Muslime auf ihrem Hadsch, bei der ersten Umrundung der Kaaba, der heiligsten Pilgerstätte im Islam, bei der Großen Moschee in Mekka, Saudi-Arabien. (8.8.2019)
FETHI BELAID / AFP / picturedesk.com
FETHI BELAID / AFP / picturedesk.com
Mekka

Millionen Muslime beginnen Pilgerfahrt Hadsch

Mit der ersten Umrundung der Kaaba beginnt heute der diesjährige Hadsch, die Pilgerfahrt gläubiger Muslime nach Mekka. Mehr als 2,5 Millionen Gläubige sollen an der sechstägigen Pilgerreise teilnehmen.

Diese gilt in Zeiten zunehmender Zerstrittenheit der islamischen Welt als symbolische Demonstration der Einheit der Muslime.

Eine der Pflichten gläubiger Muslime

Der Koran bezeichnet die Pilgerfahrt für jeden Muslim, der die finanzielle und gesundheitliche Möglichkeit dazu hat, als religiöse Pflicht. In den vergangenen Jahren stand die Wallfahrt immer im Zeichen politischer Spannungen zwischen islamischen Staaten, doch heuer gibt es einen Lichtblick: Trotz der schweren Konflikte zwischen den beiden Regionalmächten Iran und Saudi-Arabien gestattet Riad iranischen Pilgern auch heuer wieder die Pilgerreise. Nach Angaben der iranischen Agentur Tasnim machen sich heuer 88.550 Iraner auf den Weg.

Muslimische Pilger erreichen den Platz rund um die Kaaba, die heiligste Pilgerstätte im Islam, bei der Großen Moschee in Mekka, Saudi-Arabien. (7.8.2019)
ABDEL GHANI BASHIR / AFP / picturedesk.com

Eintragung in Wartelisten

Der Hadsch kann nur an bestimmten Tagen im Jahr vollzogen werden, nämlich zwischen 8. und 13. des islamischen Monats Dhu I-Hijjah (Hiddscha). Aufgrund des islamischen Mondkalenders verschiebt sich das Fest im Sonnenkalender und findet immer wieder in anderen Jahreszeiten statt. Um nach Mekka reisen zu dürfen, müssen sich die Gläubigen in Wartelisten eintragen. Manche von ihnen warten jahrzehntelang, bis sie ihrer religiösen Pflicht nachkommen können.

Muslimische Pilger auf ihrem Hadsch, beim Gebet rund um die Kaaba, die heiligste Pilgerstätte im Islam, bei der Großen Moschee in Mekka, Saudi-Arabien. (7.8.2019)
ABDEL GHANI BASHIR / AFP / picturedesk.com

Mehrteilige Pilgerreise

Die Pilgerreise gliedert sich in mehrere Teile. Am ersten Tag findet in Mekka der Eintritt in den Weihezustand Ihram, statt – die einfache weiße Kleidung, die Gläubige während des Hadsch tragen müssen, symbolisiert die Gleichheit aller Pilger vor Allah. Daraufhin wird die erste Tawaf (Umrundung) begangen: Die Kaaba, ein schwarzes, würfelartiges Gebäude im Zentrum der Großen Moschee (Al-Haram-Moschee), das den Schwarzen Stein beherbergt, wird sieben Mal gegen den Uhrzeigersinn umrundet. Der Schwarze Stein, offenbar ein Meteorit, stammt laut islamischer Überlieferung aus dem Paradies. Er soll weißer als Milch gewesen, und mit der Zeit schwarz geworden sein.

Heilige Hügel Safa und Marwa

Am selben Tag wird auch der Weg zwischen den beiden heiligen Hügeln Safa und Marwa sieben Mal begangen. Dieser bezieht sich auf Hagars und Ismaels Suche nach Wasser. Darauf folgt ein Marsch zum benachbarten Ort Mina. Hier bleiben die Pilger bis zum nächsten Morgen, an dem sie zur Arafat-Ebene aufbrechen, wo Allah um Vergebung gebeten wird. Die Pilger halten sich dort bis zum Sonnenuntergang auf und übernachten daraufhin in Muzdalifa.

