Diskussion 1919 – 1939 – 1989 in Österreich und der Tschechoslowakei in der Hauptbücherei Wien, Přemysl Janýr
orf | pavla rašnerová
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Radio Dráťák Magazin

„Neuner Jahre“ in der Tschechoslowakei und Österreich mit Přemysl Janýr

Durch Zerfall der Österreichisch-Ungarischen Monarchie begeben sich Deutschösterreich und die Tschechoslowakei auf eigene Wege. Im Laufe der kommenden 100 Jahre erwarten sie Herausforderungen, denen sie sowohl zusammen, getrennt, als auch nur ungerührt nebeneinander standhalten. Gerade einige dieser „Neuner-Jahre“ gelten als bedeutende Meilensteine in der Geschichte beider Länder.

On demand | Radio Dráťák | 29.7.2019

Radio Dráťák Magazin

29.7.2019 | 21:10 | Radio Burgenland Livestream

Nach diesen Meilensteinen nannte sich auch die Diskussion „1919-1939-1989 in Österreich und der Tschechoslowakei“, stattgefunden in der Hauptbücherei Wien am Urban-Loritz-Platz. Es trafen sich hier nicht nur Historiker/innen und Autoren/innen, sondern auch die, die am Anfang des sich gebärenden Gedankens eine qualifizierte Unterlage über diese Nachbarschaftsgeschichte zu schaffen, standen.

Přemysl Janýr und Österreichisch-Tschechische Dialogforum
ORF Archiv

Mit der Idee kam im Jahre 2003 das tschechisch-österreichische Dialogforum. Der Gast unseres heutigen Dráťáks ist einer seiner Gründer, der Chartist und Journalist Přemysl Janýr.

Um ein Jahr später kommt das Forum mit dem Gedanken an das gemeinsame Geschichtsbuch: „Nachbarn | Ein österreichisch-tschechisches Geschichtsbuch“, das Licht der Welt erblickte im März dieses Jahres.

Diskussion 1919 – 1939 – 1989 in Österreich und der Tschechoslowakei in der Hauptbücherei Wien
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Das kritische Jahr 2002 für tschechisch-österreichische Beziehungen

Europa an der Wende des neuen Jahrtausendes. Die Politik von Miloš Zeman und dem Kärtner Hauptmann Jörg Haider, als die konfliktreichen Themen wie „Temelín“ und „Beneš-Dekrete“ auftauchen und die tschechisch-österreichische Verhältnisse ins Extreme eskalieren. Als Reaktion darauf entsteht im Jahre 2002 das tschechisch-österreichische Dialogforum, mit anderen Worten eine Herausforderung zur Verbesserung der Verhältnisse – adressiert an beide Regierungen. „Österreich drohte mit einem Veto gegen den Beitritt der Tschechischen Republik zur EU und die Tschechische Republik schloss sich Sanktionen gegen Österreich an. Nie in der Geschichte geschah es sonst, dass diese zwei Länder eine öffentliche Feindschaft miteinander ausdrückten“, erzählt Přemysl Janýr.

Der erste Tag von Deutsch-Österreich in Kronen Zeitung
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Unterschreiben des Friedensvertrags von St. Germain-en-Laye

Schon das Jahr 1919 bringt mit sich zweierlei Perspektiven und den ersten konstruktiven Fehler der neu entstandenen Tschechoslowakischen Republik. Die böhmischen und mährischen Deutschen konnten sich nicht an das Deutschösterreich anschließen. Das Klirren der Waffen des Ersten Weltkriegs verstummte zwar, aber es entstand die Frage der strittigen Grenze, die vom Vertrag definiert wurde.

Wien 1919
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„Beiden Ländern wurde klar, dass sie Zwillinge sind, sie entstanden durch die Zerteilung einer Einheit und sie begriffen, dass die Existenz von dem Einen untrennbar verbunden ist mit der Existenz des Zweiten, so, wie es sich dann letztendlich zeigte, als Hitler darauf losging und wie er ein Land nach dem anderen liquidierte“, erläutert unser heutiger Gast des Radios Dráťák Přemysl Janýr jun., Mitbegründer des tschechisch-österreichischen Dialogforums, das als Reaktion auf die politische Situation der ersten Jahren des neuen Jahrtausends in Tschechien und Österreich entstand.

