Neue Dokumentation über Salzburger NS-Opfer

80 Jahre nach dem „Anschluss“ Österreichs an Deutschland im März 1938 hat das Salzburger Personenkomitee Stolpersteine ein Verzeichnis von unter dem NS-Regime ermordeter Personen aus dem Bundesland vorgelegt.

Die Dokumentation samt Kürzest-Biografien der Opfer ist aber noch kein abgeschlossenes Projekt. Und einen Anspruch auf Vollständigkeit dürfte es aus mehreren Gründen nicht geben.

„Viel mehr Opfer als bisher bekannt“

„Es gab sehr viel mehr Opfer als bisher bekannt. Die Liste ist nach wie vor lückenhaft“, erklärte der Historiker und Initiator Gert Kerschbaumer im APA-Gespräch. „Wir möchten die Dokumentation aber so gut es geht bis zum Jahresende fertigstellen. Derzeit fehlen noch die Roma und Sinti. Und bei den jüdischen Opfern wollen wir nicht nur die Ermordeten, sondern auch die Vertriebenen anführen.“

Verschwundene Geburts- und Trauungsbücher

Denn die Erforschung jüdischer Opfer anhand der Geburts- und Trauungsbücher der israelitischen Kultusgemeinde sei illusorisch. „Diese Dokumente gelten seit den Terror-Jahren als verlustig“, sagte Kerschbaumer. Mit den Büchern sei auch die Identität der Opfer geraubt worden. Ebenso vergeblich sei auch die Recherche anhand der Opferfürsorgeakten. Die in Exilländer Vertriebenen und Hinterbliebenen von Shoa-Opfern hatten in Österreich keinen Anspruch auf Opferfürsorge - und wurden deshalb nicht erfasst. Gleiches gilt für die Opfergruppe der Roma und Sinti mangels österreichischer Staatsbürgerschaft. Und selbst den österreichischen Deserteuren der Deutschen Wehrmacht gelang eine Anerkennung als Opfer zumeist nur, wenn sie Mitglieder einer jener politischen Parteien waren, die im Jahr 1947 das Opferfürsorgegesetz beschlossen hatten: ÖVP, SPÖ und KPÖ.

Zugang zu Opferdatenbanken im Internet

Durch den offenen Zugang zu diversen Opferdatenbanken im Internet sei der Wissensstand allerdings höher als noch vor 20, 30 Jahren. Überrascht habe ihn die hohe Zahl an Euthanasieopfern in Salzburg, sagte der Historiker - es waren im Bundesland an die 400 Menschen. Aber auch hier gab es Lücken. Das 1991 veröffentlichte Verzeichnis der in Hartheim ermordeten Kranken aus der Landesheilanstalt Salzburg beruht auf den geheimen „War Crimes Records“ der US-Armee. Ein Vergleich zeigte aber, dass die damals publizierte Abschrift fehler- und lückenhaft ist. Wenn etwa Geburtsorte der Opfer fehlen, sei eine Identitätsfeststellung in den Geburtsbüchern kaum möglich.

Die aktuelle Dokumentation ist auf der Homepage „Stolpersteine Salzburg“ abrufbar.

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