Präsident im Clinch mit Parlamentsmehrheit

Der mazedonische Präsident Gjorge Ivanov stemmt sich weiter gegen die Bildung einer von Sozialdemokraten und den Albaner-Parteien getragenen Regierung. Die sogenannte „Plattform von Tirana“, die mehr Sprachrechte für die albanische Volksgruppe vorsieht, könne nicht Basis für die Regierungsbildung sein, so Ivanov.

Der Präsident forderte den sozialdemokratischen Oppositionsführer Zoran Zaev auf, mit seinen Regierungspartnern „Garantien für die Festigung der Einheit“ des Landes abzugeben, hieß es in einer Aussendung Ivanovs nach dessen Treffen mit dem US-Spitzendiplomaten Hoyt Brian Yee. Der Präsident habe den US-Diplomaten um Hilfe bei der „Beseitigung von Hindernissen“ für die Regierungsbildung ersucht.

Das umstrittene Tirana-Programm sieht laut früheren Angaben von albanischen Politikern in Mazedonien vor allem eine weitere Förderung der albanischen Sprache in den Gemeinden vor, in denen Albaner mehr als 20 Prozent der Bevölkerung stellen. Zudem sollen die Embleme der Polizei und des Militärs künftig zweisprachig dargestellt werden. Auf den mazedonischen Banknoten soll die Bezeichnung der Notenbank in beiden Sprachen angeführt werden. Für Ivanov und die bisherige Regierungspartei, die nationalkonservative VMRO-DPMNE, gefährden diese Vorschläge die Landeseinheit.

Der neue Parlamentspräsident Talat Xhaferi hat in einer ersten Aussage gegenüber Medien seit seiner Wahl am letzten Donnerstagabend am Montag angekündigt, dass er ab Dienstag Anstrengungen unternehmen würde, um das Parlament erneut funktionsfähig zu machen. Er werde Präsident aller Abgeordneten sein und im Interesse aller Bürger Mazedoniens wirken, unterstrich Xhaferi nach dem Treffen mit Hoyt Brian Yee.

Die VMRO-DPMNE hält die Wahl von Xhaferi zu neuem Parlamentspräsidenten weiterhin für verfassungs- und gesetzwidrig. Laut den Sozialdemokraten, die mit 67 von 120 Mandaten über eine klare Parlamentsmehrheit verfügen, verlief sie im Einklang mit der Verfassung und der parlamentarischen Geschäftsordnung. Am Donnerstag war der seit Monaten andauernde Konflikt um die Regierungsbildung eskaliert, als eine Gruppe von VMRO-DPMNE-Anhängern das Parlament stürmte und mehrere Abgeordnete verprügelte. Sieben Personen wurden festgenommen, darunter ein Polizist.

Die VMRO-DPMNE hatte die vorgezogenen Parlamentswahlen am 11. Dezember mit 51 von 120 Mandaten knapp gewonnen. Ihrem Chef Nikola Gruevski war es daraufhin aber nicht gelungen, einen Bündnispartner für die neue Regierung zu finden. Im Wahlkampf hatte unter anderem ÖVP-Außenminister Sebastian Kurz die Werbetrommel für die nach Korruptions- und Abhöraffären umstrittene langjährige konservative Regierungspartei geworben. Kurz verwies nach Kritik an seinen Auftritten darauf, dies machten „alle Parteienfamilien so“. Außerdem hätte die Schließung der Balkan-Flüchtlingsroute „nicht funktioniert“, wenn er „keinen guten Kontakt zu der Regierung in Mazedonien“ gehabt hätte.

Siehe Meldung vom 28.04.2017