„Verschwinden / Izginjanje“ – Ein Film von Andrina Mračnikar, Soleil Film
Soleil Film
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Kino

Über das Verschwinden des Slowenischen in Kärnten

Rechtzeitig zum 50. Jahrestag des Kärntner Ortstafelsturmes kommt der Dokumentarfilm „Verschwinden / Izginjanje“ von Adrina Mračnikar in auserwählte Kinos in Österreich und setzt ein Denkmal für das Slowenische in Kärnten / Koroška, das zu verschwinden droht.

Der mit dem Diagonale-Publikumspreis ausgezeichnete Film „Verschwinden / Izginjanje“ ist der dritte Teil einer Trilogie, in der sich die Filmemacher Adrina Mračnikar mit der Geschichte und der Situation der Kärntner Sloweninnen und Slowenen befasst. Dabei verwebt sie ihre persönlich-familiäre Geschichte im Südkärntner Keutschach/Hodiše mit der Politik und ihren Folgen für die slowenische Volksgruppe. Am Wochenende wurde der Film im Stadtkino in Villach/Beljak und bei einer Matinee in der Galerie Šikoronja in Rosegg/Rožek gezeigt, bevor er ab kommenden Freitag, dem 7. Oktober, im Kino startet.

Fotostrecke mit 8 Bildern

Tanja Prušnik im Gespräch mit Andrina Mračnikar anlässlich der Matinee zum Filmstart von  „Verschwinden/Izginjanje“ in der Galerie Šikoronja in Rosseg/Rožek
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Ana Šikoronja-Martines anlässlich der Matinee zum Filmstart von  „Verschwinden/Izginjanje“ in der Galerie Šikoronja in Rosseg/Rožek
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Matinee anlässlich des Filmstarts von  „Verschwinden/Izginjanje“ in der Galerie Šikoronja in Rosseg/Rožek
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Andrina Mračnikar anlässlich der Matinee zum Filmstart von  „Verschwinden/Izginjanje“ in der Galerie Šikoronja in Rosseg/Rožek
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Matinee anlässlich des Filmstarts von  „Verschwinden/Izginjanje“ in der Galerie Šikoronja in Rosseg/Rožek
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Matinee anlässlich des Filmstarts von  „Verschwinden/Izginjanje“ in der Galerie Šikoronja in Rosseg/Rožek
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Matinee anlässlich des Filmstarts von  „Verschwinden/Izginjanje“ in der Galerie Šikoronja in Rosseg/Rožek
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Matinee anlässlich des Filmstarts von  „Verschwinden/Izginjanje“ in der Galerie Šikoronja in Rosseg/Rožek
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Geschichte der Diskriminierung

Am Anfang des letzten Jahrhunderts sprach in Südkärnten kaum jemand Deutsch: 1910 waren etwa 90 Prozent der Bevölkerung slowenischsprachig, heute hat sich dieser Anteil im Schnitt auf einen einstelligen Prozentsatz minimiert. Die Filmemacherin skizziert einschneidende Ereignisse in der Geschichte Kärntens und lässt ihre Protagonistinnen und Protagonisten von Diskriminierungen, Beschimpfungen und Demütigungen bis in die heutige Zeit erzählen. Die Deportation slowenischer Familien und der Widerstand gegen das NS-Regime der Kärntner Sloweninnen und Slowenen, der Ortstafelsturm von 1972 oder Ehrungen von einstigen NSDAP-Mitgliedern im Jahr 2020 hinterlassen bei der Bevölkerung in Südkärnten nachhaltig Spuren.

„Wir verschwinden“ und „davon weiß man nichts“

Die Nicht-Anerkennung von erfahrenem Leid, Verharmlosungen und gar eine Täter-Opfer-Umkehr haben Generationen von Menschen begleitet, und eine gegen die Volksgruppe gerichtete Politik haben bei vielen Menschen eine Abwendung von der slowenischen Sprache verursacht. Auch eine aktuelle Studie des Meinungsforschungsinstituts OGM belegt, dass Slowenisch immer weniger gesprochen werde, es Abwanderung aus zweisprachigen Orten und kaum slowenischsprachige Bildungsangebote gebe. „Wir verschwinden und das wird von niemanden thematisiert. Davon weiß man nichts“, umreißt eine junge Volksgruppenangehörige im Film die Problematik.

„Verschwinden / Izginjanje“ (AT/SI 2022) – Ein Film von Andrina Mračnikar

ab Freitag, 7. Oktober 2002 im Kino

Verantwortung der Politik

Filmemacherin Mračnikar sieht die Politik in der Verantwortung: „Diese hätte so viel Macht und Kraft, dem entgegenzuwirken. Oft wird nicht verstanden, warum Ortstafeln so wichtig sind. Sie sind wichtig, weil man im Ort sichtbar ist und damit man die slowenischen Ortsnamen noch kennt. Diese erzählen Geschichten von dem Ort.“ Maßnahmen im Bildungsbereich und die Verwendung und Sichtbarkeit des Slowenischen im öffentlichen Raum seien unabdingbar, lässt der Film wissen. Die aktuelle Entwicklung in Südkärnten hänge auch von der Unwissenheit vieler Menschen ab, meinte Mračnikar am Rand der Matinee in Rosegg/Rožek. Dem könnte jetzt der aktuelle Dokumentarfilm Abhilfe schaffen, vor allem auch als Beitrag zur Geschichtsbildung in Kärntens Schulen.

Letzter Teil von Trilogie

Bereits vor 20 Jahren hat Andrina Mračnikar ihre Trilogie mit dem Film „Andri 1924 – 1944“ eröffnet. Darin erzählt sie von ihrem Großonkel, der sich während des NS-Regimes den Partisanen angeschlossen hat und von den Nazis durch Kopfschuss hingerichtet wurde. Es folgte 2006 der Dokumentarfilm „Der Kärntner spricht deutsch“, in dem Zeitzeuginnen und Zeitzeugen von ihren Schicksalen und Erfahrungen während des NS-Regimes erzählen. Menschen, die im Widerstand waren ebenso wie bei der Wehrmacht sowie jene, die in Arbeits- und Konzentrationslager deportiert wurden. Der letzte Teil ist nun entstanden in einer Zeit, in dem auch Mračnikars Sohn geboren wurden, mit dem sie selbst Slowenisch – in der Sprache ihrer Emotionen – spricht, wie sie betont. „Verschwinden / Izginjanje“ zeigt den kleinen Jungen, wie er Slowenisch lernt und redet – als mittlerweile einer von ganz wenigen Kindern in Südkärnten.

„Verschwinden / Izginjanje“ ist eine österreichisch-slowenische Koproduktion von Soleil Film in Wien und Vertigo in Ljubljana