Neues Gewaltschutzkonzept in Grundversorgungsquartieren

Oberösterreich hat heute ein neues Konzept für Gewaltschutz in Grundversorgungsquartieren vorgestellt. Es setzt auf Sensibilisierung und Partizipation und wird ab sofort in allen Einrichtungen angewendet.

In der zweiten Jahreshälfte wird evaluiert, berichteten Landesrat Rudi Anschober (Grüne) und Tina Tauß von der Grundversorgungsstelle des Landes in einer Pressekonferenz in Linz.

„Entstehende Gewalt an der Wurzel abfangen“

Der Verzicht auf Gewalt sei essenziell für ein gutes Miteinander, schickte Anschober voraus. Die Menschen seien durch die lange Dauer der Asylverfahren für zwei, drei, auch vier Jahre in der Grundversorgung. Diese Zeit wolle man nützen. Es sei darum gegangen, „Möglichkeiten zu finden, entstehende Gewalt an der Wurzel abzufangen“. Zielgruppe des Konzepts seien die Bewohner der Quartiere, besonders die sehr verletzlichen Personen. „Eckpfeiler des Lebens in unserer Gesellschaft sind die Gleichberechtigung und Kinderrechte“, betonte Anschober, das solle vermittelt werden und Frauen sowie Kinder massiv von dem Konzept profitieren.

Erwünscht „dass sie hinschauen und das melden“

Der standardisierte Leitfaden des Konzepts soll sicherstellen, dass alle - Bewohner wie Betreuer und Betreiber - wissen, wohin sie sich wenden können, wenn sie Gewalt bemerken oder auch nur den Verdacht haben, dass Gewalt ausgeübt werde. „Sie sollen wissen, dass es erwünscht ist, dass sie hinschauen und das melden“, erklärte Tauß. Man müsse auf jede Person von zwei Seiten schauen, sagte sie, „droht ihr Gewalt? Und: geht ein Risiko von ihr aus?“. Anhand des Leitfadens werden verschiedene Bereiche einmal jährlich hinsichtlich möglicher Risikofaktoren überprüft.

World-Café als partizipatives Element

Ein World-Café als partizipatives Element gibt den Bewohnern eine Plattform, um ihre Anliegen zu Themen wie „Kinder“ und „Quartier“ zu diskutieren. Das Konzept wurde bereits in sieben Quartieren erprobt und Tauß erzählte, dass es rege Mitarbeit gegeben habe, gerade auch von jungen Männern. Als Beispiel einer Gefahrenquelle sei etwa eine stark befahrene Straße neben einer Einrichtung genannt worden.

Offensiv an die Betroffenen herantreten

Oberösterreich stehe mit dem dezentralen System - durchschnittlich 18 Bewohner in einer Einrichtung - und der intensiven, guten Kooperation mit der Exekutive - ein Vertrauensbeamter pro Quartier - gut da im Bereich der Grundversorgung von Asylwerbern, es sei vergleichsweise ruhig. Die paar Ausnahmen wolle man mit dem neuen Konzept, das Oberösterreich als einziges Bundesland realisiere, drastisch reduzieren, sagte Anschober. Wenn man offensiv an die Betroffenen herantrete, solle sich das positiv auf die Lebenssituation in der Gesellschaft auswirken.

6.528 Personen in OÖ in Grundversorgung

In Oberösterreich gibt es laut der Presseunterlage derzeit rund 6.528 Personen in der Grundversorgung, 4.700 Menschen leben in 266 Quartieren, zwei Drittel werden von Organisationen, ein Drittel von Privaten betrieben. Das mit Abstand größte beherberge 70 Personen, die meisten weniger als 20 Personen. Die größte Gruppe an Asylwerbern kommt aus Afghanistan (2.978), gefolgt von Irak (590) und Iran (243). 1.654 Personen sind unter 18 Jahre alt, davon 140 unbegleitet. Die Asylanträge sind 2018 unter dem langjährigen Niveau, mit 13.400 Anträgen österreichweit liegt das Jahr 2018 an zwölfter Stelle seit 2002.