Lebenslange Haft für Ratko Mladic

Das UNO-Tribunal für Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien (ICTY) hat heute in einem seiner wichtigsten Urteile den einstigen bosnisch-serbischen Militärchef Ratko Mladić zu lebenslanger Haft verurteilt.

Mladić habe sich während des Bosnien-Krieges (1992-95) des Völkermordes in der damaligen UNO-Schutzzone Srebrenica schuldig gemacht, stellte das Gericht fest.

In zehn von elf Anklagepunkten verurteilt

Die Richter in Den Haag bestätigten mit ihrem Urteil zehn von elf Anklagepunkten: Mladić wurde außerdem Völkermord in Srebrenica, Morde, Tötungen, Deportationen, Zwangsumsiedlungen, Terror an Zivilisten und Verstöße gegen die Kriegsgepflogenheiten und das Kriegsrecht angelastet. Ein Anklagepunkt - jener, der sich auf Völkermord in weiteren sechs bosnischen Gemeinden bezog -, wurde vom Gericht nicht bestätigt.

Die Richter stellten fest, dass Mladić während des Krieges ein Mitglied des gemeinsamen verbrecherischen Vorhabens der bosnischen Serben war, das darauf abzielte, die Bosniaken (Muslime) und bosnischen Kroaten für immer von den Gebieten Bosnien-Herzegowinas zu beseitigen, auf welche bosnische Serben den Anspruch gestellt hatten.

Antrag der Staatsanwaltschaft gefolgt

In ihrem Urteil sind die Richter dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die im Dezember 2016 lebenslang für Mladić gefordert hatte, gefolgt. Die Verteidiger hatten damals auf Freispruch in allen Punkten oder höchstens 15 Jahre Haft plädiert: Gegen das Urteil kündigten sie Berufung an.

600 Zeugen & 10.000 Beweisunterlagen

Die Anklage enthielt Angaben über mehr als 70 Massaker in 20 Gemeinden und über Folterung und Misshandlung von Zivilisten in 58 Gefängnissen und Gefangenenlagern in 22 Ortschaften. Im Laufe des Gerichtsprozesses hatten fast 600 Zeugen ausgesagt, die Vorwürfe wurden auf Basis von rund 10.000 Beweisunterlagen präsentiert. Alleine in Srebrenica wurden im Juli 1995 rund 8.000 muslimische Männer und Buben brutal ermordet. Im Laufe der 44-monatigen Beschießung von Sarajevo waren rund 10.000 Menschen, mehrheitlich Zivilisten ums Leben gekommen.

Mladić ohne Reue

Dem 74-jährigen Mladić war bei der Verkündung des Urteils keine Reue anzumerken. Ganz im Gegenteil. Beim Betreten des Gerichtssaals wandte sich Mladić mit emporgerecktem Daumen lächelnd in Richtung Journalisten. Später, nach einer Pause, wurde der Angeklagte allerdings aus dem Gerichtssaal entfernt, nachdem er lautstark auf die Entscheidung der Richter reagierte, mit der Urteilsverkündung fortzusetzen. Seine Anwälte hatten zuvor um ihre Unterbrechung, bzw. nur um die Strafverkündung unter Hinweis auf seinen hohen Blutdruck ersucht.

„Außerordentlich wichtiger Schritt“

Der hohe Bosnien-Beauftragter Valentin Inzko bezeichnete das Urteil als einen „außerordentlich wichtigen Schritt“ in den Bemühungen, die Verantwortlichen für schreckliche Kriegsverbrechen in Bosnien vor die Justiz zu bringen. „Es gibt keine schlechten Völker, nur schlechte Einzelpersonen“, unterstrich Inzko ferner.

Mladić war erst 2011 nach 16 Jahren auf der Flucht in Serbien verhaftet und dem UNO-Tribunal übergeben worden. Das heutige war das letzte Urteil des Gerichts, das nach 24 Jahren zum Jahresende seine Arbeit abschließt.

„Inbegriff für internationale Gerechtigkeit“

„Mladić ist der Inbegriff des Bösen und die Verurteilung von Mladić ist der Inbegriff für internationale Gerechtigkeit“, stellte der UNO-Menschenrechtskommissar Said Raad al-Hussein seinerseits fest.

Geteilte Reaktionen in Bosnien

Die Reaktionen in Bosnien waren wie erwartet geteilt. Für bosnische Serben ist Mladić, wie der bosnisch-serbische Präsident Milorad Dodik bereits am Dienstag feststellte, eine „Legende“. Vom serbischen Präsidiumsmitglied Mladen Ivanić wurde das Urteil kritisiert. „Das Haager Tribunal hat anstellte des Vertrauens das Misstrauen gestärkt. Anstelle von Versöhnung wird es zu neuen politischen Konflikten führen“, erläuterte Ivanić.

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