Brauneder soll blaue Vergangenheit durchleuchten

Die FPÖ will sich in ihrer neuen Rolle als Regierungspartei vom Vorwurf, rechtsextrem zu sein und ihren Reihen Funktionäre mit Sympathien zum NS-Regime zu haben, befreien.

Dazu soll die Parteigeschichte wissenschaftlich aufgearbeitet werden, dass die hierzu eingesetzte Historikerkommission von einem ehemaligen FPÖ-Politiker geleitet wird, sorgt allerdings schon im Vorfeld für Skepsis.

Brauneder im Dienst der FPÖ

Der Historiker Wilhelm Brauneder stand jahrelang im Dienst der Freiheitlichen Partei. Zwischen 1994 und 1999 saß er auf einem blauen Ticket im Nationalrat, von 1996 bis 1999 war er auch Dritter Präsident des Hohen Hauses. Brauneder stand in seiner aktiven Zeit als Politiker unter Kritik, weil er als Autor der rechtsextremen Zeitschrift „Aula“ tätig war und als Dekan der Juridischen Fakultät eine Veranstaltung des Rings Freiheitlicher Studenten mit dem deutschen Rechtsextremen Reinhold Oberlercher genehmigt hatte.

DÖW zeigt grundsätzlich Bereitschaft

Nun soll Brauneder eine Historikerkommission mit nationalen und internationalen Experten bilden. Auch besonders FPÖ-kritische Historiker, etwa aus dem Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands (DÖW), sollen eingebunden werden. DÖW-Leiter Gerhard Baumgartner zeigte grundsätzlich Bereitschaft zu einer Zusammenarbeit, solange es nicht nur um Reinwaschung oder eine reine Feigenblattfunktion gehe.

Skepsis bei SPÖ und IKG

Äußerst skeptisch zeigten sich die SPÖ und die Israelitische Kultusgemeinde. Als „völlig unglaubwürdig“ kritisiert der geschäftsführende SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder die angekündigte Aufarbeitung der FPÖ-Vergangenheit. Zurückhaltend reagierte auch IKG-Präsident Oskar Deutsch. „Eine Historikerkommission kann ein richtiger Schritt sein, aber es ist Skepsis angebracht, wenn nur FPÖ-Mitglieder beteiligt sind. Es bleibt abzuwarten, wie diese arbeitet, welche Wissenschafter einbezogen werden und vor allem welche Schlüsse daraus gezogen werden. Die rechtsextreme Geschichte der FPÖ aufzuarbeiten ist das eine, sich von menschenverachtenden Ideologien zu lösen und aufzuhören Andersdenkende zu diffamieren, ist noch viel wichtiger. Bekenntnisse reichen nicht aus“, so Deutsch.

„Rot-weiß-rot Erklärung“

Parallel zum Startschuss für die geschichtliche Aufarbeitung legte die FPÖ eine „rot-weiß-rot Erklärung“ ab, in der sich die Partei „vorbehaltlos zur Republik Österreich“ bekennt und Gewalt, Totalitarismus und Rassismus ablehnt. „Eine besondere Verantwortung sehen wir in der Ablehnung des Antisemitismus. Diesbezügliche Vorfälle und Äußerungen verurteilen wir ausdrücklich. Dies hat in unserer Gemeinschaft keinen Platz. (...) Die dunklen Kapitel österreichischer Geschichte werden wir nie vergessen und wir erteilen jeglicher Verharmlosung des Nationalsozialismus eine deutliche Absage.“

Liederbuch der Burschenschaft Germania als Auslöser

Die Verharmlosung des Nationalsozialismus ist eigentlicher Auslöser der blauen Befreiungs-Bemühungen. Im Zuge des Wahlkampfes für die niederösterreichische Landtagswahl war ein Liederbuch der Burschenschaft Germania zu Wiener Neustadt aufgetaucht, in dem die Ermordung von sechs Millionen Juden in der NS-Zeit besungen wird. Der FPÖ-Spitzenkandidat Udo Landbauer war Mitglied dieser Burschenschaft und musste nach der Wahl alle seine politischen Funktionen niederlegen.

Eigene Koordinierungsgruppe

Für solche Fälle soll künftig ein eigenes Gremium in der FPÖ zuständig sein. Es wird eine Koordinierungsgruppe gebildet, die den geschichtlichen Aufarbeitungsprozess „begleitet und steuert“ und künftig in Fällen wie jenen von Landbauer vermittelt bzw. Empfehlungen gibt. Für Parteiausschlüsse bleibt das Parteischiedsgericht zuständig. Diese Gruppe besteht aus FPÖ-Ehrenobmann Hilmar Kabas, FPÖ-Volksanwalt Peter Fichtenbauer, der Wiener Stadträtin Ursula Stenzel, der Dritten Nationalratspräsidentin Anneliese Kitzmüller, FPÖ-Klubdirektor Norbert Nemeth, den Nationalratsabgeordneten Reinhard Bösch und Harald Stefan sowie FPÖ-Urgestein und Parteikenner Andreas Mölzer.

Burschenschaften nicht Teil der historischen Untersuchung

Die deutschnationalen Burschenschaften werden allerdings nicht Teil der geschichtlichen Untersuchung sein, weil es sich um private Vereine handle. Da habe die FPÖ kein Durchgriffsrecht. Das könne nur freiwillig passieren. „Wir werden uns unserer Vergangenheit stellen. Als Teil der österreichischen Bundesregierung tragen wir besondere Verantwortung“, sagte Generalsekretär Harald Vilimsky bei einer Pressekonferenz am Dienstag.

„Wir nicht in jedermanns Hirnkastl schauen können“

„NS-Gedankengut hat bei uns keinen Platz“, ergänzte Klubobmann Walter Rosenkranz. Dass FPÖ-Funktionäre immer wieder mit einschlägigen Aussagen auffällig werden, begründete er damit, dass „wir nicht in jedermanns Hirnkastl schauen können“. „Der unterschwellige Vorwurf, dass das bei uns latent geduldet wird, muss aufhören. Wenn jemand glaubt, er kann in der FPÖ nationalsozialistisches Gedankengut einfließen lassen oder uns als Vehikel dafür nutzen, dem kann ich sagen: Nicht das Parteiausschlussverfahren abwarten, sondern gleich gehen.“