Auslandstürken rechnen mehrheitlich mit Erdoğan-Sieg

Mit dem heutigen Donnerstag können die im Ausland lebenden Türken ihre Stimme bei der türkischen Parlaments- und Präsidentschaftswahl abgeben.

Die Wähler vor dem türkischen Generalkonsulat in Wien hoffen mehrheitlich auf den Sieg des umstrittenen amtierenden Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan, wie ein Lokalaugenschein der APA ergab. Doch auch kritische Stimmen wurden laut.

Andrang am türkischen Generalkonsulat

Der Andrang am türkischen Generalkonsulat in Wien-Hietzing war groß: „Wer ein Mensch ist, muss wählen“, sagt ein älterer Mann vor der Stimmenabgabe. „Wir wollen unseren Staat unterstützen, Erdoğan ist kein Diktator, wir unterstützen ihn aus freien Stücken“, so eine Wählerin, die auf eine absolute Mehrheit Erdoğans beim ersten Wahldurchgang hofft. Auch für eine andere Wählerin, ebenfalls mit Kopftuch, ist Erdoğan „natürlich“ die richtige Wahl.

Überzeugt von absoluter Mehrheit Erdoğans

Für einen jüngeren Wähler wird der amtierende Präsident zweifellos die absolute Mehrheit bekommen. „Die anderen sind einfach nur PKK-Mörder, die brauchen wir gar nicht wählen“, sagt er mit Blick auf den Kurden-Konflikt und die verbotene Untergrundorganisation Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Er kritisiert, dass „Deutschland und die EU“ diese weiter unterstützten. Ein anderer sieht ebenfalls keinen Grund für eine politische Veränderung in der Türkei: „Es hat sich schon etwas verändert - natürlich wähle ich Erdoğan“, erklärt er vergnügt.

Veränderungen gewünscht

Ein weiterer Wähler ist offenbar anderer Meinung. Nach der Stimmabgabe, sagt er, dass er sich schon Veränderung wünsche. Auf Details will er nicht eingehen. Auch dezidierte Unterstützer anderer Kandidaten melden sich offen zu Wort: „Erdoğan wird sicher alles verlieren - hundertprozentig!“, zeigt sich ein älterer Herr überzeugt. Eine Frau fordert gegenüber der APA, dass Auslandstürken, die Erdoğan wählen, zurück in die Türkei ziehen sollten. „Dann würden sie ihn abwählen“, meint sie, denn Türken im Ausland gehe es „eh gut“. Offenbar ist sie der Ansicht, dass das für Türken in der Heimat nicht der Fall ist.

Wahlbeobachter geht von Manipulationen aus

Ein aus der Türkei nach Wien als Wahlbeobachter entsandter Vertreter der säkularen, sozialdemokratischen CHP-Partei geht von Manipulationen der Wahl aus. „Ich glaube, dass die Wahlergebnisse aus Österreich in der Türkei verändert werden“, sagte er. „Wir werden hier alles sicher in die Türkei transportieren, aber was drüben für ein Kasperltheater gespielt wird, wissen wir auch nicht“, fährt er auf Deutsch fort.

Rund 100.000 Wahlberechtigte in Österreich

In Österreich leben rund 100.000 wahlberechtigte türkische Staatsbürger, die ihre Stimme vom 7. bis 19. Juni in den drei Generalkonsulaten in Wien, Salzburg und Bregenz abgeben können. Die Briefwahl ist nach dem türkischen Gesetz nicht möglich. Zur Präsidentschaftswahl sind sechs Kandidaten zugelassen, allen voran Amtsinhaber Erdoğan. Wenn kein Kandidat in der ersten Runde die absolute Mehrheit erhält, findet zwei Wochen später eine Stichwahl statt.

Zustimmung der Auslandstürken für Erdoğan erwartet

Erdoğan kann auf starke Zustimmung der Türken im Ausland hoffen: Bereits beim Referendum über die Einführung des von Erdoğan angestrebten Präsidialsystems im April 2017 entfielen in Österreich mehr als 73 Prozent der Stimmen auf das Lager des Präsidenten - deutlich mehr als in der Türkei selbst. Das Resultat löste eine heftige Diskussion über die Integration der Türken hierzulande aus.