Appell an Serbien und Kritik an UNO

Bakir Izetbegović, bosniakisches Mitglied der bosnischen dreiköpfigen Staatsführung, hat anlässlich des 22. Jahrestages des Massakers von Srebrenica an Serbien appelliert, die „anhaltende Leugnung des Völkermordes“ in der früheren ostbosnischen UNO-Schutzzone aufzugeben.

„Alle brauchen Versöhnung“

Alle in Bosnien würden Versöhnung brauchen, betonte Izetbegović bei der Gedenkfeier in der Gedenkstätte Potočari am Dienstag. Doch es könne keine Versöhnung und keine bessere Zukunft ohne die Gerechtigkeit und die Wahrheit geben, so das bosniakische Präsidiumsmitglied.

Nach der Einnahme der UNO-Schutzzone Srebrenica durch bosnisch-serbische Truppen am 11. Juli 1995 wurden in der Umgebung der Kleinstadt rund 8.000 muslimische Männer und Burschen brutal ermordet.

Kritische Worte richtete Izetbegović dabei an die Vereinten Nationen, die die Geschehnisse in Srebrenica im Juli 1995 nur „passiv“ verfolgt hätten. Dies sei der „schändlichste Augenblick“ für die UNO gewesen, meinte Izetbegović. Ein niederländisches Gericht hatte kürzlich erklärt, dass der niederländische Staat für den Tod von 350 Bosniaken von Srebrenica mitverantwortlich sei. Die niederländische UN-Truppe Dutchbat, die im Juli 1995 für Srebrenica verantwortlich war, hätte die Flüchtlinge, die Zuflucht in dem Lager in Potočari gefunden hatten, besser schützen müssen, meinte das Gericht.

1.000 Opfer noch vermisst

Im Rahmen der Gedenkfeiern zum Jahrestag wurden am Dienstag weitere 71 im vergangenen Jahr identifizierten Massakeropfer beigesetzt. Sieben waren 1995 noch minderjährig, das jüngste war im Juli 1995 erst 15 Jahre alt. Nach Angaben des bosnischen Vermissteninstitutes wurden bisher in Potočari und anderswo im Land 6.662 Massakeropfer beerdigt, deren Leichen seit dem Kriegsende im Jahr 1995 in mehr als 80 Massengräbern gefunden wurden. Nach 900 bis 1.000 Massakeropfern wird laut amtlichen Angaben noch gesucht.

Zur Gedenkfeier in sengender Hitze waren wie in den früheren Jahren Tausende Bosniaken aus allen Landesteilen angereist. Aus Belgrad waren Oppositionsvertreter - Saša Janković, Čedomir Jovanović und Nenad Čanak - zugegen, Regierungsvertreter blieben allerdings aus. Man sei nicht eingeladen worden, erläuterte Präsident Aleksandar Vučić am Montag gegenüber einem TV-Sender. Serbiens Parlament hatte 2010 das Massaker als „großes Verbrechen“ verurteilt, allerdings das Wort Völkermord vermieden. Das Srebrenica-Massaker war 2007 vom Internationalen Gerichtshof (IGH) als Völkermord anerkannt worden.

Seit dem Kriegsende gehört Srebrenica zur kleineren bosnischen Entität, der Republika Srpska. Die bosnische Regierung hatte den Jahrestag auch heuer zum landesweiten Trauertag erklärt.

Kundgebung zu Ehren Mladić´

Anhänger des Hauptverantwortlichen für das Massaker, des ehemaligen bosnisch-serbischen Militärchefs Ratko Mladić, wollen am Nachmittag in Banja Luka mit Genehmigung der bosnisch-serbischen Behörden eine Kundgebung zu seinen Ehren abhalten. Das Urteil des UNO-Kriegsverbrechertribunals gegen Mladić wird im Herbst erwartet. Der frühere bosnisch-serbische Präsident Karadžić war im Vorjahr bereits zu 40 Jahren Haft verurteilt worden.

Meldung in slowenischer Sprache