Strafanzeige gegen Pahor wegen Šoštanj

Der slowenische Präsident Borut Pahor ist wegen seiner früheren Funktion als Regierungschef massiv unter Druck geraten. Das Parlament hat Pahor und zwei Minister seiner damaligen Regierung wegen der umstrittenen milliardenschweren Investition in das größte Kohlekraftwerk Sloweniens in Šoštanj angezeigt.

Der Vorwurf lautet uaf Verletzung der Amtspflicht. Pahor lehnt die politische Verantwortung für das überteuerte Projekt ab.

Es sei das erste Mal in der slowenischen Geschichte, dass das Parlament eine Strafanzeige erstattet habe, und gleich gegen den höchsten Amtsträger des Landes, berichtete die Tageszeitung „Dnevnik“ am Donnerstag. Das Parlament stimmte am Dienstag für die Erstattung der Anzeige, am Mittwoch wurde diese bei der Staatsanwaltschaft eingereicht, wie das Büro des Parlamentspräsidenten der Zeitung bestätigte.

Bereits vergangene Woche reichte auch die außerparlamentarische Partei „Solidarität“ (Solidarnost) eine Strafanzeige gegen Pahor und die beiden Minister ein. Sie forderte Pahor auf, als Staatspräsident zurückzutreten.

Parlamentarischer Untersuchungsausschuss

Von 2008 bis 2012 war Pahor slowenischer Regierungschef. Die Vorwürfe gegen ihn basieren auf einem Bericht des parlamentarischen Untersuchungsausschusses, der die Hintergründe der Kostenexplosion bei dem Bau eines neuen Blocks im Kohlekraftwerk in Šoštanj untersucht hat. Die Investition in den 600 MW-Block stieg von ursprünglich geplanten 600 Mio. Euro auf 1,4 Mrd. Euro.

Das Projekt wurde 2006 beschlossen, 2015 wurde der neue Block in Betrieb genommen. Der Deal mit dem französischen Industriekonzern Alstom wurde stets von Vorwürfen über Intransparenz begleitet, nach Korruptionsermittlungen gegen die Führung des Kohlekraftwerks TEŠ (Termoelektrarna Šoštanj) hat bisher aber noch kein Gerichtsprozess begonnen.

Der U-Ausschuss stellte fest, dass alle Regierungen, die zwischen 2004 und 2012 im Amt waren, das Projekt unverantwortlich oder zumindest auf fahrlässige Weise geführt haben. Die größte Verantwortung für die enorme Kostenüberschreitung wurde Pahors Regierung zugeschrieben. Pahor sowie der damalige Wirtschaftsminister Matej Lahovnik und Finanzminister Franc Križanič hätten ihre Aufsichtspflichten versäumt, was zur unkontrollierten Kostensteigerung geführt habe, so der Vorwurf.

Pahor lehnt politische Verantwortung ab

Präsident Pahor will keine Verantwortung für die Kostenexplosion übernehmen. Das Projekt habe während seiner Regierung weder begonnen noch sei es beendet worden, betonte er in einer Stellungnahme. „Der Großteil der Preiserhöhungen geht von dem Vertrag aus, der 2008 unterzeichnet wurde - ein halbes Jahr bevor die Regierung von Borut Pahor ihr Amt angetreten hat", hieß es. Die Investition sei weder von der Regierung noch vom zuständigen Ministerium getätigt worden, sondern vom TEŠ, der im Besitz des (staatlichen, Anm.) Energiekonzerns HSE steht und somit nur indirekt im Staatsbesitz ist“, argumentierte Pahor.

Die Vorwürfe gegen den früheren sozialdemokratischen Regierungschef fallen mit den bevorstehenden Neuwahlen zusammen. Vor dem Hintergrund des Wahlkampfes sieht die Tageszeitung „Dnevnik“ die Strafanzeige, die im Parlament mit einer großen Mehrheit unterstützt wurde, als einen möglichen Zug gegen die Sozialdemokraten (SD). Die SD, die in den Meinungsumfragen gut abschneidet, spielte eine große Rolle bei dem umstrittenen Projekt - nicht nur in Person ihres damaligen Parteichefs Pahor und Finanzminister Križanič, sondern auch über ihre Abgeordnete aus der Region um Šoštanj.