Volksgruppe trauert um Vladimír Stejskal

Im Morgengrauen des 14. Oktobers, dem Tag des Wiener tschechischen Trachtenballs „Moravské hody“ hörte ein unaufhörlich für die Volksgruppe schlagendes Herz leise auf zu schlagen. Vladimír Stejskal verabschiedete sich von einem Leben voller Verbundenheit und Hingabe für ein erfülltes und bewegtes Volksgruppenleben.

Vladimír Stejskal

ORF | Strujic

Sein Leben hat Vladimír Stejskal den Wiener tschechischen Vereinen geschenkt. Mit seiner gesamten Kraft und Zeit widmete sich der Sokol-Funktionär der Aufarbeitung und Bewahrung der Vergangenheit der Wiener Tschechen im Archiv und auf der Homepage des Turnvereins Sokol, gründete den tschechischen Literaturzirkel in Wien und gab sich in jeglicher Hinsicht dem Erhalt und der Lebendigkeit der Wiener Tschechischen Lebens hin, ob als Autor in den Volksgruppenzeitungen, als Redakteur, Moderator und Sprecher der ORF Volksgruppensendung, als leidenschaftliches, aktives und treibendes Mitglied der Vereine České srdce, Sokol, oder als Schauspieler der Theatergruppe Vlastenecká omladina.

Seine Hände waren es, die in den Vereinsstrukturen der Wiener tschechischen Vereine in den vergangenen Jahrzehnten mitkreierten, mitinitiierten. Als gelernter Physiotherapeut wusste das viel geliebte Volksgruppenmitglied wohl, dass Bewegung notwendig war, um die Kultur lebendig zu halten. Ursprünglich wollte Stejskal Chirurg werden, sein großes Mitgefühl seinen Patienten gegenüber, führte jedoch dazu, sich von diesem Studium, trotz hervorragender Zeugnisse, wieder abzuwenden. Zu schwer konnte er die oft traurig endenden Schicksale ertragen.

Vladimír Stejskal

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Vladimír Stejskal beim Aufstellen der Sokol Fahne während des Auftakts zu den 150-Jahresfeierlichkeiten im Frühling 2017 in der tschechischen Botschaft in Wien

Stejskal war es, der auch den Trachtenball „Moravské hody“ jedes Jahr aufs Neue prägend und mit viel Hingabe mitorganisiert hat. Die große Trauer um ihren Freund, der jedes Jahr an der Bar stand, um jede/m mit einem Lächeln seine Gäste verköstigte, dominierte den bunten Trachtenabend. Organisator des Abends und Sokol- Mitglied Petr Sevelda ließ eine Trauerminute für seinen guten Freund abhalten. Der Schmerz über den großen Verlust für die Wiener Tschechen war auch für Thomas Frey-Materna Obmann des Turnvereins Sokol deutlich spürbar. Er trauert um seinen guten Freund und schätzt dessen unermüdlichen Einsatz für seine Volksgruppe. Er sei es gewesen, der in den letzten Monaten, trotz schwerer Krankheit, als einer der Hauptorganisatoren der Jubiläumsfeierlichkeiten | 150. Jahre österreichischer Sokol Verband großen Einsatz zeigte. Stejskals Verlässlichkeit und Hingabe für den Erhalt tschechisch- slowakische Kultur und Tradition in Wien sei einzigartig gewesen und sein Fehlen reiße ein großes Loch in die Mitte der Volksgruppe, so Frey-Materna.

Vladimír Stejskal

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In jungen Jahren zog es Stejskal aus seiner Heimat Mähren nach Wien. Sein Beruf als Physiotherapeut musste den weltweiten Opernbühnen weichen. Gestartet als Laien Darsteller an der Wiener Staatsoper war Vladimír Stejskal zum international auftretenden Bassbariton geworden. Dabei ließ er es sich nicht nehmen, seine Leidenschaft für Musik und Literatur in das Volksgruppenleben einfließen zu lassen. Mit seinem Literaturzirkel und auch musikalischen Auftritten erfreute er immer wieder seine Vereinsmitglieder.

Dass das Vorstandsmitglied der Turnverbands Sokol in Wien die großen 150-Jahre Feierlichkeiten dieses Vereins kommenden Freitag und Samstag nicht mehr erleben kann, ist ein großer Schock für seine trauernden Freunde. „Wir wussten, dass sein gesundheitlicher Zustand kritisch ist, doch das Leben hätte ihm diese Tage noch gönnen sollen“, bedauern die Hinterbliebenen.

Vladimir Stejskal

Serdar Erdost

Vladimír Stejskal mit Serdar Erdost, ORF Volksgruppenredaktion, am 1.10.2017 bei der letzten Textaufnahme für die Sendung „České Ozvěny | Slovenské Ozveny“ im Wiener Funkhaus

Vladimír Stejskal fehlt. Der große Mann mit der auffallend tiefen Stimme, der von seinen Freunden „Drobeček | Krümel“ genannt wurde, unterlag einer schweren Krebserkrankung. Bis zuletzt dominierten jedoch Lebenslust und Enthusiasmus seinen mit Vereinsplanung und - organisation gefüllten Alltag. Es muss seine einfühlsame, immer offene, verlässliche und freundliche Art gewesen sein, die ihm nicht nur einen liebevollen Spitznamen einbrachte, sondern auch viele echte Freundschaften und Wertschätzung, innerhalb der Volksgruppe und auch weit darüber hinaus.

Der Dank für sein Engagement ist die noch lange währenden Früchte seines Engagements, in jedem Zentimeter der sorgfältig eingeräumten Schränke des Sokol-Archivs, in jedem vom Literaturzirkel vorgetragenen tschechischen Gedicht, in jeder Turnübung im Sokolverband, bei jedem fröhlichen Beisammensein in den Vereinsräumlichkeiten von České srdce, in jedem Blättern in Vídeňské svobodné listy, sowie bei jedem Auftritt von Vlastenecká omladina auf den Brettern des Komenský Theatersaals am Sebastianplatz. Seine unendlich vielen Handgriffe sollen den Hebel für eine weitere lange Ära des aktiven Volksgruppentreibens in Wien bedeuten.

Vlamdimír Stejskal spricht für Rádio Dráťák speciální vysílání | Vídeňské svobodné listy slaví 70 let | 10.10.2016