Mahnmal an der Zufahrtsstraße zur Roma-Siedlung in Oberwart, in Gedenken an das Attentat vom 5.2.1995.
Horvath / APA / picturedesk.com
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Oberwart

Attentat auf Roma vor 25 Jahren

Vor 25 Jahren, in der Nacht vom 4. auf den 5. Februar 1995, tötete eine Rohrbombe in Oberwart vier Angehörige der Volksgruppe der Roma. Am Abend wurde der Opfer mit einer Gedenkfeier, einem Gedenkmarsch und Kranzniederlegung gedacht.

Die Männer wollten eine Tafel mit der Aufschrift „Roma zurück nach Indien“ entfernen, die der Bombenbauer Franz Fuchs als Sprengfalle vorbereitet hatte. Der Anschlag war das folgenschwerste innenpolitisch motivierte Attentat in Österreich seit 1945.

Terrorserie ab Dezember 1993

Schon im Dezember 1993 hatte die Terrorserie von Fuchs ihren Ausgang genommen. Der Pfarrer August Janisch und ORF-„Heimat Fremde Heimat“-Moderatorin Silvana Meixner wurden am 3. Dezember durch Briefbomben schwer verletzt. Zwei Tage später verstümmelte eine Briefbombe dem damaligen Wiener Bürgermeister Helmut Zilk die linke Hand. Im August 1994 verlor der Polizist Theo Kelz beide Unterarme, als in Klagenfurt eine von Fuchs auf dem Gelände der Rennerschule deponierte Rohrbombe beim Abtransport explodierte.

Eine Projektion der Opfer im Rahmen einer Gedenkfeier anlässlich des Rohrbombenattentats auf die Volksgruppe der Roma vor 25 Jahren am Dienstag, 4. Februar 2020 in Oberwart.
CHRISTIAN GMASZ / APA / picturedesk.com

Opfer Josef Simon, Peter Sarközi, Karl und Erwin Horvath

Bei dem in Oberwart verübten Rohrbomben-Attentat, dem schwersten von Fuchs verübten Anschlag, kamen Josef Simon (40), Peter Sarközi (27) sowie die Brüder Karl Horvath (22) und Erwin Horvath (18) ums Leben. Die Nachricht vom Attentat in Oberwart erschütterte Österreich und sorgte international für Bestürzung. An den Trauerfeiern für die ermordeten Roma nahmen mehrere Tausend Menschen Teil.

Attentäter Franz Fuchs

Der Bombenbauer Franz Fuchs wurde erst im Oktober 1997 gefasst. Als Gendarmen ihn in seinem Heimatort Gralla in der Steiermark kontrollieren wollten, löste er einen Sprengsatz aus, der ihm beide Hände zerfetzte. 1999 wurde Fuchs zu lebenslanger Haft und zur Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher verurteilt. Er beging am 26. Februar 2000 in seiner Zelle Selbstmord. Fuchs hatte von Dezember 1993 bis Dezember 1995 in fünf Serien 25 Briefbomben verschickt und zwei Rohrbomben deponiert.

ORF Burgeland veröffentlicht Polizeiprotokoll

ORF Burgenland veröffentlichte heute auf burgenland.ORF.at erstmals das 20-seitige Protokoll jenes Beamten, der damals den Einsatz in Oberwart zu Beginn geleitet hatte. Zunächst wurde gegen die vier toten Männer ermittelt, erst eineinhalb Tage später in Richtung Terroranschlag.

Das Mahnmal im Rahmen einer Gedenkfeier anlässlich des Rohrbombenattentats auf die Volksgruppe der Roma vor 25 Jahren am Dienstag, 4. Februar 2020 in Oberwart.
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Gedenken in Oberwart

In Oberwart wurde heute der vier Opfer gedacht. In der Europäischen Mittelschule wurde zunächst an die vier getöteten Roma erinnert, anschließend folgten ein Gedenkmarsch und eine Kranzniederlegung beim Mahnmal des Attentats.

Gesellschaft „verletzlich" geworden“

Der Mord, der vor 25 Jahren hier geschehen sei, bleibe nicht nur unvergessen, sondern habe auch die Gesellschaft in Österreich verändert: „Sie ist verletzlich geworden, wo wir geglaubt haben, wir haben die Schrecken des Nazireiches, der Vernichtungsmaschinerie überwunden“, stellte Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) fest. Die Gedanken seien damals, zuvor, aber auch danach und bis zum heutigen Tag aus manchen Köpfen nicht verschwunden. Die Zeit, wo ein verbrecherisches Regime ganz Europa, ja die ganze Welt in eine ganz besondere Katastrophe gestürzt habe, zeige bis zum heutigen Tag auch nach 75 Jahren Nachwirkungen. „Es ist heute unsere Aufgabe, nicht nur nicht zu vergessen, sondern auch unser Handeln danach zu richten“, sagte Sobotka.

„Das Gedenken mahnt uns selbst“

„Wenn das Gedenken einen Sinn haben soll, dann ist es nicht nur das Bezeugen unserer Anteilnahme immer wieder den Familien der Opfer, sondern dann soll es den Sinn haben, auch uns in Erinnerung zu rufen, dass wir im täglichen Leben daran gemessen werden, wo die kleinen Anfänge des Rassismus, des Ausgrenzens zutage treten, die Stimme zu erheben – wo es nicht reicht, auch das öffentlich zu machen, auch den Weg zur Polizei zu gehen, wenn die roten Linien überschritten werden“, so der Nationalratspräsident. „Es liegt an uns allen, diese Taten täglich auch immer wieder zu setzen. Das Gedenken mahnt uns selbst, es richtet uns an uns selbst.“

„Holen wir die ab, die sich abkehren“

Die heute hier seien, „die sind davon überzeugt, dass nur der gegenteilige Respekt ein friedvolles Leben miteinander ermöglicht. Aber holen wir die ab, die distant stehen, holen wir die ab, die sich abkehren, die nicht hinsehen. Und holen wir die ab, die Schlechtes im Schilde führen, die die Gemeinsamkeit unseres Landes stören wollen. Das kann auch nach 25 Jahren nach diesem schrecklichen Mord unser Auftrag sein“, sagte Sobotka.

„Lernen, Hinschauen, Draufschauen“

„Der 4. und 5. Februar nahm uns eine Illusion – auch dem Burgenland insgesamt“, sagte Landtagspräsidentin Verena Dunst (SPÖ). Sie hob die Bedeutung des Gedenkens und Erinnerns hervor. Es sei „wichtig, weil wir das nicht vergessen dürfen und das darf auch nie wieder passieren“. „Behalten wir uns dieses Lernen, Hinschauen, Draufschauen, mit Respekt und Würde und unterstützend – denn das ist die Voraussetzung für Frieden, im Kleinen wie im Großen“, appellierte die Landtagspräsidentin an die Teilnehmer der Gedenkfeier.