Diskussion 1919 – 1939 – 1989 in Österreich und der Tschechoslowakei in der Hauptbücherei Wien, Přemysl Janýr
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Heutiger Gast des tschechischen Magazins Radio Dráťák ist Journalist, Unterzeichner der Charta 77 und Mitbegründer des tschechisch-österreichischen Dialogforums Přemysl Janýr

Der Wiener Tscheche Přemysl Janýr jun. geriet in Österreich im Jahre 1978 unter Druck der tschechoslowakischen Staatspolizei nach dem Unterzeichnen der Charta 77, also 10 Jahre nach seinem Vater Přemysl Janýr sen., einem der Gründer des Kulturklubs der Tschechen und Slowaken in Österreich, der unter anderem Initiator und treibende Kraft für die Konstituierung des tschechischen Beirates beim Bundeskanzleramt war. Auch Přemysl Janýr jun. setzt sich weiterhin für ein gutes Funktionieren der tschechisch-österreichischen Beziehungen ein. Ein Beispiel dafür ist sowohl das schon erwähnte tschechisch-österreichische Dialogforum, als auch der Vorsitz im tschecho-österreichischen Verein Thayavölker, der heuer schon den 20. Jahrgang seines Kulturfestivals veranstaltete.

Jedoch die gegenwärtige tschechisch-österreichische politische Beziehung bewertet Janýr eher mit Enttäuschung: „Die Übereinstimmung bewegt sich irgendwo im Hass gegen Ausländer/innen und Flüchtlinge und in diesen populistischen Themen usw. und hier kommen diese zwei Länder auf einmal sehr gut zusammen und sehr gut miteinander aus. Polen und Ungarn präsentieren die noch schlimmere Variante, also sie haben ein gemeinsames Gefühl, dass sie die moderate populistische Politik sind.“

Diskussion 1919 – 1939 – 1989 in Österreich und der Tschechoslowakei in der Hauptbücherei Wien, Přemysl Janýr und Miroslav Kunštát
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Přemysl Janýr und Miroslav Kunštát in der Hauptbücherei Wien, Urban-Loritz-Platz | Diskussion „1919-1939-1989 in Österreich und der Tschechoslowakei“

Am nächsten Montag können Sie sich auf eine Fortsetzung freuen, und zwar mit dem Historiker Miroslav Kunštát vom Masaryk-Institut und Archiv der Tschechischen Akademie der Wissenschaften Prag.

„Sie kümmerten sich um sie zu Hause, sie nahmen sie mit nach Hause usw. und sie bezeichneten sie als ‚unsere tschechoslowakischen Vettern‘. Also ich würde sagen, dies war irgendwie die unausgesprochene Vorstellung dessen, wie die Beziehungen zwischen Österreich und Tschechien funktionieren könnten“, ergänzt Janýr zum Schluss des Interviews und erinnert an die Offenherzigkeit und Gefälligkeit Österreichs der Tschechoslowakei gegenüber nach dem Prager Frühling im Jahre 1968.

Článek v češtině | Rádio Dráťák | Devítkové roky v Československu a Rakousku s Přemyslem Janýrem

5.8.2019 | Radio Dráťák | Tschechisch-slowakisch-österreichische Beziehungen mit Miroslav Kunštát

Nach der Okkupation in der Tschechoslowakei, Prager Frühling, 60er
ORF Archiv

Das Interview mit Přemysl Janýr für die aktuelle Sendung wurde von Pavla Rašnerová vorbereitet, die Sie durch das Radio Dráťák auch begleitet. Das Magazin für die tschechische Volksgruppe in Österreich wird jeden Montag ab 21.10 Uhr auf Radio Burgenland ausgestrahlt.

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