Ankündigung der Ausstellung „Die Erinnerung wohnt in allen Dingen“ der Exilbibliothek im Wiener Literaturhaus
ORF
ORF
bis 1.2.2024

„Die Erinnerung wohnt in allen Dingen“

Mit einer Ausstellung von 30 Objekten, die von 30 eingeladenen Persönlichkeiten zu 30 im Archiv erfassten Personen ausgewählt wurden, und 30 dazu von ihnen verfassten Erläuterungen, wird das Jubiläum „30 Jahre Österreichische Exilbibliothek“ gefeiert.

Die Ausstellung „Die Erinnerung wohnt in allen Dingen“ ist bis 1. Februar 2024 im Literaturhaus Wien zu sehen. Die Arbeit gegen das Vergessen und Verdrängen an jene Menschen, die ins Exil getrieben wurden, ist seit 30 Jahren unverzichtbare zentrale Aufgabe der Österreichischen Exilbibliothek (ÖEB).

1993 hat der damalige Kulturminister Rudolf Scholten das Konzept des Germanisten Klaus Amann umgesetzt, Leben und Arbeit österreichischer Autorinnen und Autoren, Künstlerinnen und Künstler in Exil und Emigration zu dokumentieren. Den Auftakt machte die von Gründungsdirektorin Ursula Seeber konzipierte Ausstellung „Die Zeit gibt die Bilder. Schriftsteller, die Österreich zur Heimat hatten“. Seit Juli 2016 ist Veronika Zwerger die Leiterin der ÖEB im Literaturhaus.

Fachliteratur, Datenbank, Sammlung & Nachlässe

Heute umfasst die ÖEB, die in ihren ersten drei Jahrzehnten auch mehr als 250 Veranstaltungen, rund 40 Ausstellungen und über 50 Publikationen verantwortet hat, mehr als 9.000 Bände Fachliteratur, eine 7.000 Personen umfassende bio-bibliografische Datenbank, eine umfangreiche Foto-, Audio- und Videosammlung sowie Handschriften und Nachlässe zu rund 150 Personen. Zu den jüngsten Übernahmen gehört der Vorlass von Georg Stefan Troller und der Nachlass von Maria Lazar, der viele Jahre in Truhen in einem Wohnzimmer in Nottingham aufbewahrt wurde.

„we remain“ – Intervention von Ann Cotten, Mario Schlager und Nele Hazod an der Fassade von Haus Hermanngasse 17 in 1070 Wien
Literaturhaus Wien / Veronika Zwerger

„Die Erinnerung wohnt in allen Dingen“

Ausstellung anlässlich 30 Jahre Österreichische Exilbibliothek

Literaturhaus Wien, Eingang Zieglergasse 26A, 1070 Wien; Ausstellungsdauer: bis 1. Februar 2024

Kathleen Dunmore, die Enkelin von Maria Lazar, hat das 1948 in Schweden entstandene Manuskriptblatt des Gedichts „Emigrantenkorrespondenz“ ihrer Großmutter für die Ausstellung ausgesucht, Troller entschied sich selbst für ein Blatt mit dem Stammbaum seiner Familie und erläutert diesen im Audiomitschnitt eines Gesprächs mit Zwerger gleich selbst. Er ist die Ausnahme, denn ansonsten wurden Nachkommen, Autorenkollegen oder Wissenschafterinnen gebeten, sich der Aufgabe der Objektauswahl zu unterziehen. „Manche sind eine Woche hier gesessen und haben sich durch Archivschachteln gekämpft, andere haben uns gebeten, eine Vorauswahl zu treffen und sich dann sehr rasch entschieden“, schildert Zwerger.

Diversität der Sammlung

Tatsächlich hütet die ÖED keineswegs nur Bücher und Manuskripte. Die Diversität der Sammlung zu zeigen war eines der Anliegen der Jubiläumsschau. Von Autor Jakov Lind (1927-2007) ist etwa ein Aquarell zu sehen, von Autorin Mimi Grossberg (1905-1997) hat Barbara Staudinger, die Direktorin des Jüdischen Museums Wien, einen roten Haarfilzhut ausgewählt, aus dem Bestand von Hanna Kuh (1913-1995) gibt es 1938 in Wien gehäkelte Bettsocken, von der Kunsthistorikerin Hilde Zaloscer (1903-1999) ist ihre Schreibmaschine mit eingespanntem letzten Blatt zu sehen. Der US-Musikwissenschafter Casey J. Hayes zeigt auf einem Tablet, wie er das Notizbuch des Kabarettisten und Autors Oscar Teller (1902-1985) als Fundgrube zu Wiens Kabarettgeschichte verwendet hat.

Begleitende Publikation

Die Beiträge in der auch von einem Katalog begleiteten Ausstellung stammen u.a. von den Autoren Erich Hackl, Doron Rabinovici, Ann Cotten, Vladimir Vertlib und Barbara Zeman. Zu den vor den Vorhang geholten Persönlichkeiten zählen Weltautor Stefan Zweig und der bedeutende Fotograf und Kameramann Wolf Suschitzky ebenso wie Henriette Mandl, geborene Reich (1928-2015), und Kurt Weinberg (1924-1994). „Wir haben viele Unbekannte in unseren Beständen“, sagt Veronika Zwerger. Auch durch Recherchearbeiten von Wissenschafterinnen und Wissenschafter in der ÖEB sind viele der in den 1930er-Jahren Geflüchteten in den vergangenen Jahren aus der Vergessenheit geholt worden.