„Mittelmeerroute schließen wird nicht reichen“

Die Experten auf der von „act.now“ und dem International Institute for Peace (IIP) in Ugandas Hauptstadt Kampala veranstalteten Konferenz „African Youth and Migration“ sind sich einig, restriktive Grenzkontrollen werden die Flüchtlingsbewegung nicht beenden.

Stattdessen brauche es etwa faire Handelsbeziehungen und legale Migrationsmöglichkeiten, so die Schlussfolgerungen der Teilnehmer gestern.

Verschiedene Typen der Migration

Europäer würden bei Migration zuerst an die Flüchtlinge im Mittelmeer denken, sagte Noemi Cascone vom European Center for Development Policy Management (ECDPM), einem belgischen Think-Tank. Doch es gebe verschiedene Typen der Migration, die zu unterscheiden seien. „Es wird nicht reichen die Mittelmeerroute zu schließen und in Entwicklungshilfe zu investieren“, zeigte sich Cascone überzeugt. Denn Entwicklung sei langfristig zu betrachten, „Entwicklungshilfe kann erst als zweiter Schritt kommen“, nach akuter Hilfe im Konfliktfall.

Auf Einladung der österreichischen Nichtregierungsorganisation (NGO) „act.now“ und des International Institute for Peace (IIP) haben sich in Ugandas Hauptstadt Kampala Migrationsexperten, Flüchtlinge und Politiker getroffen, um von Sonntag bis Dienstag Meinungen auszutauschen und Lösungsansätze der Flüchtlingsproblematik zu diskutieren. Der ehemalige SPÖ-Europaabgeordnete Hannes Swoboda kuratierte die Konferenz.

„Legale Wege der Migration“ schaffen

Leider würden viele europäische Länder die Gelder aus der Entwicklungshilfe heute verwenden um Flüchtlinge im eigenen Land zu versorgen, anstatt vor Ort, bedauert Cascone. Auch seien europäische Länder zunehmend mehr interessiert an Ländern, die an den Flüchtlingsrouten liegen. Der einzige Weg, um Schlepperei zu bekämpfen, sei es, „legale Wege der Migration zu schaffen“, so Cascone. Visa müssten billiger werden und leichter zu erhalten sein.

Wegen vieler Konflikte werde Flucht zunehmen

An sinkende Migrationszahlen glaubt auch Matthias Esene vom in Wien ansässigen International Centre for Migration Policy Development (ICMPD) nicht. Die afrikanische Bevölkerung wachse sehr stark, und aufgrund der vielen Konflikte würden die Fluchtbewegungen zunehmen. So seien allein in seinem Heimatland Nigeria 2,2 Millionen Menschen auf der Flucht vor der Islamisten-Miliz „Boko Haram“. Dennoch würden über 90 Prozent der Vertriebenen im Land bleiben.

Interregionale Mobilität erhöhen

„Afrika ist wie ein kochender Topf voll Wasser, der irgendwann übergehen wird“ aufgrund des Bevölkerungswachstums, hielt Esene fest. Doch gebe es mehr europäische Arbeitnehmer, die in Afrika arbeiten, als Afrikaner in einem anderen afrikanischen Land. Daher sei es wichtig, die interregionale Mobilität zu erhöhen, denn für Afrikaner sei es schwieriger innerhalb Afrikas zu reisen als für Europäer.

Europäische Migrationspolitik Einfluss auf Afrika

Jesca Angida von der Internationalen Organisation für Migration (IOM) in Kampala fordert indes „eine gesteuerte Migration“. Es gebe Gründe, warum die Leute flüchten. Daher sei es notwendig, diese Ursachen zu bekämpfen „und da muss die Entwicklungshilfe einsetzen“. In den vergangenen Jahren sei zu beobachten gewesen, dass die europäische Migrationspolitik sehr starken Einfluss auf Afrika habe, analysierte Yotam Gidron von der International Refugee Rights Initiative (IRRI). „Wenn wir den Flüchtlingen das Leben erschweren, werden sie zurückgehen“, herrsche als Annahme in vielen Ländern vor.

Migration „als Chance sehen“

Dem schloss sich auch der ehemalige SPÖ-Europaabgeordnete Hannes Swoboda an, als er die Ergebnisse der Konferenz zusammenfasst. „In der EU darf man die Migration nicht als Bedrohung, sondern muss sie als Chance sehen“, forderte er. Daher müsse in Afrika investiert werden, um den Agrarsektor und die Industrie zu entwickeln, und vor allem müsse Afrika selber mehr produzieren. Zudem sei es notwendig, Austauschprogramme wie das Erasmus-Programm der EU auch für Afrikaner zu öffnen, denn von einem beiderseitigen Austausch würde sowohl Europa als auch Afrika profitieren.

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