Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) und Extremismusexperten Ahmad Mansour während eines Gesprächs in Berlin. (18.2.2020)
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Berlin

Extremismus-Experte lobt Österreich als vorbildlich

Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) ist im Rahmen ihrer ersten Amtsreise in Berlin heute mit dem Islamismus-Experten Ahmad Mansour zusammengetroffen.

Das ungewöhnliche daran: einen umfassenden Polizeischutz gab es weniger für die Ressortchefin als für den deutsch-israelischen Psychologen. Das hat seine Gründe. Viele von Mansours Botschaften polarisieren stark, etwa wenn er davon spricht, dass Integration die Bringschuld von Zuwanderern sei oder wenn er für ein Kopftuchverbot zunächst einmal in Volksschulen eintritt.

Spaziergang durch den Bezirk Wedding

Wenig überraschend ist, dass die VP-geleitete Integrationspolitik in Österreich für ihn Vorbildwirkung auch für Deutschland hat, wo man auch bei vernünftigen Entscheidungen Angst habe, in den Geruch des Rechtsextremismus zu geraten, erläutert Mansour nach einem gemeinsamen Spaziergang mit Raab durch den West-Berliner Bezirk Wedding, der einen hohen Anteil von Bürgern mit Migrationshintergrund aufweist, in den Kindergärten sogar rund 93 Prozent. Manche Schulen seien überhaupt nur noch von Personen nicht-deutscher Abstammung besucht, erklärte Mansour. Die Folge sei, dass jede Community nur noch unter sich bleibe und sich dabei in ihren Vorurteilen selbst bestätigt fühle – der klassische Fall einer Parallelgesellschaft.

Mansour sieht besorgniserregende Entwicklungen

Die Entwicklungen nicht nur im Stadtteil Wedding sind für Mansour besorgniserregend, etwa wenn an Schulen gar kein Schwimmunterricht mehr angeboten werde, weil Eltern den Töchtern eine Teilnahme soundso nicht erlaubten. Gleich zeige sich das Problem, wenn Frauen ihre Partner nicht frei wählen könnten oder sich Kritiker wie er nicht frei bewegen könnten. Letzteres hält ihn trotzdem nicht davon ab, seine Forderungen aufrechtzuerhalten, etwa was das Kopftuchverbot für Kinder angeht: „Kopftuch für Kinder ist eine Art von Missbrauch.“

Integrationskapazitäten jedes Landes beschränkt

Auch auf fruchtbaren Boden bei einem österreichischen Regierungsmitglied der Volkspartei fällt wenig überraschend seine Einschätzung, wonach die Integrationskapazitäten jedes Landes beschränkt seien. Immerhin sieht Mansour mittlerweile zumindest einen realistischeren Blick auf die Lage und mehr sinnvolle Initiativen: „Die Lage ist ganz anders als vor fünf Jahren.“ So sieht das Raab auch in Österreich. In der Vergangenheit habe es viele Versäumnisse gegeben, die man jetzt aufzuholen gedenke. Inwieweit diese fruchten, werde man aber in letzter Konsequenz erst in rund 20 Jahren eine Generation weiter sehen.

Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) und Innenminister Horst Seehofer (CSU) im Rahmen eines offiziellen Treffens in Berlin. (18.2.2020)
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Raab und Seehofer auf einer Linie

Raab hat auch ihre deutschen Amtskollegen getroffen und wenig überraschend große Übereinstimmung festgestellt. So erklärte Innenminister Horst Seehofer (CSU), dass die Präventionsarbeit in Deutschland ausgebaut und Antisemitismus und Extremismus von welcher Seite immer entschlossen entgegengetreten werde. Raab betonte nach der rund einstündigen Unterredung, dass der gemeinsame Kampf gegen Radikalisierung in Europa oberste Priorität haben müsse. Eine enge Zusammenarbeit der beiden Länder sei dabei für alle Seiten von Vorteil. Österreich werde im Bereich Extremismus und Islamismus eine Null-Toleranz-Politik fahren. Dazu dienen soll die (bisher nicht näher definierte) Dokumentationsstelle für den politischen Islam.

Prozess des Förderns und Forderns

Seehofer betonte auch, dass Integration keine Einbahnstraße sei, vielmehr ein wechselseitiger Prozess des Förderns und Forderns. Damit ist er auf der Linie der österreichischen Ministerin, die das entsprechende Prinzip mantraartig seit ihrem Amtsantritt vorträgt. Wer Integrationsmaßnahmen nicht wahrnehme, werde mit Sanktionen rechnen müssen.

Treffen mit Integrationsministerin Widmann-Mauz

Vor ihrem Gespräch mit Seehofer hatte Raab die deutsche Integrationsministerin Annette Widmann-Mauz (CDU) getroffen. Von der gab es im Anschluss keine Stellungnahme. Ihre österreichische Amtskollegin berichtete von der Unterredung, dass es vor allem um die Vorbereitung der deutschen Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2020 gegangen sei, in der Integration ein großes Thema sein werde.