Puppe aus Leichenverbrenner Akademietheater Franzobel
Lukas Beck | Burgtheater
Lukas Beck | Burgtheater
Akademietheater

Puppen, Monster und Mitläufer | „Leichenverbrenner“

Im Akademietheater fand am 8. Oktober die akklamierte Uraufführung einer Dramatisierung des österreichischen Autors Franzobel statt, die in der Inszenierung von Nikolaus Habjan im März durch den Shutdown knapp vor der Premiere gestoppt und nun nachgeholt wurde.

Nächste Vorstellungen |
13., 15., 20., 26. Oktober
4., 5., 10., 11., 24. November

Karten | 01 / 513 1 513, www.burgtheater.at

Akademietheater
Lisztstraße 1, 1030 Wien

Der Hüter des reinigenden Feuers wacht penibel darüber, dass alles Leben rückstandslos ein Häufchen Asche werde und träumt dabei von Tibet, vom Dalai Lama und der Wiedergeburt. Doch der Prager Krematoriumsangestellte Karl Kopfrkingl lebt am Vorabend eines großen Weltenbrands und die Ideologie, der sein deutscher Kriegskamerad anhängt, wird die Öfen als Teil einer großen Vernichtungsmaschinerie anheizen. Randexistenzen wie „Der Leichenverbrenner“ steigen zu Herrenmenschen auf.

Vom ordnungsliebenden Familienmenschen und fleißigen Kleinbürger zum willenlosen Erfüllungsgehilfen der neuen Macht

Der 1967 erschienene und in der Zeit der deutschen Annexion Tschechiens spielende Roman „Der Leichenverbrenner“ des Tschechen Ladislav Fuks (1923-1994) hat eine ebenso skurrile wie beunruhigende Handlung. Er zeigt die Wandlung der Hauptfigur vom ordnungsliebenden Familienmenschen und fleißigen Kleinbürger zum willenlosen Erfüllungsgehilfen der neuen Macht, der seine beiden Kinder und die eigene, als Halbjüdin geltende Frau, zu Tode bringt.

Der für den Auslandsoscar nominierte Film vom kommunistischen Regime verboten

1968 hat der tschechische Filmregisseur jüdisch-slowakischer Herkunft Juraj Herz den Roman in gespenstischen, hoch expressiven Schwarz-Weiß-Bildern verfilmt. In der Aufbruchstimmung des Prager Frühlings gedreht, wurde der anfangs begeistert aufgenommene und als tschechoslowakischen Beitrag für den Auslandsoscar nominierte Film kurz darauf vom kommunistischen Regime verboten. Die wieder fest installierten Machthaber orteten „Kritik am Konformismus“.

Dramatisierung des österreichischen Autors Franzobel

Im Akademietheater fand am Donnerstag, 8. Oktober, die akklamierte Uraufführung einer Dramatisierung des österreichischen Autors Franzobel statt, die in der Inszenierung von Nikolaus Habjan im März durch den Shutdown knapp vor der Premiere gestoppt und nun nachgeholt wurde.

Franzobel
Georg Buxhofer, Paul Zsolnay Verlag
Der österreichische Autor Franzobel

Die Puppen Habjans, der bei der Premiere auch als Puppenspieler und -sprecher brillierte, sind wie geschaffen für die unheimliche Atmosphäre der Geschichte, die auch vom zwischen Wohnzimmer und Leichenhalle wechselnden Bühnenbild von Jakob Brossmann unterstützt wird. Habjan hat gemeinsam mit Marianne Meinl sieben Puppen und drei Köpfe für den „Leichenverbrenner“ geschaffen, die von ihm (alternierend mit Manuela Linshalm) und den Schauspielerinnen Dorothee Hartinger, Sabine Haupt und Alexandra Henkel, die mit Menschen- und Puppendarstellungen überzeugen, zum Leben erweckt werden.

Puppe aus Leichenverbrenner Akademietheater Franzobel
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