Zentralrat kritisiert Holocaust-Gesetz

Der Zentralrat der Juden in Deutschland drängt auf eine Überarbeitung des umstrittenen polnischen Holocaust-Gesetzes. „Die jüdische Gemeinschaft in Deutschland betrachtet das neue Gesetz mit tiefer Sorge und hofft, dass es in dieser Form nicht in Kraft tritt“, so Zentralratspräsident Josef Schuster.

Gesetz „viel zu vage formuliert“

Wie der „Tagesspiegel“ am Donnerstag unter Berufung auf den Brief von Schuster an den polnischen Botschafter Andrzej Przylebski berichtete, weist der Zentralratspräsident klar darauf hin, dass die „deutschen Konzentrations- und Vernichtungslager Zentrum der nationalsozialistischen Mordmaschinerie waren“. Sie als „polnisch“ zu titulieren, sei daher vollkommen inakzeptabel. Zumal viele jüdische Polen ihr Leben dem „heldenhaften Einsatz“ polnischer Bürger verdankten.

Das Gesetz sei aber viel zu vage formuliert - und daher dazu geeignet, jeden zu bestrafen, der von Untaten polnischer Bürger berichte. „Dies kann vor allem Schoa-Überlebende betreffen, die von ihrem Schicksal berichten“, schrieb Schuster. Denn während der NS-Zeit habe es auch in Polen Menschen gegeben, die sich unehrenhaft verhalten hätten.

Hinweis auf „polnische Mitschuld“ wird bestraft

Das polnische Holocaust-Gesetz stellt nicht nur die historisch falsche Bezeichnung der NS-Todeslager im besetzten Polen als „polnische Lager“ unter Strafe. Es sieht auch Geldstrafen und bis zu drei Jahre Gefängnis vor, wenn der „polnischen Nation oder dem polnischen Staat“ eine Mitschuld an den Nazi-Verbrechen gegeben wird.

Präsident unterschrieb Gesetz breits

Polens Präsident Andrzej Duda hat das Gesetz der nationalkonservativen Regierung am Dienstag unterschrieben. Er kündigte an, er wolle das Gesetz dem Verfassungsgericht zur Prüfung vorlegen. Dieses solle klären, ob es die freie Meinungsäußerung gefährde. Während der Prüfung gelten die neuen Vorschriften aber schon.

Proteste vor Botschaft in Tel Aviv

Unterdessen protestierten Holocaust-Überlebende vor der polnischen Botschaft in Tel Aviv gegen das umstrittene Gesetz. Sie trugen Schilder, auf denen unter anderem stand „Kein Gesetz kann die Geschichte auslöschen“ und „Ich habe immer noch Albträume davon, was die Polen getan haben“. Israelische Medien berichteten, einige Demonstranten seien sogar auf das Gelände der Botschaft vorgedrungen.

Israelische Politiker und Historiker befürchten, das Gesetz könnte missbraucht werden, um Verantwortung von Polen bei Verbrechen an Juden zu leugnen.

Siehe Meldung vom 06.02.2018