Radio Dráťák | Tschechisches Herz | „Gestern und heute“ mit Věra Gregorová

In der aktuellen Ausgabe unseres Magazins mit Věra Gregorová, der Obfrau des Tschechischen Herzens | České srdce, schwelgen wir nicht nur in der Vergangenheit des Vereins, sondern wir erfahren auch mehr über seine gegenwärtigen Aktivitäten. Věra Gregorová ist auch verbunden mit dem Hotel Post, in dem sie als Vorsitzende der Genossenschaft tätig ist.

On demand | Radio Dráťák | 27.8.2018

Archiv České srdce,

orf | pavla rašnerová

Radio Dráťák Magazin
27.8.2018 | 21:10 | Radio Burgenland Livestream

Gerade dieses Gebäude weist auch auf unser zweites Thema hin, und zwar auf die Persönlichkeit des mährischen Komponisten Leoš Janáček, der in diesem Hotel vor der Wiener Premiere seiner Oper „Jenůfa“ übernachtete.

1918 | Jahr des Untergangs und der Geburt

Das Jahr 1918 bedeutete das Ende des Ersten Weltkriegs, die Entstehung neuer Staaten, Republiken, nicht zuletzt jedoch auch Armut und Not. Wien gehörte in der damaligen Zeit zu den Städten, in denen Menschen am meisten litten. Es waren hier mindestens 300 000 Einwohner, die sich zu der tschechischen Nationalität meldeten. Die Hauptstadt wurde als eine der größeren tschechischen Städten bezeichnet. Die erste Welle der Remigration, wurde durch die Entstehung der Tschechoslowakei ausgelöst. Diese erfasste auch die Donau-Metropole, schwemmte aber nicht jeden mit.

Věra Gregorova | České srdce Vera Gregor

orf | pavla rašnerová

Obfrau des Tschechischen Herzens Věra Gregorová, 2018

„Nach dem Krieg waren hier viele Waisenkinder, auch viele Witwen und Menschen, die in die Tschechoslowakei, in den neuen Staat, nicht auswandern wollten, weil sie hier bereits eingewurzelt waren. Österreich hatte damals keine Industrie mehr, es hatte keine ursprünglichen Ströme aus den ehemaligen Ländern mehr, was den Lebensunterhalt betrifft, was alle Produktionstypen betrifft. Wien wurde als ,Wasserkopf’ bezeichnet, es hatte viele Büroangestellten. Die hiesige Infrastruktur war für das ganze Kaisertum geschaffen, in dem sechzig Millionen Menschen lebten und auf einmal waren hier kaum sieben“, erzählt Věra Gregorová über die Zeit, in der der Verein „Wiener Tschechisches Herz | České srdce“ entstand. Die Tschechoslowakei begann sich um Menschen zu kümmern, die an Hunger litten und in einer schwierigen Situation waren.

Archiv České srdce, stadion

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Die Tribüne auf dem Sportplatz des Tschechischen Herzens im 10. Bezirk, 20er Jahre

Nach dem Zerfall der Monarchie dauerte es, bis Österreich die ersten Nachkriegskohlenlieferungen und Lieferungen von Rohstoffen bekam, die es selbst nicht produzierte. „Die Kinder aus Wien wurden in die Tschechoslowakei geschickt, um in tschechischen Familien zu sein und Nahrung zu haben, die ihnen hilft, sich wieder zu stärken. Bekleidung und Schuhwerk waren auch ein Problem. Es wurden auch Witwen und Kinder, die keinen Vater mehr hatten, unterstützt“, schildert Gregorová. Vor dem zweiten Weltkrieg wiederholte sich die Situation.

