EU-Kommission zögert

Slowenien hat kein Verständnis für das Zögern der EU-Kommission nach dem internationalen Schiedsspruch zur Festlegung der slowenisch-kroatischen Grenze. Die Ankündigung von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, den Spruch erst durchlesen zu wollen, sei „ungewöhnlich und gereicht der Kommission nicht zur Ehre“, sagte der slowenische Ministerpräsident Miro Cerar.

Das Schiedsverfahren war im Jahr 2009 unter der Schirmherrschaft der EU-Kommission vereinbart worden, die auch drei der fünf Richter vorgeschlagen hatte. Die beiden anderen stellten die Streitparteien.

Großteil fiel zu Slowenien

Kroatien stieg im Jahr 2015 aus dem Verfahren aus, nachdem sich der slowenische Richter unerlaubt mit Ljubljana abgesprochen hatte. Das Tribunal rügte dieses Fehlverhalten, setzte seine Arbeit aber in neuer Zusammensetzung und ohne Berücksichtigung der Eingaben des belasteten Richters fort. Kroatien will den Schiedsspruch, mit dem Slowenien einen Großteil der umstrittenen Bucht von Piran sowie einen Korridor zu internationalen Gewässern in der Oberen Adria erhalten hat, trotzdem nicht anerkennen.

Slowenien sieht eine klare völkerrechtliche Verpflichtung zur Umsetzung des Schiedsspruchs und hofft auf eine entsprechende Festlegung der EU-Kommission. „Europa kann es sich nicht leisten zu sagen, dass in diesem Fall das Völkerrecht nicht respektiert werden muss“, sagte Cerar nach Angaben der slowenischen Nachrichtenagentur STA. „Wenn zwei Mitgliedsländer so eine Entscheidung nicht respektieren können, dann hat die EU keine Zukunft, geschweige denn der Balkan, weil das auch ein Muster für die Lösung künftiger Fragen ist“, sagte der slowenische Ministerpräsident mit Blick auf die zahlreichen Grenzstreitigkeiten in der Region.

Mit Blick auf den Vorschlag des konservativen Oppositionsführers Janez Janša, den Schengen-Beitritt Kroatiens mit der Umsetzung des Schiedsspruchs zu verknüpfen, sagte Cerar, dass es keine „Erpressung“ durch Slowenien geben werde. Kroatien werde dem Schengen-Raum beitreten, sobald es alle Bedingungen dafür erfüllt haben werde. „Natürlich erwarte ich aber, dass Kroatien das Völkerrecht und die Verpflichtung zur Erfüllung des Schiedsabkommens respektieren werde. Darauf werde ich bestehen“, unterstrich der slowenische Regierungschef.

Ljubljana werde Zagreb in einer diplomatischen Note zur Umsetzung des Schiedsspruchs auffordern, kündigte Cerar an. Slowenien könne selbst mit der Umsetzung beginnen, benötige aber „eine gewisse Zusammenarbeit mit Kroatien“. Vom geplanten Treffen mit seinem kroatischen Kollegen Andrej Plenković am 12. Juli in Ljubljana erwartet sich Cerar keinen Durchbruch. Plenković werde sich „vermutlich auf andere Weise unterhalten wollen“, sagte Cerar mit Blick auf den Vorschlag Zagrebs, neue bilaterale Gespräche zu führen. „Ich glaube, dass wir einander zuhören müssen“, gab sich Cerar dialogbereit. Aber: „Slowenien akzeptiert nur einen Dialog, der zur Umsetzung des Spruchs führt.“

Unterdessen kam es in Dubrovnik zum ersten slowenisch-kroatischen Spitzentreffen seit dem Schiedsspruch. Der slowenische Präsident Borut Pahor und seine kroatische Amtskollegin Kolinda Grabar-Kitarović äußerten sich nach ihrem Gespräch am Rande eines Gipfels des Südosteuropäischen Kooperationsprozesses (SEECP) nur über Mitteilungen ihrer Büros. Darin wurde „angesichts der unveränderten Positionen“ der beiden Länder zum Schiedsverfahren die Bedeutung des Dialogs betont. Das nächste Treffen der beiden Staatsoberhäupter soll Mitte Juli stattfinden, und zwar im Rahmen eines Dreier-Gipfels mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen in Salzburg.

Siehe Meldung vom 29.06.2017