Helena Basler, Kulturklub der Tschechen und Slowaken
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Sprachenvielfalt

Am Internationalen Tag der Muttersprache mit Helena Basler und Hana Herdová

Die Welt feierte diesen bedeutenden Tag vergangenen Freitag, weshalb auch das Magazin Radio Dráťák für Sie eine Sondersendung über das Tschechische in Wien bereithält. Um seine Erhaltung kümmern sich auch die Volksgruppenzeitungen.

Die Montagsgäste sind die Chefredakteurinnen der Zeitschrift des Kulturklubs der Tschechen und Slowaken in Österreich Helena Basler und der Zeitung „Vídeňské svobodné listy | Wiens freie Blätter“ Hana Herdová.

Auf unserem Planeten verständigen sich Menschen in etwa sieben tausend Sprachen. Leider ist mehr als ihre Hälfte vom Verschwinden bedroht. Die Sprachenvielfalt stellt eines der Kulturerben und Reichtümer der Menschlichkeit dar. Genau aus diesem Grund führte die UNESCO den 21. Februar als den Tag der Muttersprache ein.

Das tschechische Wien verfügt über drei Printmedien. Es sind die Zeitung „Vídeňské svobodné listy“ Wiener freie Blätter, die Zeitschrift des Kulturklubs der Tschechen und Slowaken in Österreich und das Magazin „Česká a slovenská Vídeň dnes | Tschechisches und slowakisches Wien heute“ des Schulvereins Komenský.

Tschechoslowakische Verbindung auch auf der Sprachebene

Hana Herdová erinnert am Anfang des Interviews an ihre Kindheit, die sie in der Slowakei, in der Geburtsstadt Topoľčianky erlebte, in der der erste tschechoslowakische Präsident Tomáš Garrigue Masaryk seine Sommerferien verbrachte. Ihre Grundschule bot Austauschaufenthalte mit der Schule in Litoměřice an. Die tschechoslowakische Verbindung war damals ganz natürlich. Niemand machte Unterschiede, ob man den Rundfunk gerade auf Slowakisch oder Tschechisch hörte und in welcher Sprache das zu lesende Buch war.

Vídeňské svobodné listy
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In den 1990er Jahren übersiedelte Hana Herdová nach Tschechien. „Ich arbeitete damals im Schulwesen und ich hatte keine grundsätzlichen Probleme mit dem Tschechischen. Nur im Schreiben hatte ich Defizite und das auch später, als ich begann Deutsch und Sozialkunde in Olomouc | Olmütz zu studieren. Ich schrieb dann absichtlich meine Diplomarbeit auf Deutsch, weil ich mich nicht so sicher fühlte. Wie es aber im Leben so läuft, das Leben ist voll von Paradoxa, begann ich an der Zeitung der Wiener Tschechen und Slowaken zu arbeiten. Die Tatsache ist, dass ich durch die Praxis das erreichte, dass ich fähig bin, Texte der Muttersprachler/innen zu korrigieren“, erzählt die Chefredakteurin Herdová.

Hana Herdová, Vídeňské svobodné listy
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Die Redakteurin der Vídeňské svobodné listy Hana Herdová, Feber 2020 | „Hut ab vor allen, die Anteil daran haben, damit die Zeitung erscheinen kann und damit sie einen interessanten Inhalt hat“

Prächtiges, weiches, melodisches Tschechisch in Wien

In der Gegenwart sind die meisten Abonnent/innen der Zeitung „Vídeňské svobodné listy“ außerhalb von Wien, aus Niederösterreich. Die längste Strecke überwinden die Blätter bis nach Schweden.

Die Chefredakteurin der Vídeňské svobodné listy traf die tschechische Volksgruppe zum ersten Mal während ihres Auslandsaufenthaltes in Österreich. Im Fach der Religionswissenschaft an ihrer Olmützer Alma Mater wurde ihr die folgende Übung aufgegeben: Eine Arbeit über eine Sehenswürdigkeit aus der Umgebung zu schreiben: „Mein allererster Kontakt war mit dem Pater Horák am Rennweg, so etwa im Jahr 1997. Nicht lange danach besuchte ich die tschechische Schule und schrieb dann auch meine Diplomarbeit über das Thema der Wiener Tschechen. Das Treffen mit dem Wiener Tschechischen war sehr schön. In der Zeit, als ich an der Zeitung begann zu arbeiten, 2004, war ich in Kontakt mit denen, die hier geboren wurden. Ihr Tschechisch was so prächtig, ganz anders als das ‚tschechische Tschechisch‘: so weich, melodisch, ganz unterschiedlich zu dem in Tschechien. Ich hörte ihm und den Menschen, die es sprachen, gerne zu. Diese Menschen verlassen uns leider allmählich.“

Hana Herdová, Vídeňské svobodné listy
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Hana Herdová mit der Künstlerin Ulrike Musil in der Galerie Wieden

Das 14-tägige Periodikum Vídeňské svobodné listy wie auch die anderen Volksgruppenprintmedien sind in Österreich unterfinanziert. Über das tschechische Wien referieren so größtenteils freiwillige Beiträger/innen in Vídeňské svobodné listy.

