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Petr Mauthner
Radio Dráťák Magazin

Traum und Wirklichkeit der Wiener Tschechoslowaken | 30 Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs

Noch Mitte November veranstaltete der Kulturklub der Tschechen und Slowaken in Österreich die Podiumsdiskussion mit dem Titel „Traum und Wirklichkeit. Zur Bilanz der 30-jährigen Entwicklung seit der Wende im November 1989“, und zwar auf der Diplomatischen Akademie Wien, wohin sich auch die Redaktion des Radios Dráťák samt Mikrofon begab.

On demand | Radio Dráťák | 30.12.2019

Radio Dráťák Magazin

30.12.2019 | 21:10 | Radio Burgenland Livestream

Das Neuner-Jahr 2019, das viele bedeutende Jubiläen in sich trug, sowohl für Österreich, als auch für Tschechien und die Slowakei, geht unanhaltsam zur Neige. In der letzten Sendung des Magazins Radio Dráťák in diesem Jahr fokussieren wir uns auf Ereignisse der nicht ganz so alten Geschichte, die viele europäische Staaten wieder ins Zentrum des demokratischen Geschehens einrücken ließ. Die ehemalige Tschechoslowakei begann so in Augen der sogenannten westlichen Länder wieder zu existieren.

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V.l.n.r.: Emil Brix | Direktor der Diplomatischen Akademie Wien, Gerald Schubert | Redakteur Außenpolitik/International Des Standards, Erhard Busek | Vizekanzler a.D. und Bundesminister für Wissenschaft und Unterricht a.D., Bruno Aigner | Vertrauensperson der Charta-77-Signatare in Österreich 1977-1989, Karl Johannes Schwarzenberg | Außenminister der Tschechischen Republik a.D. und Jana Starek | Historikerin, Wiener Wiesenthal Institut für Holocaust-Studien

Die Bewegungsfreiheit, die Freiheit des Wortes, das Versammlungsrecht oder das Bildungsrecht, für die heutige Generation schon selbstverständliche Begriffe, die jedenfalls bis heute an die Zeit erinnern, in der man um die Menschenrechte kämpfen musste. Wir sprechen von den Umbrüchen des Jahres 1989.

Eine wichtige Rolle für die ehemalige Tschechoslowakei, die durch die undurchdringliche Grenzzone jahrzehntelang von der westlichen Welt abgetrennt war, spielte auch gerade Österreich.

Spuren der Vorfahren | Für Heimat und Gesellschaft da zu sein

Tomáš Czernin, der Vorsitzende der Ständigen Kommission für im Ausland lebende Landsleute, Tschechien und auch der Nachfahre des adligen Geschlechts der Czernin, war einer der Abendgäste, die die Podiumsdiskussion eröffneten: „Meine Kindheit und Jugendzeit verbrachte ich im Kommunismus und ich war wirklich unzufrieden. Ich beschäftigte mich immer mit der Idee, warum es uns passierte und wie es uns passierte. Bei uns war es wohl auch deshalb zugespitzt, weil mein Großvater und meine Großmutter seit 1964 in Wien waren und wir sie lange Zeit nicht besuchen konnten. Das ging mir nicht aus dem Kopf und ich nahm mir vor, dass ich das, anders als mein Opa erleben will, weil er sein ganzes Leben lang etwas verlor. Das Motto unseres Geschlechtes lautet: ,Herr, zeige uns deine Wege’ und ich weiß, wenn man schon einen Weg betritt, dann muss ihn folgen, auch wenn man nicht ahnt, wohin er ihn leiten wird.“

Helena Basler, Tomáš Czernin und Marie Brandeis
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Von links: Helena Basler | Obfrau des Kulturklubs der Tschechen und Slowaken in Österreich, Tomáš Czernin | Vorsitzender der Ständigen Kommission für im Ausland lebende Landsleute, Tschechien und Marie Brandeis | stellvertretende Obfrau des Kulturklubs

Festival in Wrocław und die österreichische Hilfe den Chartisten

Die Tschechoslowakei war eines der letzten Länder Europas, in denen das totalitäre Regime fiel. Die Lockerung brachte vor allem die polnische Bewegung „Solidarność | Solidarität“ und Gorbatschows Perestroika in Bewegung.

Anfang November 1989, im polnischen Wrocław, wurde das Festival der unabhängigen tschechoslowakischen Kultur veranstaltet. Eingeladen wurden zum Beispiel auch die Exilliedermacher wie Karel Kryl, Jaroslav Hutka oder Vlastimil Třešňák. Die Diskussion in der Diplomatischen Akademie Wien wurde von der Moderatorin des Abends Jana Starek und Karel Schwarzenberg, der 1984 – 1991 als Vorsitzender der Internationalen Helsinki-Föderation für Menschenrechte wirkte, gerade mit der Erinnerung an dieses Event eingeleitet. Nicht Schwarzenberg selbst ahnte damals, dass das totalitäre Regime so schnell stürzen würde.

Bruno Aigner, Karel Schwarzenberg und Jana Starek
Petr Mauthner
In der Mitte: Bruno Aigner, Karel Schwarzenberg und Jana Starek

Bundeskanzler Bruno Kreisky bot, als erster europäischer Politiker, jedem/jeder Unterzeichner/in der Charta 77 politisches Asyl in Österreich.

Der langjährige Pressesprecher des ehemaligen Präsidenten Heinz Fischer Bruno Aigner und Mitgründer, sowie langjähriger Vorsitzender des Kulturklubs der Tschechen und Slowaken in Österreich Přemysl Janýr waren damit beauftragt, für die Chartisten zu sorgen.

