Radio Dráťák | Markéta Hejkalová auf Residenzaufenthalt im MuseumsQuartier

Die ersten zwei heurigen Monate verbrachte sie auf dem künstlerischen Residenzaufenthalt Q21 Artists-in-Residence im MuseumsQuartier. Die anerkannte tschechische Schriftstellerin, Übersetzerin der finnischen Literatur, aber auch Organisatorin der zweitgrößten Buchmesse in der Tschechischen Republik Markéta Hejkalová, schreibt ihren neuesten Roman.

On demand | Radio Dráťák | 18.3.2019

Markéta Hejkalová

orf | pavla rašnerová

Radio Dráťák Magazin

18.3.2019 | 21:10 | Radio Burgenland Livestream

Markéta Hejkalová Měj mě rád Hab mich lieb

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In ihrem Wiener Studio und im Tschechischen Zentrum Wien, in dem sie mit einer literarischen Lesung den Aufenthalt vollendete, traf sie Pavla Rašnerová von ORF Volksgruppen.

Die Familien- und tschechische Geschichte überhaupt

Der Inhalt Markéta Hejkalovás Aufenthaltes ist vor allem das Schreiben eines wesentlichen Teils ihres neuen Romans. Es wird sowohl um die Familien-, als auch um die tschechische Geschichte überhaupt gehen. Der Großvater von ihrem Ehemann Josef Hejkal begann ein Lebensmittelgeschäft in Havlíčkův Brod im Jahre 1925 zu betreiben. Jedoch kurz nach dem kommunistischen Putsch wurde es im Februar 1948 verstaatlicht. Die Familie gewann es durch Restitution erst am Ende des Jahres 1990 zurück und seitdem betreibt der Ehemann der Schriftstellerin Martin Hejkal das Geschäft. Sie veranstalten zusammen in Havlíčkův Brod auch die schon erwähnte Buchmesse und leiten den Verlag Hejkal.

Markéta Hejkalová

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Markéta Hejkalová

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„Im zweiten Teil meiner literarischen Residenz wollte ich gerne einen österreichischen Verleger finden, und zwar für mein Buch ‚Měj mě rád/a/ Hab mich lieb’, weil es sich sehr auf Wien bezieht. Es handelt sich um einen Roman, über mehr als ein Jahrhundert spielt. Er beginnt im Jahre 1902 und endet 2017. Im Werk gibt es vier Hauptgestalten und davon sind zwei fiktive und zwei reale. Eine von ihnen ist Johanka, ein Mädchen aus einer tschechischen Familie in Wien, das nach dem Ersten Weltkrieg, am Ende der 1920er Jahre einen tschechischen Schriftsteller in der Tschechoslowakei heiratet und mit ihm dann sein Schicksal teilt. Er wird später verhaftet und sie kann die Tschechoslowakei nicht verlassen, aber nach Wien sehnt sie sich weiterhin“, erzählt Hejkalová.

Markéta Hejkalová und die EU

Markéta Hejkalová

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Markéta Hejkalová im Studio MQ, Writer-in-Residence Studio Central & Eastern Europe

„In meiner Kindheit war Wien ferner als Wladiwostok,“

... erinnert sich die Schriftstellerin Markéta Hejkalová an das Leben in der ehemaligen Tschechoslowakei. In der Zeit damals schien es völlig irreal zu sein, dass sie Wien einmal besuchen würde und heute sitzt sie beim Arbeitstisch im Studio MuseumsQuartier mit Aussicht auf die Mariahilfestraße. Sie wirkt so, als ob sie schon länger ein Bestandteil dieser Stadt wäre, als nur einen Monat, als sie von unserer Redaktion zum ersten Mal besucht wurde:

„Wien ist nicht fremd für mich. Ich glaube, dass es für keinen Tschechen fremd ist, weil wir doch Bestandteil eines Reiches waren. Wien war die Hauptstadt Österreich-Ungarns. Und die Gestalt der Johanka, die ist ausgedacht, ganz ausgedacht, aber sie hat eine reale Basis. Wir verbrachten Ferien im Ferienhaus bei meiner Großmutter in Kadeřavec u Turnova, also nicht nahe zu Wien und sie erzählte mir immer, dass eine Familie aus Wien dort die Sommerwohnung besuchte. Herr Ratsmann Štika und das Mädchen hieß Bedřiška Štiková und ich als Kind, das in der kommunistischen Tschechoslowakei aufwuchs, konnte das gar nicht begreifen, warum jemand aus Wien nach Turnov fuhr. Jetzt ist es völlig möglich und vorstellbar, aber in meiner Kindheit, die ich in Brünn verbrachte, war Wien ferner als Wladiwostok. Wien war durch den Eisernen Vorhang getrennt und noch dazu war es etwas schizophren. Wir konnten das Wiener Fernsehen anschauen und ich begann deswegen die deutsche Sprache zu lernen. Ich wusste, dass es die Stadt gibt und gleichzeitig ahnte ich nicht, dass ich sie einmal besuchen würde.“

