Identitäre stürmten Vorlesung an Uni Klagenfurt

Eine Gruppe von Identitären hat gestern Nachmittag eine Vorlesung mit dem Titel „Flucht, Asyl, Migration“ an der Universität Klagenfurt/Celovec gestürmt.

Wie Rektor Oliver Vitouch am Abend gegenüber der APA erklärte, war eine Gruppe von zehn teils verkleideten Männern mit Kamera und Megafon in den Hörsaal gekommen. Der Rektor forderte die Männer zum Gehen auf, sie verließen den Saal aber erst, nachdem er die Polizei gerufen hatte.

Rektor Vitouch bedroht und attackiert

Vitouch wollte einen der Männer festhalten, wurde daraufhin bedroht und erhielt einen „leicht verschmerzbaren Schlag in die Magengrube“, wie er erklärte. Seine Motivation, den Mann mit Lederjacke aufzuhalten, umschrieb er so: „Ich wollte die Identität des Identitären feststellen, das war ihm aber offenbar nicht so recht.“

Steinigung inszeniert

Die Identitären waren auf unterschiedliche Weise verkleidet. Einer hatte sich laut Rektor Oliver Vitouch ein mittelalterliches Holzjoch umgeschnallt, ein anderer trug eine Burka. Nach Angaben der Polizei inszenierte die rechtsextreme Gruppe in dem Hörsaal mit Steinen aus Styropor eine Steinigung. Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die Ermittlungen übernommen.

Aktion offenbar genau geplant gewesen

„Ich bin gegen 17.30 Uhr über die Störaktion informiert worden und sofort vom Rektorat in den Hörsaal gelaufen, wo gerade eine Ringvorlesung zum Thema Flucht und Asyl gehalten wurde“, erzählte Vitouch. Er habe die Gruppe aufgefordert, den Hörsaal zu verlassen und versucht, ein angebrachtes Transparent zu entfernen. Das habe die rund zehn Personen aber nicht beeindruckt. Die ganze Aktion sei offenbar genau geplant gewesen, die Teilnehmer durchwegs junge Männer, sagte der Rektor, der kürzlich zum Präsidenten der Universitätenkonferenz (uniko) gewählt wurde.

Universitätslehrgangs „Inklusionsbegleiter*in“

Die Lehrveranstaltung fand im Rahmen des Universitätslehrgangs „Inklusionsbegleiter*in“ statt, in dem es um die Vermittlung von interkulturellen Kompetenzen, dem Umgang mit traumatisierten Menschen und fremdenrechtlichen Bestimmungen geht, wie die ÖH Klagenfurt/Celovec in einer Pressemitteilung betonte. Auch Flüchtlinge und Asylwerberende seien aktiv in die Lehrveranstaltungen, die von rund 100 Studierenden besucht wird eingebunden, heißt es. Es sei ein Vorzeigeprojekt, wie das Thema Flucht und Asyl auf einer Universität behandeln werden könne und wie theoretisches Wissen und praktisches Tun für ein besseres Miteinander verknüpft werden können.

Identitäre prahlen mit Aktion auf Facebook

Der Zwischenfall sei von mehreren Studierenden mittels Handyvideo festgehalten worden, so Vitouch. „Es dürfte also genug Zeugen geben, um die Leute identifizieren zu können.“ Seiner Einschätzung nach handle es sich um Identitäre, die Polizei konnte diesbezüglich am Abend noch keine genaueren Angaben machen. Die „Identitäre Bewegung Österreich“ prahlte indes bereits gestern Abend auf ihrer Facebook-Seite mit der Aktion.

Man werde sich nicht einschüchtern lassen

Während des ganzen Zwischenfalls befanden sich an die 70 Studierende im Hörsaal. Verletzt wurde niemand. Vitouch betonte, man werde sich auf keinen Fall einschüchtern lassen. Dass sich die mutmaßlichen Identitären die Universität Klagenfurt ausgesucht haben, dürfte wohl mit der Uni-Abteilung für Sozial- und Integrationspädagogik zusammenhängen. Dieses bietet einen Studiengang an, der mit einem Master of Art abgeschlossen wird.

Landeshauptmann Kaiser entsetzt

Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) zeigte sich in einer ersten Reaktion entsetzt über die Aktion: „Ich verurteile solche aggressiven Angriffe auf das Schärfste.“ Man werde alle demokratischen Maßnahmen ergreifen, um solche Dinge zu verhindern. „Derartiges hat weder in Kärnten noch sonst wo das Geringste verloren und erfordert das Zusammenrücken aller demokratischen Kräfte“, betonte Kaiser mit Hinweis auf eine Störaktion der Identitären Mitte April bei der Aufführung eines Stücks von Elfriede Jelinek am Audimax in Wien.

Solidarität mit Leiter der Lehrveranstaltung

Universitätsprofessor Hans Karl Peterlini, der seit 2014 den Lehrstuhl Allgemeine Erziehungswissenschaft und Interkulturelle Bildung an der Universität Klagenfurt innehat, solidarisierte sich im Namen des Instituts für Bildungswissenschaften, aber auch persönlich mit dem Leiter der Lehrveranstaltung „Flucht, Asyl, Migration“, Daniel Wutti, dessen Vorlesung gestürmt worden war. Peterlini: „Der Vorfall zeigt, wie weit die Vergiftung öffentlicher Diskurse in der Frage der Flüchtlingsbewegungen fortgeschritten ist, wie gefährlich die gesellschaftlichen Bruchlinien aufklaffen, wie fertil der Boden für rechtsextremes und inhumanes Gedankengut und nachfolgende Gewaltakte immer noch und wieder ist.“ Dem müsse sich auch die Wissenschaft stellen, forderte er.

Solidarität mit Leiter der Lehrveranstaltung

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