Zusammen auch mit ihren Familien fanden sie so Unterkünfte für mehr als 500 Personen, die das Regime aus dem eigenen Land verwies. Viele wurden später Bestandteil der österreichischen Kulturszene.

Der nächste Gast des Radio Dráťák ist Bruno Aigner: „Das, was mir irgendwie ein bisschen wehtut, ist, dass nicht nur die jungen Menschen, sondern auch die älteren wenig oder überhaupt nichts wissen über die Aktivitäten der Charta 77 und ich würde mir mehr zeithistorische Aufklärung wünschen, was diesen sehr wichtigen Abschnitt für die Geschichte der Tschechoslowakei, und die heutige Tschechische Republik und die Slowakei, bedeutet.“

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Erhard Busek | Zuneigung für Tschechoslowaken

Neben Bruno Aigner diskutierte auch Erhard Busek, ehemaliger Vizekanzler und österreichischer Politiker der ÖVP und heute Vorstandsvorsitzender des Instituts für Donauraum und Mitteleuropa (IDM), zum Thema „30 Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs“. In der Vergangenheit reiste er vor allem mit Journalistengruppen oft nach Polen. Er hatte Kontakt auch mit katholischen Dissidenten oder nahm an der Prager Konferenz „Tschechoslowakei 88“ teil.

Pavla Rašnerová a Erhard Busek
Petr Mauthner
Die Redakteurin ORF Volksgruppen Pavla Rašnerová und Erhard Busek, Vizekanzler a.D. und Bundesminister für Wissenschaft und Unterricht a.D.

Aus Köpfen alte Grenzen verdrängen

Der nächste Gast von Radio Dráťák ist die Botschafterin der Tschechischen Republik in Wien Ivana Červenková. Eine Intensivierung der tschechisch-österreichischen Beziehungen und eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit nimmt sie tagtäglich wahr: „Für Österreich endete gerade dort, wo der Eiserne Vorhang war, die Welt. Früher lebten wir sehr lange Zeit zusammen im Rahmen der Monarchie. Niemand konnte zum Beispiel verstehen, dass er seine Oma nicht mehr besuchen kann oder dass die eigenen Kinder auf der anderen Seite blieben, also für Österreicher war das ein so wichtiger Meilenstein, dass ich völlig überrascht bin, mit was für einer Euphorie sie heuer das Jubiläum der 30 Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs feiern. Die Zeit des Realsozialismus hinterließ Überreste für mehrere Generationen nicht nur durch den Zaun, aber auch durch die Grenzen in Köpfen.“

Peter Mišík, Ivana Červenková und Helena Huber
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Peter Mišík | Botschafter der Slowakischen Republik in Österreich, Ivana Červenková | Botschafterin der Tschechischen Republik in Österreich und Helena Huber | Direktorin des bilingualen Realgymnasiums des Schulvereins Komenský in Wien

Richard Basler | „Das Wort konnte ein Menschensleben komplett vernichten“

Der Wiener Verein „Kulturklub der Tschechen und Slowaken in Österreich“ entstand im Jahre 1974. Er wurde von Migranten/innen gegründet, die nach 1968 hierher gerieten. So wurde der Verein für manche zur ersten Rettungsinstitution. Mit der Redaktion sprach für den Kulturklub sein stellvertretender Vorsitzender Richard Basler, der auch in der Wiener Arbeitsgemeinschaft für Volksgruppenfragen | ARGE Volksgruppen tätig ist: „Auch für mich persönlich bedeutete das Jahr 1989 große Veränderungen. Ich hatte Verwandte in der Tschechoslowakei und auch wenn das kompliziert war, geriet ich in die kommunistische Tschechoslowakei, also ich weiß, wie es an Grenzen früher und danach war. Die Menschen dort waren offener. Die Verwandten konnten mit mir offener sprechen und nicht nur irgendwo was flüstern, weil es damals viele Spione gab. Das Wort konnte ein Menschensleben beeinflussen und das änderte sich; es hatte keine solchen Konsequenzen mehr. Man verlor nicht seine Arbeit, konnte nicht verfolgt werden oder ins Gefängnis gehen. Ich weiß, dass das, was heute ganz absurd klingt, wirklich geschah. Der Horror existierte.“

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Richard Basler | stellvertretender Obmann des Kulturklubs der Tschechen und Slowaken in Österreich | „Fall des Eisernen Vorhangs und Freiheit ist etwas, was wir nicht genug hoch schätzen können“

Die vorigen Bruchteile der Ereignisse erinnern an die Notwendigkeit die nicht leicht erworbene Freiheit immer zu schützen, sie zu verteidigen und hinter ihr zu stehen, und das auch in der heutigen Demokratie. In der Diplomatischen Akademie Wien diskutierte man über Widerhalle der Samtenen Revolution in demokratischen Staaten Europas, im Allgemeinen über die Entwicklung der vergangenen drei Jahrzehnte, aber auch über das Interesse und die Hilfe Österreichs für die damalige Tschechoslowakei.

30.12.2019 | Rádio Dráťák | Sen a realita vídeňských Čechoslováků | 30 let od pádu železné opony (článek v češtině)

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Im heutigen Magazin Radio Dráťák, das um 21.10 Uhr auf Radio Burgenland beginnt, hören Sie kurze Interview-Aufzeichnungen mit Tomáš Czernin, Bruno Aigner, Erhard Busek, Ivana Červenková und Richard Basler. Das Thema wurde von Pavla Rašnerová vorbereitet. Am Mikrofon begrüßt Sie Tereza Chaloupková.

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