren“
Die Diskussion über die „Pull-Faktoren“ geht nach Ansicht von Ärzte ohne Grenzen aber am Thema vorbei. „Es gibt schlicht und ergreifend bisher keine Studie, die glaubwürdig belegt, dass Menschen die lebensgefährliche Reise über das Mittelmeer antreten, weil sie davon ausgehen können, gerettet zu werden“, betonte Bachmann. „Das wäre auch ein fataler Trugschluss“, denn trotz der Seenotrettung von Ärzte ohne Grenzen und anderer gemeinnütziger Organisationen seien alleine im vergangenen Jahr tausende Menschen im Mittelmeer ertrunken, erklärte der Experte. Die Menschen würden aus Libyen fliehen, weil sie keinen anderen Ausweg hätten.
Verantwortung „gänzlich der Zivilgesellschaft“ aufgebürdet
Die Verantwortung für die Seenotrettung im zentralen Mittelmeer – der gefährlichsten Fluchtroute der Welt – bürde die EU nun „gänzlich der Zivilgesellschaft“ auf, zeigte sich Bachmann empört. Durch „Wegschauen“ werde das Leid jedenfalls nicht geringer. Es braucht keine militärische, „sondern dringend humanitäre Lösungen“, forderte er.