Abstimmung über Bahn-Großprojekt

In Slowenien werden die Wähler und Wählerinnen am Sonntag über das größte Infrastrukturprojekt im Land entscheiden. Bei einer Volksabstimmung wird über das Inkrafttreten eines Gesetzes abgestimmt, das den Bau einer neuen Bahnstrecke zwischen Koper/ Capodistria und dem Landesinneren festlegt.

Der Bau eines leistungsstarken zweiten Gleises („Drugi tir“) zum Adria-Hafen lässt bereits seit zwei Jahrzehnten auf sich warten.

Bürgerinitiative erzwang Referendum

Eine Bürgerinitiative konnte mit mehr als 40.000 Wählerunterschriften das Referendum erzwingen. Die Gegner opponieren nicht gegen den Bau an sich, was sie stört ist die ausgewählte Trasse und insbesondere die hohen Kosten. Kritisiert wird außerdem das Finanzierungsmodell, das anderen Ländern, die den slowenischen Hafen nutzen, eine Mitfinanzierung ermöglicht.

27 Kilometer lang, überwiegend durch Tunnel

Die Baukosten für die 27 Kilometer lange Strecke zwischen Divača im Südwesten des Landes und dem Hafen werden auf fast eine Milliarde Euro geschätzt. Die Kritiker befürchten, dass die tatsächlichen Kosten noch höher ausfallen werden. Vorerst ist nämlich nur eine eingleisige Strecke geplant, die später auf zwei Gleise erweitert werden soll. Erst dann würde man den Transport über die bisherige, im Jahr 1967 gebaute, eingleisige Strecke einstellen. Terrainbedingt wird die neue Strecke überwiegend durch Tunnel verlaufen.

Beteiligung anderer Länder, die Hafen nützen

Den Großteil der 961 Mio. Euro schweren Investition soll Slowenien tragen. Investor und Verwalter der Strecke wird die staatliche Zweckgesellschaft „2TDK“ sein. Der slowenische Staat will dem Investor 200 Mio. Euro aus dem Budget zuschießen. Andere Länder sollen durch ihre Investition Beteiligungen in diesem Unternehmen bekommen. Die Investitionen anderer Länder sollen insgesamt 200 Mio. Euro betragen. Bisher erklärte sich lediglich Ungarn bereit, sich an der Investition finanziell zu beteiligen. Darüber hinaus soll die Investition mit EU-Fördermitteln (gerechnet wird mit 250 Mio. Euro) und rund 311 Mio. Euro Darlehen, insbesondere der Europäischen Investitionsbank (EIB), finanziert werden.

Gegner befürchten Kosten, Souveränitätsverlust

Die Gegner des Regierungsprojekts argumentieren, dass die Bahnstrecke um mehrere hundert Millionen Euro billiger gebaut werden könnte. Sie sind auch gegen die Mitfinanzierung durch andere Länder. Befürchtet wird, dass Slowenien dadurch die Kontrolle über die strategisch wichtige Infrastruktur verlieren und dass ausländische Investoren als Gegenleistung Anteile an dem einzigen slowenischen Hafen oder an der staatlichen Bahngesellschaft fordern könnten.

Oppositionspartei von Janša ist schärfster Gegner

Zu den schärfsten Gegnern gehören auch die Oppositionsparteien, insbesondere die SDS des konservativen Ex-Premiers Janez Janša. Die Beobachter sehen im Hintergrund des Referendums auch ein Kräftemessen zwischen der SDS und der Regierungspartei SMC von Premier Miro Cerar - die nächsten Parlamentswahlen finden nämlich bereits im kommenden Jahr statt.

Seit zwei Jahrzehnten in Planung

Das Projekt hat einen langen Bart. Bereits vor 20 Jahren wurde die erste Machbarkeitsstudie gemacht, 2005 wurde dann die Trasse festgelegt. Bisher fehlte es jedoch an Geld. Heuer wurden die Pläne konkretisiert: Cerars Regierung hat sich vorgenommen, die Bahnstrecke im Rahmen einer öffentlich-öffentlichen Partnerschaft (public-public partnership - PuP) zu bauen.

Streckenverlauf am Rande des Karstes/ Kras

Die Transportkapazitäten der bestehenden Steilstrecke, die am Rand des Karstgebiets verläuft, reichen schon lange nicht mehr aus, um den steigenden Gütertransport im einzigen slowenischen Hafen zu decken. Im Vorjahr verzeichnete der Hafen einen Güterumschlag von 22 Mio. Tonnen, davon wurden 60 Prozent der Güter über die Bahn transportiert.

Wichtig auch für Österreich

Die neue Bahnstrecke ist auch für Österreich wichtig. Seit 2010 ist Koper laut Österreichischer Verkehrszeitung der wichtige Hafen Österreichs. Umgekehrt ist auch Österreich der größte und wichtigste Markt für den einzigen slowenischen Seehafen. Ein Drittel des gesamten Güterumschlags entfällt auf Waren von oder nach Österreich.

Beteiligung wird entscheidend sein

Falls das Projekt durch die Volksabstimmung nicht gestoppt wird, dann sollen die ersten Arbeiten bereits heuer im November beginnen. Den Plänen zufolge soll das Projekt 2025 beendet sein. Um das Gesetz zu kippen, werden die Gegner ein Ablehnungsquorum von mindestens 20 Prozent erreichen müssen. Ausschlaggebend für den Ausgang des Referendums wird also die Wählerbeteiligung sein.