„FC Roma“ Regisseur Bojar | Rassismus wächst in allen Schichten

„Ich ging zu einer Volksschule in einem Roma Viertel in Prag. Ich war also ständig unter Roma. Ich habe gelernt, mich auf ihre Sicht zu konzentrieren und ich denke, das hat mir sehr geholfen“, sagte der Regisseur Tomáš Bojar über die Dreharbeiten des Dokumentarfilms „FC Roma“ in Roma Sam.

On demand | Roma sam | 17.4.2017

Der 76 Minuten lange Film „FC Roma“ wird ab dem 8. April, dem internationalen Roma Tag, in Wien gezeigt. Zur Premiere kam auch der Regisseur Tomáš Bojar ins Schikaneder Kino.

Der Fußballclub „FC Roma“, der in einer tschechischen Unterliga spielt, besteht ausschließlich aus Roma-Spielern. Wenn sie auf dem Feld stehen, wird das Stadion zum Austragungsort von Diskriminierung und Rassismus. Oft nehmen die anderen Mannschaften es in Kauf, saftige Strafen zu bezahlen und treten gegen sie nicht an. Die Roma verlieren jedoch weder den Humor noch den Mut. Ihr Wille, akzeptiert zu werden, macht alle diskriminierenden Versuche zu Nichte. Den Regisseuren Rozálie Kohoutová und Tomáš Bojar gelingt ein unterhaltsamer wie ernüchternder Dokumentarfilm über negative und positive Potentiale des Fußballs.

Film "FC Roma"

Festival Karlovy Vary

Rozálie Kohoutová und Tomáš Bojar

Rassismus in allen Schichten existent

"Ich würde hier in großen Anführungszeichen und für mich persönlich sprechen, dass der Rassismus grundsätzlich bei uns (in Tschechien) in allen gesellschaftlichen Schichten wächst. Und wie man beispielsweise aus Internetforen erfahren kann, wächst der Rassismus nicht nur bei den am wenigsten gebildeten oder sozial und finanziell benachteiligten Menschen, sondern ist scheinbar am stärksten bei Männern über 40 mit hoher Qualifikation. Sie schreiben auf Webseiten und Foren am aggressivsten.

Das kann ich mir nicht erklären, aber ich habe Erfahrungen damit gesammelt. Die niedrigere Bildungsschicht, unter Anführungszeichen, ist den Roma näher, der soziale Status ist ähnlich, die Menschen leben nebeneinander, kennen einander und nähern sich einander an. Im Gegensatz zu Menschen, die wenig Kontakt zu Roma haben. Wenn jemand von oben herab auf die Roma blickt, hat er oft die stärksten und rassistischsten Äußerungen. Ihnen fehlt die Erfahrung und es entsteht Angst, eine Projektion", erläutert Tomáš Bojar in der Sendung von Roma sam.

Film "FC Roma"

Festival Karlovy Vary

FC Roma

Es gäbe kein Lager der bösen Rassisten und keines der unschuldigen, lieben Roma, die für nichts etwas können und alles richtig machen. So sei es sicherlich nicht. Ein bestimmter Teil der Roma Community leiste Dinge, die sehr wohl zu kritisieren seien, meint Bojar.

„Auf der anderen Seite sind die Roma nicht das große Problem, wie es die weiße Bevölkerung oft darstellt und ihnen vorwirft. Wie z.B. das Ausnutzen der Sozialhilfe (!). Wenn wir uns ansehen, was das für die Staatseinnahmen bedeutet, ist es marginal. Roma dienen als ein Ventil, um einer bestimmten Unzufriedenheit Luft zu lassen. Das ist wohl der aufprallende Stein, die weiße Mehrheitsbevölkerung kann irgendwann nicht mehr unterscheiden und auf Grund einiger schlechten Beispiele, die zwar Klischees sind, aber eben stimmende Klischees, werfen sie alle in einen Topf. So lehnen sie es ab, z.B. die Roma einzustellen, oder ihnen eine Wohnung zu vermieten. So ist es ein Teufelskreis“, unterstricht Tomáš Bojar.

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