Armutskonferenz zum Thema Anerkennung

Die 11. Armutskonferenz Anfang März in Salzburg widmet sich dem Thema „Achtung! Demütigung macht krank“. Damit wollen die Organisatoren auf die Bedeutung von Anerkennung im Kampf gegen Ungleichheit, Ohnmacht und Spaltung aufmerksam machen.

Denn fehlende Anerkennung und ständige Abwertung machen krank, hieß es von Experten und Betroffenen gestern bei einer Pressekonferenz in Wien.

11. Armutskonferenz vom 5. bis 7. März 2018 in Salzburg

Beschämung geht „unter die Haut“

„Ständige Abwertung ist lern- und leistungshemmend“, sagte Martin Schenk, Sozialexperte und Psychologe. Der Mitorganisator der Armutskonferenz erklärte weiter, wie Beschämung „unter die Haut“ geht. Seinen Angaben zufolge äußern sich die stärksten Wirkungen in erhöhtem Stress und höheren Raten psychischer Erkrankungen. Auch Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Erkrankungen ließen sich damit in Zusammenhang bringen.

Menschen brauchen Anerkennung und Respekt

Für ein starkes Dasein brauchen Menschen Anerkennung und Respekt, so Schenk. Erfahren sie allerdings das Gegenteil, nämlich Beschämung, wirke das „wie Gift“. Und „das Gefühl zu haben, weniger wert zu sein als die anderen, erzeugt Stress“, fügte Schenk hinzu.

„Druck und Stress machen krank“

„Druck und Stress machen krank, das weiß ich aus eigener Erfahrung“, hakte Henriette Gschwendtner an dieser Stelle ein. Sie war selbst Betroffene, verlor ihren Job, blieb auf Schulden sitzen und bezog Notstandshilfe. In dieser Zeit machte sie oft Erfahrungen mit Abwertung, berichtete sie gestern in Wien. „Wenn du am Amt hinuntergemacht wirst, sinkt dein Selbstvertrauen. Ich hab’ mich gar nicht mehr getraut, was zu sagen“. Erst mit der Hilfe einer Sozialarbeiterin ist es ihr gelungen, die ihr zustehenden Sozialleistungen zu erhalten. „Es ist leicht, in Depressionen zu verfallen“, sagte Gschwendtner. „Viele Menschen wissen nicht weiter und geraten in die Arbeitslosigkeit“, berichtete die Pensionistin aus ihrer eigenen Erfahrung. Mittlerweile ist Gschwendtner Interessensvertreterin bei Exit-Sozial, einem Verein für psychosoziale Dienste, und engagiert sich beim Projekt „Sichtbar Werden“.

„Prekäre Arbeitsverhältnisse nehmen zu“

Dass Armut nicht nur einen Verlust an Einkommen bedeutet, sondern stets verbunden ist mit einem Verlust an sozialem Status, bestätigte auch Alban Knecht, Soziologe an der Kepler Universität Linz. Er zeigte auf, es gäbe zwar ein Plus von Arbeitsverhältnissen insgesamt, aber eine Abnahme von Normalarbeitsverhältnissen. „Prekäre Arbeitsverhältnisse nehmen zu“, sagte er. Vor allem Niedriglohnbeschäftigte stelle das vor große Herausforderungen. Diese Abwertung einer unsicheren oder schlecht bezahlten Arbeit hätte eine unmittelbare Wirkung auf die Betroffenen, erklärte Knecht.

Problem im öffentlichen Diskurs über Armut

Ein weiteres Problem ortet der Soziologe im öffentlichen Diskurs über Armut. Für die Betroffenen bedeuten demnach die permanent wiederholten Verdächtigungen, etwa zum Missbrauch von Sozialleistungen, den Verlust von Anerkennung. Nämlich jener Anerkennung, dass sie sich in einer schwierigen Lebenssituation befinden und eigentlich bemüht wären, etwas zu verbessern.

„Demütigung demotiviert“

Vor allem an öffentlichen Orten wie Ämtern oder bei Arztbesuchen erfahren Betroffene Abwertung, sagte Schrenk. Sonst gehe es vor allem um Alltagssituationen. „Da schlägt man die Zeitung auf und liest von Sozialschmarotzern“, nannte er ein Beispiel. Oder wenn man im Betrieb ein Außenseiter ist, keine Lohnerhöhungen bekommt und keine Aufstiegschancen erhält, dann kann das laut dem Menschenrechtsaktivisten zu Wut und Ohnmacht führen. „Demütigung demotiviert - und macht nicht lebendig“, sagte Schrenk. Gründe für eine Benachteiligung sind ihm zufolge oft fehlende Bildung oder Krankheiten.

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