„Können nur liberalen Islam integrieren“

„Wir können nur einen liberalen Islam integrieren“, befand der Publizist Michael Ley gestern Abend in der Diskussionsendung „Im Zentrum“ im ORF-Fernsehen.

Ley sieht hier den Rechtsstaat in der Pflicht, der muslimische Verbände zu einem Reformislam aufrufen solle. Der Koran legitimiere sowohl Frieden als auch Gewalt, der Islam kenne also beides, jedoch keine Trennung von Politik und Religion.

Islamophober Diskurs

Mit dieser Auslegung sei er näher an der Al-Kaida als die Mehrheit der Muslime, entgegnete Farid Hafez, Politologe an der Universität Salzburg. Man dürfe die Anschläge von Paris nicht nur durch die Brille des Islam sehen. Die Reduktion auf das „Muslim-Sein“ sei der islamophobe Diskurs seit mehr als einem Jahrzehnt. Für Hafez ist der Jihadismus jedoch ein „politisches Projekt von Ausgegrenzten“.

Der Religion Schaden zugefügt

Den Islam in der Diskussion auszublenden, sei zu kurz gegriffen, widersprach wiederum Anwältin und Menschenrechtsaktivistin Seyran Ateş, die nach eigenen Angaben seit Jahren Morddrohungen und Hassmail erhält. Es habe sehr wohl mit dem Islam zu tun, wenn sich Terroristen darauf beriefen. Dadurch werde ihrer Religion Schaden zugefügt werden. "Diesen Schaden fügen uns nicht Christen zu, nicht Juden, sondern Menschen, die Allahu Akbar (arabisch: „Gott ist groß", Anm.) rufen und andere Menschen töten.“

Aufschrei der Muslime fehlt

Ateş fehlt ein Aufschrei der Muslime gegen dieses Töten im Namen Allahs, dies passiere jetzt „teilweise halbherzig“. Ateş, die die die Ansicht vertrat, dass man sich durch Terror nicht hemmen oder lähmen lassen sollte, befürchtete gleichzeitig, dass Europa wesentlich schlimmere Anschläge bevorstehen als jene vom 11. September 2001 in den USA.

Terror rufe Gegenterror hervor

Im Hinblick auf die Pegida-Bewegung in Deutschland (Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes) meinte Anti-Terror-Rechtsexperte Walter Gehr „Im Zentrum“: „Es ist wohl leider eine traurige Wahrheit, dass Terror Gegenterror hervorruft.“ Das sei eine Versuchung, der man sehr stark entgegenhalten müsse. Die Teilnehmer an den Pegida-Protesten drückten Angst, so Gehr. Gegenseitige Verteufelungen nutzten aber niemanden, stattdessen solle man mit jenen Kräften in der Bewegung in einen Dialog treten, die auf Ausgleich und Frieden aus seien.

Nicht gesamte Pegida-Bewegung verteufeln

Dem stimmten auch Ley und Ateş zu. Man dürfe nicht die gesamte Bewegung als fremdenfeindlich oder islamophob verteufeln. Das könne zu großem Zuwachs und schließlich Instrumentalisierung durch rechte Kräfte führen, so Ley, der in Österreich die Bewegung „SOS Europa“ mitbegründet hat, die „ähnliche Themen diskutieren wird“, wie er sagte. Ateş sieht die Gründung von Bewegungen wie Pegida problematisch. Ihrer Ansicht nach ist es schwer, „diesen Mob zusammenzuhalten“ und Gewalt wie etwa das Anzünden von Moscheen zu verhindern. „Das ist eine Verantwortung, die diese Gruppe tragen muss.“

Es gibt keine einfache Lösung

Für Schauspieler Cornelius Obonya muss man der Bevölkerung in jedem europäischen Land klar sagen, dass es keine einfache Lösung gibt. „In dem Moment, wo es eine scheinbar einfache Lösung gibt, ist man mit Sicherheit bei den Radikalen. Und was man wissen muss: Wenn man Herrn Strache wählt, hat man hinten dran Frau Marie Le Pen, die gerne die Todesstrafe hätte.“ Darüber sei man hierzulande längst hinweg, und es sei schön, dass sich FPÖ-Obmann Heinz Christian Strache bereits von der Aussage von Le Pen, Chefin der rechtsextremen französischen Partei Front National (FN), distanziert habe, aber der Kontakt zwischen den beiden Politikern sei dennoch da.

Den Menschen eine Perspektive geben

Nach Ansicht von Obonya gründet der islamistische Terror in gesellschaftlichen Problemen, etwa darin, wie Zuwanderer in Europa aufgenommen werden oder wie Asylanträge verlaufen. Es gebe keine Generalprävention, aber man müsse den Menschen eine Perspektive geben. „Es gibt Leute, die drei Lebensjahre auf einen Asylbescheid warten. Da brennen manche Birnen durch, glaube ich.“