Drei Monate vor Wahl Bremse gezogen

Der slowenische Premier Miro Cerar (54) hat nur drei Monate vor den regulären Parlamentswahlen seinen Rücktritt eingereicht. Seine Entscheidung, die er am Mittwochabend in einer TV-Übertragung verkündete, kam überraschend, denn der Liberale profilierte sich bisher als ein nicht besonders entschlossener Politiker.

Cerar zog die Bremse, nachdem einer der wichtigsten Projekte seiner Regierung, der rund eine Milliarde Euro teure Bau einer leistungsstarken Bahnstrecke zwischen dem Adria-Hafen Koper/ Capodistria und dem Hinterland einen schweren Schlag erlitten hat. Der Oberste Gerichtshof annullierte ein im vergangenen Jahr abgehaltenes Referendum über das größte Bahnprojekt im Land.

Das war aber nur der Auslöser: erstmals kritisierte Cerar am Mittwoch offen seine Koalitionspartner - die Pensionistenpartei (DeSUS) und Sozialdemokraten (SD) - dafür, ihm bei den wichtigsten Projekten Knüppel zwischen die Beine geworfen zu haben. Cerar, der vor dreieinhalb Jahren als politischer Quereinsteiger an die Macht kam, konnte mit seinen mangelnden politischen Erfahrungen den viel erfahreneren und geschickteren Politikern, vor allem dem DeSUS-Chef und Außenminister Karl Erjavec, nicht Paroli bieten.

So scheiterte auch die wichtige Reform des Gesundheitssystems, an der seit drei Jahren gearbeitet wurde, immer wieder am Widerstand der mitregierenden Parteien. Mit den Wahlen vor der Tür haben sich die beiden Koalitionsparteien immer mehr von den Regierungsentscheidungen distanziert.

Nicht einmal gute Wirtschaftszahlen - 2017 verzeichnete Slowenien ein Wirtschaftswachstum von fünf Prozent, robustes Wachstum wird auch für die nächsten zwei Jahre erwartet -, niedrigere Arbeitslosigkeit, große ausländische Investitionen, wie jene des österreichisch-kanadischen Zulieferers Magna, konnten die Regierung und Cerars Regierungspartei SMC (zuerst „Partei von Miro Cerar“, dann umbenannt in „Partei des modernen Centrums“) aus dem Stimmungstief bringen.

„In der Öffentlichkeit wird absichtlich der Eindruck erweckt, dass im Land alles falsch ist. Das stimmt einfach nicht“, protestierte Cerar und zeigte mit dem Finger auf alte etablierte Parteien, auch auf seine Koalitionspartner. „Der Staat ist heute in einem wesentlich besseren Zustand als 2014“, sagte Cerar.

Die Regierung geriet auch durch Forderungen des öffentlichen Dienstes unter Druck. Die Gewerkschaften starteten eine Streikwelle, um in der Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs das Ende der Sparmaßnahmen und Gehaltserhöhungen zu erzwingen. Cerar bezeichnete ihre Forderungen als „schädlich für das Land“. Doch es war eigentlich die Regierung, die Lehrer, Krankenpfleger, Polizeibeamte und viele anderen Berufsgruppen auf die Straßen brachte, indem sie zuvor bei den Forderungen der Ärzte eingelenkt hatte. Danach wollten auch alle anderen öffentlich Bediensteten, für die ein einheitliches Lohnsystem gilt, besser bezahlt werden.

Für großes Aufsehen sorgte Cerar auch mit der Flüchtlingspolitik. Slowenien beteiligte sich einerseits am EU-Umverteilungsprogramm, auf der anderen Seite ergriff es rigorose Maßnahmen, die von Menschenrechtlern mit jenen Ungarns vergleichen wurden. Der liberale Premier ließ einen (Stachel-)Drahtzaun an der Grenze zu Kroatien aufstellen. Seine Regierung brachte das umstrittene Fremdengesetz durch, das die Flüchtlingspolitik deutlich verschärft hat und mitunter vom Europarat und dem UNO-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) scharf kritisiert wurde.

Als angesehener Rechtsprofessor gewann Cerar 2014 die vorgezogene Parlamentswahl, weil er die Sehnsucht der slowenischen Wähler nach nicht kompromittierten Politikern verkörperte. Er versprach, hohe ethische Standards in die Politik einzuführen, doch gerade daran scheiterte auch er. Unter seiner Regierung setzten sich politische Personalbesetzungen in staatlichen Unternehmen fort. Bei Geschäften mit dem Staat gab es nach wie vor Probleme mit der Transparenz, zum Zug kamen weiterhin Unternehmen mit guten politischen Beziehungen.

Bei der bevorstehenden Wahl, die ursprünglich im Juni abgehalten werden sollte, nun aber für einige Wochen vorgeschoben werden könnte, schienen die Slowenen trotzdem wieder auf ein neues Gesicht zu setzen. Ex-Comedian und Lokalpolitiker Marjan Šarec, der im Herbst beinahe den favorisierten Amtsinhaber Borut Pahor bei der Präsidentenwahl besiegt hatte, liegt in den Umfragen vorne.

Siehe Meldung vom 13.12.2017