Das „König Abdullah Bin Abdulaziz Zentrum für Interreligiösen und Interkulturellen Dialog“ (KAICIID) in Wien. Das Außenministerium will den Entschließungsantrag des Nationalrates zur Schließung des umstrittenen Abdullah-Zentrums umsetzen. (12.6.2019)
HERBERT NEUBAUER / APA / picturedesk.com
HERBERT NEUBAUER / APA / picturedesk.com
Außenministerium

Schritte zur Schließung des Abdullah-Zentrums

Der Nationalrat hat einen Ausstieg Österreichs aus dem umstrittenen König-Abdullah-Zentrum gefordert. Einem Entschließungsantrag der Liste JETZT haben SPÖ und FPÖ gestern zur Mehrheit im Plenum verholfen.

Die ÖVP trug ihn nicht mit, forderte aber kurz darauf in einem eigenen Antrag die Einleitung von Schritten zur Schließung. Das Außenministerium sicherte zu, den Beschluss umzusetzen.

„Prüfung aller rechtlich notwendigen Schritte“

"Es gibt einen klaren Beschluss des Nationalrates, der umzusetzen ist“, verlautete gestern aus dem Außenministerium gegenüber der APA. Außenminister Alexander Schallenberg „hat bereits die Prüfung aller rechtlich notwendigen Schritte beauftragt“. „Er wird dafür Sorge tragen, dass die Umsetzung ohne Schaden für Österreichs außenpolitische Interessen und im Rahmen der internationalen Gepflogenheiten erfolgt“, teilte das Außenministerium weiter mit. Dieses hatte in der Vergangenheit in einer Expertise darauf hingewiesen, dass ein sofortiger Ausstieg Österreichs aus dem Zentrum nicht möglich ist.

Das König-Abdullah-Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog (KAICIID) ist in Wien am Schottenring beheimatet und wird großteils von Saudi-Arabien finanziert.

Seit Jahren innenpolitisch umstritten

Das König-Abdullah-Zentrum ist bereits seit Jahren innenpolitisch umstritten, im Jahr 2015 löste es eine handfeste Koalitionskrise zwischen den damaligen Regierungsparteien SPÖ und ÖVP aus. Damals ging es um die Weigerung des KAICIID, eine drakonische Strafe gegen den saudischen Blogger Raif Badawi zu verurteilen, der sich für Religionsfreiheit eingesetzt hatte. Der damalige Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) hatte mit einer Schließung des Zentrums gedroht, woraufhin ihm von der ÖVP vorgeworfen wurde, den Ruf Österreichs aufs Spiel zu setzen.

Anlassfall der drohenden Hinrichtung eines 18-Jährigen

Der vom Abgeordneten Peter Pilz nun vorgebrachte Anlassfall ist die drohende Hinrichtung eines 18-Jährigen in Saudi-Arabien, der wegen Teilnahme an einer Demonstration für Menschenrechte seit fünf Jahren in Haft sitzt. Ihm wird Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen.

ÖVP für neues interkulturelles Zentrum

Der außenpolitische Sprecher der ÖVP, Reinhold Lopatka, erklärte in einer Aussendung: „Saudi-Arabien ist dringend gefordert, die Menschenrechte zu achten und einzuhalten! Die bevorstehende Hinrichtung von Murtaja Qureiris, der als zehnjähriger Bub an einer Menschenrechtsdemonstration teilgenommen hat, muss verhindert werden." Die Volkspartei befürworte daher auch die Schließung des König-Abdullah-Zentrums."Mit einem eigenen Antrag wollen wir aber die Fortführung des interkulturellen Dialogs sicherstellen – und zwar mit der Einrichtung eines neuen Zentrums mit Sitz in Österreich, das optimaler Weise unter der Obhut der UNO stehen sollte“, so Lopatka.

Entschließungsantrag

In dem vom Nationalrat angenommenen Entschließungsantrag wird Außenminister Schallenberg nicht nur aufgefordert, mit allen diplomatischen Mitteln – bis zur Ausweisung des kompletten saudischen Botschaftspersonals aus Österreichs – für eine Freilassung des jungen Mannes zu kämpfen, vielmehr wird auch ein Ende der Zusammenarbeit mit dem Abdullah-Zentrum verlangt. Konkret sollte Österreich sowohl vom Errichtungs- als auch vom Amtssitzabkommen zurücktreten.

„Große Skepsis“ der FPÖ

FPÖ-Klubobmann Norbert Hofer dankte der Liste JETZT für die Initiative. Er wies darauf hin, dass seine Partei dem Zentrum „immer mit großer Skepsis“ gegenübergestanden sei, dem damaligen Koalitionspartner ÖVP aber der Weiterbetrieb „immer ein sehr großes Anliegen“ gewesen sei. „Jetzt haben wir die Mehrheit und damit auch die Möglichkeit, vom Nationalrat ausgehend die Bundesregierung zu ersuchen, das Zentrum zu schließen“, so Hofer.

Eigener Antrag der ÖVP

Nach dem Beschluss des Entschließungsantrags brachte die ÖVP einen eigenen Antrag ein. Darin wird Außenminister Schallenberg, ein früherer enger Mitarbeiter der ÖVP-Ressortchefs Ursula Plassnik, Michael Spindelegger und Sebastian Kurz, ersucht, „die notwendigen Schritte für eine Schließung (des Zentrums) einzuleiten“ und „diplomatische Anstrengungen zu unternehmen, die ermöglichen, in Zukunft in Wien eine internationale Plattform für den interreligiösen Dialog bereitzustellen, wenn möglich im Rahmen einer Organisation der Vereinten Nationen“.

KAICIID will an seinen Leistungen gemessen werden

„Mit Besorgnis“ hat das König-Abdullah-Zentrum auf den parlamentarischen Entschließungsantrag reagiert. „KAICIID steht zu seinen Leistungen bei der Förderung des Dialogs weltweit. An diesen Leistungen sollte es gemessen werden“ betonte das Abdullah-Zentrum in einer Aussendung. Es handle sich um eine zwischenstaatliche Organisation, deren Auftrag und Mission aus ihrem internationalen Gründungsabkommen abgeleitet werde, „welches von den Mitgliedsstaaten (den Regierungen Österreichs, Spaniens und Saudi-Arabiens, sowie dem Heiligen Stuhl als beobachtendem Gründungsmitglied) unterzeichnet wurde“. Die Aktivitäten des KAICIID könnten folglich nicht mit einem einzelnen Staat verknüpft werden. KAICIID möchte nach eigener Aussage „an seinen Leistungen beurteilt werden – an den vielen Menschen, die es weltweit im interreligiösen und interkulturellen Dialog ausgebildet hat, an den zahlreichen Stunden Arbeit, die es in von Instabilität geprägten Regionen für Aussöhnung und Verständigung investiert hat.“

Auf Kritik nicht eingegangen

Auf Kritik an dem Zentrum ging das KAICIID in seiner Aussendung nicht ein. So wurde dem 2012 gegründeten Abdullah-Zentrum vorgeworfen, Menschenrechtsverletzungen wie die Auspeitschung des regimekritischen saudischen Bloggers Raif Badawi nicht zu verurteilen. Der Anlassfall für den Entschließungsantrag vom Mittwoch war die drohende Hinrichtung eines 18-Jährigen in Saudi-Arabien. Murtaja Qureiris hatte als zehnjähriger Bub an einer Menschenrechtsdemonstration teilgenommen und sitzt seit fünf Jahren im Gefängnis. Laut Amnesty International ist die Todesstrafe gegen Personen, die zum Tatzeitpunkt unter 18 Jahren waren, international verboten.