Im Falle einer gebührenden finanziellen Förderung seitens des österreichischen Staates könnte die Zeitung auch eine Wochenzeitung werden und die Chance mehrere Redakteure/innen anzustellen wäre größer.

Heute verfügt ihre Finanzierung über mehrere Quellen. Mit dem gegenwärtigen Abonnement wäre es nämlich nicht möglich sie herauszugeben. Eine kleine Unterstützung kommt aus dem Bundeskanzleramt, aber ein großer und wesentlicher Unterstützer ist der Verein „České srdce | Tschechisches Herz“. Nicht zuletzt bedeuten auch Anzeigen unvernachlässigbare Einkünfte.

Medien, Träger der Muttersprache

Wie es auch schon bei der Dezemberkonferenz von den Volksgruppenvertretern erwähnt wurde: „Medien sind Träger der Muttersprache und aus diesem Grund ist Notwendigkeit der österreichischen Regierung sie zu fördern.“ Auch wenn die Printmedien nicht mehr die einzige Form der Informationsquellen bilden, spielen sie dennoch bis heute eine unentbehrliche Rolle im Volksgruppenleben.

Hana Herdová, heutiger erster Gast des Radio Dráťák, schrieb ihre Diplomarbeit über Volksgruppen in Österreich. Wie sie sich selbst äußerte: „Weder damals, noch heute spricht man nicht oft von Volksgruppen.“

Zeitschrift mit langer Tradition

Der damalige Chefredakteur der Zeitung „Vídeňské svobodné listy“ starb unerwartet und deswegen suchte man sofort einen Ersatz. Ein Vorteil war, dass Hana Herdová sowohl Tschechisch, als auch Slowakisch in Wort und Schrift beherrschte und Deutsch noch dazu. Sie wurde von Petr Gregory geschult, dem damaligen Vorsitzenden des Vereins Tschechisches Herz, der Erfahrungen aus dem Bereich Druckschriften weitergab. Damals kümmerte er sich nämlich ums Herausgegeben der unregelmäßig herauskommenden katholischen Zeitung „Věstník | Anzeiger“.

"Es ist ein Medium, das hier eine große Tradition hat. Noch in der Zwischenkriegszeit erschienen hier viele Druckschriften, die zum Beispiel nach politischen Parteien, Gewerkschaften orientiert waren oder es handelte sich um Zunftzeitungen.

Die nähste Veranstaltung der Vídeňské svobodné listy ist ein Treffen mit dem tschechischen Opernsänger Adam Plachetka, und zwar am Mittwoch, den 1. April ab 18.00 Uhr in Slovanská beseda, Drachengasse 3, 1010 Wien.

Der Solist der Wiener Staatsoper und der Metropolitan Opera in New York wird hier seine neue CD „Zimní cesta | Die Winterreise“ präsentieren.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde zusammen nur eine Zeitung herausgegeben, die Wochenzeitung „Vídeňské svobodné listy". Seit dem Ende der 1970er Jahre ist sie eine Zweiwochenzeitung, seit dem waren die Finanzmittel unzureichend“, beschreibt Herdová verkürzt die Entwicklung der Blätter.

Veranstaltungen „Na kus řeči | Auf ein kleines Gespräch“

Die Redakteurin Hana Herdová dachte für „Vídeňské svobodné listy“ auch eine eigene Veranstaltungsreihe aus „Na kus řeči“. Im Herbst besuchte der bedeutende Kenner der Biographie und des Werks über Johann Nepomuk Graf von Harrach, der Historiker Jan Luštinec und unlängst auch der ehemalige tschechische Ministerpräsident und EU-Kommissar Vladimír Špidla die tschechische Volksgruppe in Wien.

Vídeňské svobodné listy
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Hoffnung im Regierungsprogramm | Entwicklung der Volksgruppen auch über den Presseweg

Die Chefredakteurin der Zeitschrift des Kulturklubs der Tschechen und Slowaken in Österreich ist Helena Basler und das seit nun etwa zwanzig Jahren. Genauso lange ist sie auch aktiv im Beirat des konsultativen Rats des tschechischen Senats tätig.

„Das Regierungsprogramm sieht vielversprechend aus. Es geht rein darum, damit es nicht einschläft. Was die Förderung der Presse betrifft, ja, das gefällt mir sehr. Nur gibt es dort ein kleines Problem und zwar darin, dass dort geschrieben steht: ‚ein Presseorgan für eine Volksgruppe‘, aber wir müssen begreifen, dass sie damit wirklich eine ganze Redaktion und 100 000 Euro meinen. Wir haben hier drei Printmedien und die verbrauchen nicht weniger als die Hälfte. Also ich kann mir vorstellen, dass die tschechische Volksgruppe sich auch in der Presse weiter entwickeln könnte“, äußert sich Helena Basler, der zweite Gast des Magazins Radio Dráťák, zum gegenwärtigen Regierungsprogramm, konkret zur geplanten Erhöhung des Budgets für Volksgruppen und Gesicherung der Unterstützung der Volksgruppenprintmedien.

