Analytiker sehen „strategischen Zug“

Der überraschende Rücktritt des slowenischen Regierungschefs Miro Cerar wird von politischen Analytikern als „strategischer Zug“ bewertet. Für seine liberale SMC-Partei, die in einem Umfragetief liegt, soll es die einzige Lösung gewesen sein, um bei den bevorstehenden Wahlen den Untergang zu vermeiden.

Der Rücktritt sei eine „gut durchdachte“ Entscheidung gewesen, damit die Cerar-Partei in der aktuellen Situation nicht die Schuld für alles übernehmen müsse, sagte der Politikexperte Alem Maksuti zur Nachrichtenagentur STA. Für die SMC, die sich in einer „ausweglosen Lage“ befand, sei dies die „einzig richtige Strategie“ gewesen, so der Mitarbeiter des Thinktanks IPM (Institut für politisches Management).

Für die Regierungspartei haben sich in der letzten Zeit die Probleme angehäuft: beim größten Bahnprojekt im Land brach noch vor der Aufhebung des Referendums ein Skandal über einen überteuerten Entwurf der Bahnstrecke aus. Dazu kamen Verhandlungen mit Gewerkschaften des öffentlichen Sektors, die in eine Sackgasse gerieten, sowie die nichtvorangekommene Reform des Gesundheitssektors.

„Dass die SMC nun die größte Medienaufmerksamkeit bekommen wird, ist ein Plus vor den bevorstehenden Wahlen“, sagte Maksuti. Er erwartet, dass die Cerar-Partei in der Kampagne nun die Opferkarte spielen wird. „Die Partei wird versuchen, sich als das größte Opfer alter Strukturen zu zeigen, die sich, wie der Premier selbst andeutete, gegen Reformen in Slowenien sträuben“, so Maksuti. Auf diese Weise hoffe die Partei auf zusätzliche Stimmen, fügte er hinzu.

Sein Kollege aus dem IPM, Domen Kos, glaubt ebenfalls, dass der Rücktritt des Premiers „der bestmögliche Zug unter den sehr schlechten Umständen war“, sagte er zum Internetportal 24ur.com. In den Meinungsumfragen dürfte sich das positiv abzeichnen, meinte der Experte. In den aktuellen Umfragen liegt die Neopartei, die 2014 auf Anhieb 34,5 Prozent der Stimmen erreichte, mit rund 5 Prozent weit hinten. Der Rücktritt war laut Kos die einzige Chance für SMC um dem „politischen Tod“ auszuweichen.

Laut dem Politikexperten Matevž Tomšič offenbarte der Rücktritt des Regierungschefs auch das, was schon lange klar gewesen sei: „dass die Koalition nicht mehr funktioniert“, wie er zur STA sagte. „Offenbar hat Cerar eingesehen, dass er die Lage nicht mehr unter Kontrolle hat“, so Tomšič.

Die Analytiker rechnen in der Wahlkampagne mit sehr negativen und rauen Tönen. „Das wird eine der schmutzigsten Wahlkampagnen in der slowenischen Geschichte sein“, sagte Kos.

Siehe Meldung vom 15.03.2018