Markéta Hejkalová

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„Ich vergesse nie den Dezember 1989, als Österreich eine sehr gefällige Geste machte. Einerseits schaffte es Visa für etwas zwei Wochen ab und man konnte hier als Tscheche/Tschechin kostenlos mit Straßenbahnen fahren oder Museen besuchen. Hierher strömten damals Autokolonnen. Mit meinem Ehemann fuhren wir ein altes Škoda Auto. Wir reisten etwa vier Stunden, weil die Kolonne so ungeheuer war, um einen einzigen Tag hier zu verbringen“, so beschreibt Markéta Hejkalová eine ihrer Erinnerungen an Wien.

Frauenheldinnen im Ausland

Für ihr Schaffen sind oft literarische Heldinnen, Frauen typisch, die im Ausland auftauchen. Hören Sie sich an, was für einen Grund dies hat und ob das mit dem Reisen der Schriftstellerin selbst zusammenhängt: „Das ist kein Zufall. Mein allererstes Buch hieß ‚Ženy a cizinci na konci tisíciletí | Frauen und Fremde am Ende des Jahrtausendes’ und es spielte sich noch teilweise unter dem Totalitärregime vor dem Jahre 1989 ab. Damals gab es ein solches Phänomen, dass tschechische Mädchen sich danach sehnten, ins Ausland zu heiraten. Es wird viel verdammt, dass sie Goldgräberinnnen sind usw., aber das war nicht nur eine Sehnsucht nach einer materiellen Verbesserung, aber es war dabei auch ein Sehnsucht nach der Freiheit, weil das die einzige Möglichkeit war, wie man legal in den Westen ausreisen konnte. Weiter hängt das zusammen mit meinem Leben, weil ich einerseits einen Teil meines Lebens in Finnland lebte, dann reiste ich auch viel und andererseits hängt das vielleicht auch damit zusammen, dass ich gerade bis zum Jahr 1989 hinter dem Eisernen Vorhang lebte.“

Markéta Hejkalová und ihre Position der Schrifstellerinnen in Tschechien

Markéta Hejkalová

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Auswahl von Markéta Hejkalovás Werken

Josef Haslinger

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Schriftsteller Josef Haslinger

Vollendung des zweimonatigen Aufenthaltes

Der literarische Abend mit der Lesung aus dem Roman „Hab mich lieb“ wurde von dem österreichischen Schriftsteller Josef Haslinger eröffnet, dessen Großmutter, die aus Brno kommt, Inspiration für eine der Gestalten dieses Romans war.

So vollendete Markéta Hejkalová erfolgreich und mit großem Applaus im Tschechischen Zentrum ihren zweimonatigen künstlerischen Residenzaufenthalt.

Die Autorin besuchen Sie zusammen mit unserer Redaktion in ihrem künstlerischen Studio in Wien, am Sonntag - 14. April ab 13.05 auf ORF2 – im Rahmen des Programms „České ozvěny | Slovenské ozveny“

„Ich schrieb noch mehr als ich ursprünglich wollte. Es geschahen viele schöne Sachen. Wien faszinierte mich. Ich traf hier viele nette Menschen, die mir entgegengingen. Nie erlebte ich eine Andeutung irgendwelcher unfreundlichen Beziehung zu Tschechen, sogar im Gegenteil. Vielleicht kehre ich nach Wien schon im Herbst zur Buchmesse Buch Wien zurück und wenn mein Buch, das ich hier präsentierte, in Österreich herausgegeben werden würde, dann würde ich natürlich auch seine Einführung hier her zurückkehren, aber das liegt noch in der Zukunft. Jedenfalls hoffe ich, dass ich nicht zum letzten Mal in Wien bin“, bewertet die Schriftstellerin Markéta Hejkalová ihren literarischen Residenzaufenthalt.

Markéta Hejkalová

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Markéta Hejkalová und Mojmír Jeřábek | Direktor des Tschechischen Zentrums Wien

Markéta Hejkalová

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Pavlína Böhmová-Lössl, Helena Basler | Kulturklub der Tschechen und Slowaken in Österreich und Markéta Hejkalová

Das Magazin Rádio Dráťák können Sie heute auf Radio Burgenland ab 21:10 anhören. Das Gespräch mit Markéta Hejkalová wurde von Pavla Rašnerová geführt. Durch die Sendung begleitet Sie Tereza Chaloupková.

Článek v češtině | 18.3.2019 | Markéta Hejkalová na rezidenčním pobytu v MuseumsQuartier

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