Bund finanziert „Shoah“-Gedenkmauer

Das Projekt einer Namens-Gedenkmauer für die rund 66.000 in der NS-Zeit ermordeten Juden aus Österreich rückt der Realisierung einen großen Schritt näher.

Statt der bisher geplanten 50-prozentigen Kostenbeteiligung will der Bund die Finanzierung nun fast zur Gänze übernehmen. Bis zu 4,5 Mio. Euro werden dafür reserviert, heißt es in einem Ministerratsbeschluss.

Errichtung im Ostarrichipark

Dies gab Bundeskanzler Sebastaina Kurz (ÖVP) bekannt, nachdem er mit dem Initiator der Namensmauer, dem Holocaust-Überlebenden Kurt Y. Tutter, zusammengetroffen war. Errichtet werden soll die Mauer, auf der alle Namen der jüdischen Opfer angeführt werden sollen, im Ostarrichipark vor der Nationalbank in Wien. Die entsprechende Einigung mit der Stadt war im Oktober erfolgt. Der ursprünglich angedachte Standort Schmerlingplatz wurde aufgegeben.

Errichtungskosten fast zur Gänze gedeckt

Größtes Hindernis zur Umsetzung war bisher die Finanzierung. Die Stadt Wien hatte sich unter Verweis auf bestehende Denk- und Mahnmale (etwa das im Jahr 2000 errichtete Mahnmal für die österreichischen jüdischen Opfer der Schoah am Judenplatz) nur bereit gezeigt, die Pflege und Erhaltung zu übernehmen. Mit der Aufstockung des Bundes sind die angedachten Errichtungskosten zwischen 4,8 und 5,3 Mio. Euro (sie sind durch die Standortverlegung noch ein wenig gestiegen) aber nun fast zur Gänze gedeckt. Das Finanzierungskonzept von Tutters Verein sieht vor, dass Wien das Projekt mit 200.000 Euro unterstützt, die anderen Bundesländer mit je 50.000 Euro. Rund 200.000 Euro konnten privat aufgestellt werden.

Bestrebungen seit 20 Jahren

Bestrebungen zur Errichtung einer solche Gedenkstätte gibt es bereits seit fast 20 Jahren, hieß es seitens der Regierung. Internationale Vorbilder für die Namens-Gedenkmauer existieren etwa in Form der 2005 eröffneten Shoah-Gedenkstätte in Paris, dem Nationaldenkmal für die jüdischen Märtyrer Belgiens in Brüssel oder einem in Amsterdam geplanten Niederländischen Holocaust-Memorial.

Bleibendes Zeichen der Erinnerung

In einem schriftlich übermitteltem Statement sprach Kurz von einem bleibendem Zeichen der Erinnerung im aktuellen Gedenkjahr: „Als Bundeskanzler ist mir die Verantwortung der Erinnerung an die Ermordung der 66.0000 österreichischen Jüdinnen und Juden durch das NS-Terror-Regime und die Mahnung an dieses dunkle Kapitel unserer Geschichte zu wichtig, um hier weiter Zeit zu verlieren.“ Tutter freute sich über den Startschuss der Realisierung und dankte dem Kanzler dafür.

Für Van der Bellen wichtiges Zeichen

Bundespräsident Alexander Van der Bellen wertet die Realisierung der Shoah-Gedenkmauer als wichtiges Zeichen im heurigen Gedenkjahr. In einer Aussendung begrüßte er gestern die Finanzierungszusage des Bundes und die Standortgenehmigung der Stadt Wien im Ostarrichipark vor der Nationalbank. Bei Initiator Kurt Y. Tutter bedankte er sich für dessen großes Engagement. „Aus vielen Gesprächen mit Überlebenden der Shoah weiß ich, wie wichtig ihnen und ihren Nachkommen die Erinnerung an die Schrecken von Nationalsozialismus, Krieg, Verfolgung und Holocaust ist“, so der Bundespräsident: „Österreich bekennt sich zu seiner Verantwortung und zu seiner Verpflichtung, die Erinnerung an diese schreckliche Vergangenheit unseres Landes wachzuhalten. Ich habe daher das Projekt zur Errichtung der Shoah Namensmauern Gedenkstätte als Bundespräsident stets aus voller Überzeugung unterstützt.“

Kultusgemeinde begrüßt Umsetzung

Auch die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) begrüßt die Umsetzung der Shoah-Gedenkmauer. „Ich bin froh, dass ein neues Denkmal, das an die umgebrachten Juden Österreichs erinnert, entstehen wird“, sagte Präsident Oskar Deutsch gestern auf APA-Anfrage. Das Gedenken sei keine jüdische, sondern eine gesamtösterreichische Angelegenheit. Zwar gebe es das Holocaust-Mahnmal am Judenplatz und auch die Gedenkstätte in der Synagoge in der Wiener Seitenstettengasse, wo die Namen der 66.000 Umgekommenen bereits verzeichnet seien. Doch wenn nun ein weiteres entstehe, das der breiten Bevölkerung zugänglich sei, dann sei dies „sicher eine Sache, mit der ich zufrieden bin“, so Deutsch.