Teufelssteinigung am dritten Tag

Am dritten Tag findet auf dem Rückweg nach Mina die symbolische Teufelssteinigung statt, die darauf verweist, dass Abraham den Teufel mit Steinen in die Flucht geschlagen habe. Danach rasieren oder kürzen sich Männer das Haupthaar, Frauen schneiden eine Haarsträhne ab – ein Symbol für den Beginn eines neuen, sündenfreien Lebensabschnitts.

Viertägiges Opferfest

Daraufhin beginnt das viertägige Opferfest, das höchste islamische Fest (Eid al-Adha). Es erinnert an die biblische Geschichte, in der Gott Abraham befiehlt, seinen Sohn zu opfern. Nach islamischer Tradition handelte es sich bei diesem Sohn um Ismael, nicht um Isaak wie in der biblischen Geschichte. Im letzten Moment änderte Gott seine Forderung und Abraham sollte ein Schaf schlachten. Die Geschichte gilt als Ausdruck des Gottesvertrauens Abrahams. Während des Festes werden Opfertiere geschlachtet, das Fleisch geht vor allem an Bedürftige. Es folgt ein weiterer Besuch der Moschee in Mekka für eine weitere Tawaf.

Muslime auf ihrem Hadsch, bei der ersten Umrundung der Kaaba, der heiligsten Pilgerstätte im Islam, bei der Großen Moschee in Mekka, Saudi-Arabien. (8.8.2019)
FETHI BELAID / AFP / picturedesk.com

Letzte Tawaf am sechsten Tag

Am vierten und fünften Tag finden wiederum Teufelssteinigungen in Mina statt. Am sechsten Tag wird ein letztes Mal die Tawaf vollzogen, womit der Hadsch endet.

Rund 2.300 Tote bei Massenpanik 2015

2015 war während des Hadsch in Mekka eine Massenpanik ausgebrochen, bei der rund 2.300 Menschen starben. Da der Iran, Erzfeind Saudi-Arabiens, die meisten ausländischen Toten zu beklagen hatte, forderte das damalige geistliche Oberhaupt Ayatollah Ali Khamenei von Saudi-Arabien eine Entschuldigung, da das wahhabitische Königreich für die Organisation der Pilgerfahrt zuständig ist.

Schwieriges Verhältnis zwischen Iran und Saudi-Arabien

In der Folge verschlechterte sich das Verhältnis der beiden Staaten weiter. Nach der Hinrichtung eines schiitischen Geistlichen im Jänner 2016 durch Riad fanden gewaltsame Proteste vor der Botschaft Saudi-Arabiens in Teheran statt, woraufhin das Königreich die diplomatischen Beziehungen abbrach. 2016 durften iranische Muslime zum ersten Mal seit drei Jahrzehnten nicht am Hadsch teilnehmen. Obwohl sich der politische Konflikt zwischen beiden Ländern wegen des Bürgerkriegs im Jemen weiter zuspitzte, wurden iranische Pilger im Vorjahr wieder zum Hadsch zugelassen. Auch für katarische Pilger fand die Wallfahrt statt, obwohl Saudi-Arabien mit vier weiteren arabischen Staaten kurz vor Beginn des Hadsch alle diplomatischen Beziehungen zu dem kleinen Emirat abgebrochen hatte. Nach dem Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen eskalierte der Konflikt zwischen dem Iran und dem US-Verbündeten Saudi-Arabien heuer weiter, bis hin zu Angriffen auf Öltanker im Persischen Golf.

Politik und Hadsch voneinander trennen

Für ein Offenhalten der Grenzen machen sich insbesondere auch saudische Geistliche stark. So sagte der Prediger der Großen Moschee in Mekka, Saleh bin Hameed, im Vorjahr in Wien: „Politische Konflikte und Unstimmigkeiten betreffen den Hadsch nicht, wir müssen die Politik Saudi-Arabiens und den Hadsch voneinander trennen. Jeder Moslem hat ein Recht auf den Hadsch.“