V4-Staaten mit Nachbarn über Westbalkan

Die Integration des Westbalkan stand im Mittelpunkt des Treffens der Außenminister der Višegrad-Gruppe in Budapest. Ungarn hatte Anfang Juli den Vorsitz in der Gruppe übernommen, zu der Polen, Tschechien, die Slowakei und Ungarn gehören. An dem Treffen nahmen auch Vertreter Österreichs, Kroatiens und Sloweniens teil.

Österreich war in BUdapest durch Außenamts-Generalsekretär Michael Linhart vertreten.

Entschlossene Unterstützer der EU-Erweiterung hätten sich getroffen, betonte der ungarische Außenminister Peter Szijjarto auf einer Pressekonferenz. Die Aufnahme der Westbalkan-Staaten in die EU habe „besondere Priorität“. Im Interesse des Friedens und der Stabilität Region sowie der Sicherheit Europas müsse alles für die Integration des Westbalkan getan werden.

Laut Szijjarto muss eingesehen werden, dass „wir uns hinsichtlich des Westbalkan fünf vor zwölf befinden“. Der Minister kritisierte die Europäische Union. Sie gehöre „allem Anschein nach nicht in die Kategorie der politischen Akteure der Welt- und Regionalpolitik, die über eine Strategie hinsichtlich des Westbalkan verfügen“.

Werde der Integrationsprozess nicht beschleunigt, „dann müssen wir alle in der ganzen mitteleuropäischen Region schwerwiegenden Sicherheitsherausforderungen entgegensehen“. Auf dem Westbalkan seien ernsthafte Spannungen entstanden. „Können wir den Ländern der Region kein glaubwürdiges Integrations-Drehbuch aufzeigen, können diese Spannungen unkontrollierbar werden“, warnte Szijjarto laut der Ungarischen Nachrichtenagentur (MTI). Leider habe die „Brüsseler Unfähigkeit in vielen Fragen ernsthafte Probleme verursacht“.

Hinsichtlich der Flüchtlingsfrage erinnerte der Minister daran: Bei erneuter Öffnung der Westbalkan-Route werde es zu einem außerordentlichen Migrationsdruck an der Südgrenze Ungarns und damit der Schengenzone kommen.

Die Außenminister der Slowakei und Polens, Miroslav Lajcak und Witold Waszczykowski, sowie der stellvertretende tschechische Außenminister Jacub Dürr lobten Ungarn dafür, dass es das Motto „Verbindung“ für seine V4-Präsidentschaft gewählt hat. Alle Minister betonten einheitlich die enge Zusammenarbeit der vier Staaten, die zur Lösung der Probleme der Europäischen Union beitragen könne. Auch die Lage in der Ukraine wurde behandelt. Laut dem slowenischen Außenminister Karl Erjavec könnten die V4 bei regionalen Initiativen bei der Suche nach Lösungen helfen.

Außenamts-Generalsekretär Linhart hob die Einhaltung des Minsker Abkommens für die Ostukraine hervor, weiters die Bedeutung der Unterstützung der Reformen in der Westbalkan-Region im Interesse von Stabilität Sicherheit und wirtschaftlichem Wohlstand, berichtete MTI. Hinsichtlich der Migrationsfrage betonte Linhart: Der freie Personenverkehr könne in Europa nur dann bestehen, wenn „wir die Außengrenzen schützen“.

Der slowakische Außenminister betonte die Solidarität seines Landes mit dem von den meisten Flüchtlingsankünften konfrontierten Italien. Es würden Vorschläge für die Regelung der dortigen Lage erarbeitet.

Die V4 treten einheitlich gegen das per Mehrheit beschlossene EU-Quotensystem zur Umverteilung von Flüchtlingen auf. Im Vorfeld des Treffen hatte Szijjarto erklärt, die Višegrad-Gruppe sei „stärker und effektiver als je zuvor“. Der gemeinsame Wille der vier Staaten sei ein Faktor, der bei EU-Entscheidungen auch von westlichen Mitgliedsstaaten berücksichtigt werden müssen.

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban hatte kürzlich betont, die Österreicher schmerze es, „dass sie nicht Mitglied der V4 oder einer anderen regionalen Gruppierung sind“. Der rechtskonservative Politiker zog in diesem Zusammenhang die Fähigkeiten der österreichischen Diplomatie in Zweifel. „Österreich ist zwar ein talentierter Staat, was man am hohen Lebensstandard sieht, aber im Bereich der Außenpolitik sei er ratlos“, kritisierte Orban nach Angaben von MTI.

Siehe Meldung vom 10.07.2017