Verheerende Zustände in Flüchtlingszentren

Unzumutbare hygienische Bedingungen in überfüllten Sammelunterkünften, Polizeigewalt und sexuelle Übergriffe auf Frauen und Kinder - der Europarat hat sich abermals alarmiert über die Situation tausender Flüchtlinge in Griechenland geäußert.

Besonders besorgniserregend sei die Lage der über 3.000 unbegleiteten minderjährigen Migranten, heißt es in einem heute veröffentlichten Bericht. Die meisten von ihnen seien gemeinsam mit Erwachsenen in Containern oder Zelten untergebracht - ohne jegliche Betreuung, kritisierte die Menschenrechtskommissarin des Europarats, Dunja Mijatović, in ihrer Expertise. Sie beruht auf einer fünftägigen Inspektionsreise, die sie im Juni mit zwei Mitarbeitern unternommen hatte. Zu diesem Zeitpunkt hielten sich offiziellen Angaben zufolge rund 65.000 Migranten in Griechenland auf.

Flüchtlingscamp Moria aus der Insel Lesbos im März 2017

APA/AFP/Louisa Goulimaki

Flüchtlingscamp Moria aus der Insel Lesbos im März 2017

„Hot Spots“ auf Inseln

Geradezu verheerende Zustände fanden die Experten des Europarats in den sechs so genannten „Hot Spots“ auf fünf Inseln in der Ägäis sowie in der Stadt Fylakio an der türkisch-griechischen Grenze vor, in denen ankommenden Flüchtlinge registriert werden. In den von der Europäischen Union mitfinanzierten Aufnahmezentren auf den Inseln waren zum Zeitpunkt der Visite rund 11.500 Flüchtlinge untergebracht, darunter schwangere Frauen und Mütter mit Säuglingen. Die offizielle Aufnahmekapazität der Zentren lag nur bei 6400 Menschen. Mittlerweile ist die Zahl der Flüchtlinge den Angaben zufolge in diesen „Hot Spots“ noch weiter angestiegen - auf rund 20.000 im September.

Lage in Moria explosiv

Laut Bericht müssen Flüchtlinge oft lange Schlange stehen, um zu Duschen oder Toiletten zu gelangen. Frauen und Kinder, die ohne Begleitung die sanitären Einrichtungen benutzten, seien sexuellen Angriffen ausgesetzt. Besonders explosiv ist demnach die Lage in dem Aufnahmezentrum Moria auf Lesbos, wo derzeit über 8.000 Migranten ausharren, obwohl es nur Platz für 3.000 gibt.

„Gefahr für die Volksgesundheit“

Vertreter der Gesundheitsbehörden hätten das Lager kürzlich als „Gefahr für die Volksgesundheit“ bezeichnet, weil die Abflüsse der Toiletten defekt seien, stellte die Menschenrechtskommissarin fest. Die zuständigen Behörden hätten das Einwanderungsministerium aufgefordert, binnen 30 Tagen den Schaden zu beheben oder das Lager zu schließen.

Gelder für Notprogramm

Nach Angaben der Europäischen Kommission in Brüssel haben Griechenland und dort engagierte Nichtregierungsorganisationen seit dem Jahr 2015 aus dem EU-Budget mehr als 400 Millionen Euro für ein Notprogramm erhalten. Diese Hilfe ergänzt demnach die Zuwendungen in Höhe von fast 510 Millionen Euro, die dem Land für die Jahre 2014 bis 2020 zur Betreuung von Flüchtlingen bewilligt worden waren.

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