Kinder auf einem Fahrrad beim Zaatari Flüchtlingslager im Norden Jordaniens. (14.7.2019)
KHALIL MAZRAAWI / AFP / picturedesk.com
KHALIL MAZRAAWI / AFP / picturedesk.com
Konfliktregionen

Über 20 Prozent der Menschen psychisch krank

Derzeit sind laut UNO weltweit fast 70 Millionen Menschen auf der Flucht. Diese höchste Zahl an Betroffenen seit dem Zweiten Weltkrieg hat enorme Auswirkungen auf die psychische Gesundheit. 22,1 Prozent der Menschen aus Konfliktregionen sind aktuell psychisch krank.

Das hat eine Übersichtsarbeit von Fiona Charlson vom Forschungszentrum für psychische Gesundheit in Queensland (Australien) und Co-Autoren ergeben, die Mitte Juli in der britischen Medizinfachzeitschrift „The Lancet“ erschienen ist.

„Interventionsmöglichkeiten zur Reduktion des Leids“

„Bei Menschen, die von (bewaffneten; Anm.) Konflikten betroffen sind, ist das Leid durch psychische Erkrankungen groß. Wenn man die große Zahl dieser Menschen in Betracht zieht, ist es ein humanistisches ‚Muss‘, diese Probleme zu verringern. Gebraucht werden schnell hochfahrbare Interventionsmöglichkeiten zur Reduktion des Leids“, schrieben die Autoren. „Wir schätzen die Punkt-Prävalenz (Häufigkeit zu jedem gegebenen Zeitpunkt; Anm.) von psychischen Erkrankungen (Depressionen, Angststörungen, posttraumatische Belastungsstörungen, bipolare Erkrankung und Schizophrenie) auf 22,1 Prozent bei Menschen, die von Konflikten betroffen sind“, schrieben die Wissenschafter. Leichte Störungen hätten eine Häufigkeit von 13 Prozent, vier Prozent betrage die Häufigkeit moderater Störungen. 5,1 Prozent machten die schweren Erkrankungen aus.

Mangelnde Finanzmittel & Ressourcen

Seit Jahren beklagt beispielsweise die Wiener Initiative Hemayat mangelnde Finanzmittel und damit Ressourcen bei der Betreuung von Flüchtlingen und Folteropfern. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO), die Gesundheitsbehörden der australischen Provinz Queensland und die Bill & Melinda Gates Stiftung haben deshalb die Übersichtsarbeit zu vorhandenen Daten zu dem Thema unterstützt.

600 Menschen warten in Wien auf Betreuung

Der Verein Hemayat hat sich in Wien als Zentrum für dolmetschgestützte medizinische, psychologische und psychotherapeutische Betreuung von Folter- und Kriegsüberlebenden seit 1995 etabliert. Im Jahr 2018 wurden 1.353 Menschen, darunter 221 Kinder und Jugendliche, aus 51 Ländern betreut. Insgesamt wurden 14.686 Betreuungsstunden geleistet. „Psychotherapie mit Hilfe von Dolmetschern ist eine sehr spezielle Leistung, die das öffentliche Gesundheitswesen in Wien nach wie vor nicht anbietet. Dadurch sind sehr viele Menschen auf Hemayat angewiesen, aber für mehr als 600 Menschen, die derzeit auf Psychotherapie oder ein Abklärungsgespräch warten, fehlen die finanziellen Mittel“, schrieb die Organisation vor einigen Wochen.