Rektorin der Akademie der bildenden Künste, Eva Blimlinger, Schriftstellerin Marlene Streeruwitz und Mitglieder der Plattform Gschichtspolitik am Freitag, 7.6. 2019, im Rahmen der Eröffnung der Installation „Weinheber ausgehoben“ am Schillerplatz in Wien
GEORG HOCHMUTH / APA / picturedesk.com
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Schillerplatz

Installation zu umstrittenem Denkmal eröffnet

Die jahrelange Debatte um das Denkmal für den NS-Dichter Josef Weinheber am Schillerplatz hat gestern mit der Eröffnung der permanenten Installation „Weinheber ausgehoben“ ein Ende gefunden.

Realisiert wurde die Umgestaltung von der Plattform Geschichtspolitik der Akademie der bildenden Künste in Kooperation mit „KÖR – Kunst im öffentlichen Raum“ und der Stadt Wien.

Unterirdisches Fundament freigelegt

Wie bereits im Jahr 2013 – damals allerdings ohne Bewilligung – wurde das unterirdische Fundament freigelegt, wodurch das Denkmal wie ein Fremdkörper in der nun entstandenen Mulde, die mit frischem Rasen ausgelegt wurde, wirkt. Martina Taig, Geschäftsführerin von „KÖR“, unterstrich die Rolle des Vereins in der Aufgabe, den öffentlichen Raum als Ort für gesellschaftspolitische Debatten wiederzubeleben. „Kunst kann dabei eine Erinnerungs- und Denkmalfunktion haben“, so Taig, die sich „gespannt“ zeigte, wie sich der Raum um die Intervention entwickeln werde. Eine erste „Intervention“ habe es bereits in der Nacht auf heute gegeben, als das Denkmal mit rosa Farbe beschmiert wurde.

Büste von Josef Weinheber am Freitag, 7.6.2019, im Rahmen der Eröffnung der Installation „Weinheber ausgehoben“ am Schillerplatz in Wien
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Witere nach Weinheber benannte Orte

Eva Blimlinger, Rektorin der Akademie der bildenden Künste, verwies in ihrer Rede auf zahlreiche weitere nach Weinheber benannte Orte, an denen eine Kontextualisierung noch ausstehe, so etwa die Josef-Weinheber-Brücke über die Autobahn A1 oder der Josef-Weinheber-Hof in Wien-Ottakring. Besonders hob sie jedoch Mödling hervor, wo sich in der Josef-Weinheber Gasse eine („man glaubt es kaum“) 1997 angebrachte Gedenktafel befinde, die daran erinnert, dass Weinheber von 1901 bis 1909 Zögling des Hyrtl’schen Waisenhauses war. Die Tafel mit einem Profil-Relief des Dichters und einem Zitat sei ausgerechnet von Odin Wiesinger hergestellt worden, der ja zuletzt mit seiner Berufung in den oberösterreichischen Kulturbeirat für Aufregung gesorgt hatte.

Streeruwitz über „Tod als Verklärung des Seins“

Die Autorin Marlene Streeruwitz fokussierte in ihrer Rede auf einen Satz Weinhebers aus dem Prolog zum 75-jährigen Jubiläum der Wiener Staatsoper am 23. Mai 1944: „Wir erleben den Tod als die Verklärung des Seins“, schrieb er damals. „In diesem Satz legt uns Josef Weinheber die Kernthese der politisch theologischen Repräsentation des Nationalsozialismus vor“, so Streeruwitz. „Wir wissen heute, wieviele Tode als Verklärung des Seins erlebt worden waren. Wir wissen heute sehr genau, wie die Toten, die diese Tode erlebbar machen hatten müssen. Wie diese Toten durch Verbrennen beseitigt wurden, um der Verklärung nicht im Wege zu liegen.“ Und auf das Denkmal bezogen: „Ein solches Denkmal ist dann durch unsere Duldung festgemauerte Repräsentation davon, daß es keinen Konsens gibt, was ein Verbrechen ist und was nicht. Es ist Repräsentation wiederum unserer Schande.“

159 problematische Straßennamen

Vertreter der Plattform Geschichtspolitik – Eduard Freudmann, Chris Gangl und Gabu Heindl – verwiesen in ihren Statements auf zahlreiche weitere problematische Denkmäler, Straßennamen und Platzbezeichnungen und strichen die Notwendigkeit eines eigenen Forschungsgremiums hervor. Insgesamt handle es sich laut einer von einem Team rund um den Historiker Oliver Rathkolb erhobenen Liste um 159 problematische Straßennamen, von denen bisher nur zwei umbenannt worden seien.