Helena Basler, Kulturklub der Tschechen und Slowaken
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Die Redakteurin des Kulturklubs der Tschechen und Slowaken in Österreich Helena Basler, Feber 2020 | „Die Zeitschrift könnte dann regelmäßig erscheinen mit einem aktuellen Kalender“

Journalismus im Blut

An die Redakteursarbeit selbst kam Helena Basler durch einen erheblichen Umweg. Umso mehr strahlt Lust und Freude aus ihr, dem tschechischen und slowakischen Wien die neuesten Informationen zu übergeben: Von Kultur, bis hin zur Ökonomie. Im Alltagsleben spricht sie umgangssprachliches Tschechisch. Wenn sie zu Besuch in Prag ist, kommt angeblich niemand darauf, dass sie keine Pragerin mehr ist.

„Meine ehemalige Tschechisch-Lehrerin dachte, wenn ich keine Literatin werde, dann werde ich zumindest eine Historikerin oder dass ich in einer Bibliothek arbeiten werde. Zur Pressearbeit kam ich dank meines Vaters, der selbst Chefredakteur war. Von klein auf wurde ich ein wenig in diese Richtung geleitet. Hier in Wien geriet ich erst dazu, als unser damalige Chefredakteur Herr Janýr starb“, beschreibt Basler ihren Weg zur Zeitschrift des Kulturklubs der Tschechen und Slowaken in Österreich.

Kulturní klub Čechů a Slováků v Rakousku
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Hinsichtlich dessen, dass sie kein richtiger politischer Kader in der ehemaligen Tschechoslowakei war, konnte sie nicht studieren und deswegen besuchte sie Schule berufsbegleitend. Damals war sie dazu gezwungen, ein technisches Studienfach zu erlernen, genannt „Schwachstrom“. Wie sie selbst erzählt, kam sie mit dieser Studienrichtung später, als sie 1968 ihre Heimat verließ, hier in Österreich an keine Humanwissenschaft heran. Sie begann also in einer großen Telefonfirma zu arbeiten und arbeitete sich so lange empor, dass das halbe Wien im Bereich des Telefons bis heute nach ihrem System arbeitet. Sie plante die Anlagen.

Zeitschrift des Kulturklubs auch als Universitätshilfsmittel

Auch Helena Basler ist überzeugt davon, dass die Volksgruppenpresse eines der Medien ist, das das Tschechische in Wien am Leben erhalten wird.

In der Zeitschrift des Kulturklubs der Tschechen und Slowaken in Österreich fehlt weder ein ausführlicher Veranstaltungskalender der tschechischen und slowakischen Volksgruppe, noch Aktualitäten aus dem Vereinsleben.

„Die Zeitschrift des Kulturklubs der Tschechen und Slowaken in Österreich nimmt man manchmal auch als Lernhilfsmittel an der Wiener Slawistik. Wir geben den Zustand des gegenwärtigen Tschechischen wieder. Man kann damit wirklich lernen und deswegen ist das Sprachbehalten begründbar“, betont Basler.

Kulturní klub Čechů a Slováků v Rakousku
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Die Zeitschrift erscheint mehrmals im Jahr. An ihr werkt ein Redakteursteam, das einzelne Rubriken unter sich verteilt hat. Leserinnen und Leser sind vor allem Klub Mitglieder, aber auch reine Abonnenten/innen. Die Zeitschrift wird in Brünn gedruckt und Korrekturen sind in der Domäne Prags.

Den Druck unterstützt der österreichische Staat mit 10 000,- Euro. Der Redakteurin Basler nach könnten sie ohne die Förderung der Tschechischen Republik das Herausgeben der Zeitschrift bestimmt nicht fortsetzten.

Helena Basler, Kulturklub der Tschechen und Slowaken
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Helena Basler | „Jindřich Lion, Journalist, Feuilletonist war dann später hier in Wien so zu sagen mein Mentor und Ersatzvati“

Die Zeitschrift des Kulturklubs der Tschechen und Slowaken in Österreich feiert heuer ihren 40. Geburtstag. Im Plan ist auch ein weiterer Sammelband über die tschechische Volksgruppe. Das aktuelle Geschehen im Verein folgen Sie auf der Webseite kulturklub.at

„Zu Beginn war die Zeitschrift als Bulletin mit ein paar Seiten geführt, vor allem, als Übersicht darüber, was los ist, aber auch als Unterstützung der Dissidenten. Dank mir, ich bin ein sehr wissbegieriger und leseliebender Mensch, haben wir uns erweitert. Die Zeitschrift ist Mitglied des Österreichischen Zeitschriften- und Fachmedienverbands, das bedeutet, dass wir in Österreich wirklich als eine Zeitschrift anerkannt sind“, erzählt Helena Basler weiter.

Článek v češtině | Na Mezinárodní den mateřského jazyka s redaktorkami Helenou Basler a Hanou Herdovou

Im aktuellen Magazin Radio Dráťák, das am 24.2. um 21.10 Uhr auf Radio Burgenland beginnt, hören Sie den Beitrag mit Helena Basler und Hana Herdová, der von Pavla Rašnerová vorbereitet wurde. Durch die Sendung begleitet Sie Tereza Chaloupková.