„Die guten Tage“ von Marko Dinić

Der Roman „Die guten Tage“ von Marko Dinić erzählt von einer Reise in den Süden, zum Begräbnis der Großmutter. Es ist eine Reise in die alte Heimat, die auch zur Reise in die eigene Vergangenheit wird.

Die vielstündige Busfahrt mit dem „Gastarbeiterexpress“ von Wien nach Belgrad konfrontiert den jungen Erzähler mit einem seltsamen Sitznachbarn und mit widersprüchlichen Gedanken und Erinnerungen.

Autor Marko Dinić

APA/Barbara Gindl

Auszüge bei Bachmannpreis-Lesung

Marko Dinić wurde 1988 in Wien geboren und verbrachte seine Kindheit und Jugend in Belgrad. Er studierte in Salzburg Germanistik und Jüdische Kulturgeschichte. Einen Auszug aus seinem Debütroman, den er in den kommenden Tagen in Salzburg, Innsbruck und Wien vorstellt, las er schon 2016 in Klagenfurt und verpasste den Bachmann-Preis erst im Stechen gegen Sharon Dodua Otoo. Das nun fertige Buch darf man ohne weiteres als gelungen bezeichnen.

"Die guten Tage" von Marko Dinić

Zsolnay Verlag

Marko Dinić: „Die guten Tage“, Zsolnay Verlag, 240 Seiten, 22,70 Euro, ISBN 978-3-552-05911-5

Bus-Biotop als Klein-Balkanien

„Die guten Tage“ ist geschickt gebaut und mit großer Bildkraft erzählt. Das Bus-Biotop ist Klein-Balkanien unter verschärften Bedingungen. Während draußen monoton die ungarische Tiefebene vorbeizieht, etabliert sich im Inneren des Fahrzeugs eine Art Ausnahmezustand, in dem sich der Erzähler nicht sehr wohlfühlt. Angetrieben durch die provozierenden Gespräche mit seinem schwer einzuschätzenden Nachbarn beginnt eine Art Abrechnung mit der eigenen Geschichte, namentlich mit dem Vater, der dem Milošević-Regime als Beamter diente und danach stets der guten, alten Zeit nachtrauerte. „‚Wissen Sie, mein Vater ist ein Schwein!‘, sagte ich plötzlich zu meinem Sitznachbarn. (...) ‚Erzählen Sie mir etwas Neues, soll das etwas Ungewöhnliches sein?‘, antwortete er gleichgültig.“

Erinnerungen an die Kindheit

Erinnerungen an die Kindheit, als die NATO Belgrad bombardierte, und an die Gymnasialzeit in einem ehemaligen Frauengefängnis, als Banden die Stadt unter sich aufteilten und der Exodus der gebildeteren Jugend einsetzte, mischen sich unter die Eindrücke der Gegenwart. Die Desorientierung nimmt zu, je näher der Bus Belgrad kommt. Denn auch sein Leben in Wien ist voller widersprüchlicher Gefühle. „Ein Teil von mir versuchte krampfhaft, mein bisheriges Leben in Serbien zu vergessen, während ein anderer Teil ununterbrochen daran erinnert wurde, wie sehr Wörter wie Sehnsucht oder Heimat zur Falle werden können.“

„Nirgends angekommen“

Die Wiederbegegnung mit der Familie in Belgrad bringt keine Katharsis, keine Klärung. Aber eine Annäherung. Und eine bittere Erkenntnis: „Ich öffnete die Augen. War nirgends angekommen.“

Termine der Buchpräsentationen:

Februar:

  • Montag, 25. Februar 2019, 19.30 Uhr, Stadtbibliothek Salzburg, Schumacherstraße 14, 5020 Salzburg
  • Dienstag, 26. Februar 2019, 19.00 Uhr, Literaturhaus am Inn, Josef-Hirn-Straße 5, 6020 Innsbruck
  • Donnerstag, 28. Februar 2019, 19.00 Uhr, Österreichische Gesellschaft für Literatur, Herrengasse 5, 1010 Wien

März:

  • Dienstag, 26. März 2019, 19.30 Uhr, Robert Musil-Institut für Literaturforschung, Bahnhofstraße 50, 9020 Klagenfurt
  • Mittwoch, 27. März 2019, 19.00 Uhr, Literaturhaus Graz, Elisabethstraße 30, 8010 Graz

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