Griechisch-mazedonischer Namensstreit

Zehntausende Griechen haben in Athen gegen einen Kompromiss beim künftigen Namen des Nachbarlandes Mazedonien protestiert. Der mazedonische Vizepremier Bujar Osmani hat darauf gelassen reagiert: Es sei wichtig, dass man in Skopje und Athen Regierungen habe, die darauf abzielen, eine Lösung zu finden.

Die Regierungen der beiden Länder sollten ruhig und beharrlich weiter nach einer Lösung suchen - ungeachtet der Herausforderungen, die sich ihnen stellten, meinte Osmani gegenüber Medien. Zehntausende Griechen aus allen Teilen des Landes und aus dem Ausland hatten am Sonntag an Protesten in Athen teilgenommen. Seine gelassene Reaktion sei keine Geringschätzung der Proteste, sagte Osmani. Die Kundgebungen seien Teil der öffentlichen politischen Debatte.

Organisiert wurde der Protest am Sonntag von nationalistischen Organisationen, Veteranenvereinigungen, Vereinen der griechischen Diaspora und Kirchengemeinden. Beteiligt war auch die neofaschistische Partei Chryssi Avgi (Goldene Morgenröte). Einige Demonstranten trugen traditionelle Trachten, etwa die von griechischen Rebellen, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Mazedonien gegen bulgarische Banden und osmanische Einheiten kämpften. In der Nähe hielten Anarchisten eine Gegenkundgebung ab, doch hielt die Polizei die beiden Gruppen auf Abstand.

Der Namensstreit zwischen Athen und Skopje belastet die Beziehungen zwischen Griechenland und seinem nördlichen Nachbarn schon seit mehr als 25 Jahren. Der Konflikt reicht ins Jahr 1991 zurück, als sich die ehemalige jugoslawische Teilrepublik für unabhängig erklärte und sich den Namen Mazedonien (Makedonija) gab. Aus griechischer Sicht ist der Name Mazedonien Teil des Nationalerbes. Athen befürchtet, der Nachbar könnte damit Anspruch auf die gleichnamige nordgriechische Provinz erheben. Griechenland will daher, dass Mazedonien seinen Namen ändert. Der Grund: Der nördliche Teil Griechenlands trägt auch den Namen Makedonien. Beide Gebiete waren Teil der antiken Region Makedonien, die außerdem noch das heutige Südwest-Bulgarien sowie kleinere Gebiete in Albanien und Serbien umfasste.

Athen blockiert daher seit 2005 den Beginn von EU-Beitrittsgesprächen ebenso wie die NATO-Mitgliedschaft. Der UNO-Sondervermittler Matthew Nimetz hatte kürzlich den zwei Seiten fünf Lösungsvorschläge für den Namensstreit gemacht. Alle Lösungsvorschläge enthielten den Namen „Mazedonien“, was Proteste in Griechenland auslöste.

Zuletzt signalisierte der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras jedoch Kompromissbereitschaft, um das Problem zu lösen und zum Abbau der Spannungen in der Region beizutragen. Im Gespräch sind neue zusammengesetzte Namen für den Nachbarstaat, die jedoch allesamt den Namen Mazedonien enthalten - etwa Nord-Mazedonien und Neu-Mazedonien.

Tsipras will den Namensstreit mit Mazedonien beenden und tritt für eine offene Haltung Griechenlands in dieser Frage ein. Die „großen außenpolitischen Probleme“ ließen sich nicht „durch Fanatismus und Intoleranz“ lösen, sagte er am Wochenende. Tsipras hatte sich darum bemüht, unter den Parteien Einigkeit herzustellen, bevor die Gespräche mit der Regierung in Skopje vertieft werden.

Oppositionschef Mitsokakis stellte sich hinter die Demonstranten. „Wir werden die Griechen nicht trennen, um Skopje zu vereinen“, sagte er am Samstag nach einem Treffen mit Tsipras. Es gehe nicht nur um eine außenpolitische Frage, sondern um die Identität der Griechen. Die Nea Dimokratia (ND) führt in den Wahlumfragen.

Beratungen mit UNO-Gesandtem in beiden Ländern

In der kommenden Woche will der UNO-Gesandte Matthew Nimetz in beiden Ländern über die Lage beraten. Nach Ansicht vieler Griechen könnten womöglich territoriale Ansprüche auf die gleichnamige nordgriechische Provinz abgeleitet werden, wenn es das Nachbarland unter der Bezeichnung Mazedonien anerkennt. Ohne die Zustimmung der griechischen Regierung kann die frühere Teilrepublik Jugoslawiens der EU und der NATO nicht beitreten. Hunderttausende Griechen demonstrierten in diesem Monat bereits in der Hafenstadt Thessaloniki/ Solun dagegen, der Regierung in Skopje die Verwendung des Namens Mazedonien zu erlauben. Das Land war 1993 von den Vereinten Nationen als „Ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien“ anerkannt worden.