Archiv České srdce Anastásia Gregorová

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Anastásia Gregorová (1885 - 1963)

Anastásia Gregorová | Hilfe für Frauen und Kinder

Der Verein „Tschechisches Herz, tschechoslowakische soziale Fürsorge in Österreich“ erlebte seinen Höhehpunkt in 1920er Jahren des 20. Jahrhunderts. In der damaligen Zeit fand man in jedem Wiener Bezirk eine seiner Abteilungen und genau so viele konnte man auch außerhalb der Stadt, auf dem Land finden. Gerade zu der Zeit spielte die stellvertretende Obfrau, Anastásia Gregorová, Věra Gregorovás Großmutter, auch eine sehr bedeutende Rolle in der Vereinsgeschichte: „Sie heiratete einen Schneidermeister und begann mit dem Vereinsleben. In den Amtsschriften las ich, dass sie schon anfang der 1920er Jahre die stellvertretende Obfrau des Tschechischen Herzens war, aber damals gab es vier stellvertretende Obleute. Sie war vor allem zuständig für Frauen und Kinder. Sie konnte gewisse Kontakte mit damals hochgestellten Frauen ausnutzen und begann sich sozial sehr zu engagieren.“

Archiv České srdce, chaty na hřištích

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Hütten auf Sportplätzen des Tschechischen Herzens

Sportplatz des Tschechischen Herzens in der Gegenwart

„Das war auch die Zeit, wann es den Sportplatz in Österreich gab. Dort war auch eine Hütte, ein Erholungsheim, wo Kindern geholfen wurde, wenn sie aus keinem guten Familienumfeld stammten und in Armut lebten. Zusätzlich wurden Reisen in die Tschechoslowakei organisiert“, fügt Věra Gregorová zu der Geschichte des Tschechischen Herzens hinzu.

Das Stadion und der Sportplatz des Tschechischen Herzens, heute „Generali Arena“ im Wien Favoriten, bis zum Jahr 2010 als „Franz-Horr-Stadion“ bekannt, erlebte viele bedeutende Ereignisse der tschechischen Volksgruppe, wie zahlreiche Sokol-Turnfeste (Anm.: Turnverein Sokol) in den 1950er und 1960er Jahren. Viele Mitglieder erinnern sich noch heute an ihre Kindheit und die im 10. Bezirk verbrachte Zeit. Auch Věra Gregorová hat ein enges Verhältnis zu diesem Ort: „Unser erstes Turnfest wurde dort eingeübt. Ich war damals eine etwa 15-jährige Nachwuchsturnerin und kann mich sehr gut an den Sportplatz erinnern.“ Zehn Jahre später, im Jahre 1972 wurde eine Entscheidung getroffen. Das Stadion und den Sportplatz der Stadt Wien zu verkaufen, dank dessen das Tschechische Herz die anderen tschechisch-wienerischen Vereine heutzutage finanziell unterstützen kann. „Das tschechische Herz lebt von den Ersparnissen unserer Vorfahren, aber es hat auch gewisse Quellen, die es einsetzen kann, um anderen zu helfen und das machen wir“, sagt Gregorová.

Věra Gregorovás Wunsch für die Zukunft

Dem Tschechischen Herzen gelingt es, seine Hauptbotschaft, denjenigen zu helfen, die es brauchen, auch nach 100 Jahren zu verfolgen. Und dessen Obfrau, Věra Gregorová wünscht ihrem Verein auch für die Zukunft: „Dynamik und junge Mitglieder. Selbstverständlich bemühen wir uns, Interesse an den Vereinen zu erwecken, die faktisch ihre Tätigkeiten hier in den Räumlichkeiten des Tschechischen Herzens haben, damit sie einsehen, dass es einen gewissen Sinn hat.“

České srdce Vera Gregor

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Věra Gregorová | Feier des Jubiläumsgedenktags vom Tschechischen Herzen in der Kammeroper

Článek v češtině | 28.08.2018 | České srdce | „Včera a dnes“ s Věrou Gregorovou

Das ganze Interview mit Věra Gregorová hören Sie im Magazin Dráťák, das für Sie von Pavla Rašnerová gestaltet und von Pavlína Woodhams begleitet wird.

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