Roma in EU | Fast fünf Mal stärker armutsgefährdet

Roma sind in der Europäischen Union fünf Mal stärker armutsgefährdet als der EU-Durchschnitt. Das geht aus einer heute veröffentlichten Studie der Agentur für europäische Grundrechte (FRA) hervor.

Besonders dramatisch ist die Situation in Kroatien, Spanien und Griechenland. Dort sind mehr als 90 Prozent der Roma armutsgefährdet, während der nationale Durchschnitt 2014 bei etwa 20 Prozent lag.

Stadt Josefov

commons.wikimedia.org

Wohnungen ohne Sanitäranlagen

„Extreme Armut ist die größte Menschenrechtsverletzung, weil es dich von fast allem anderen entmachtet“, sagte FRA-Chef Michael O’Flaherty bei der Präsentation des Berichts in Brüssel. Was die Auswirkungen von Armut sind, zeige ein Blick auf die Studie. Demnach leben 30 Prozent der 8.000 für den Bericht befragten Roma in Wohnungen ohne fließendes Wasser. Knapp die Hälfte haben weder eine Toilette noch eine Dusche oder ein Badezimmer.

Marián Kotleba

apa

Marián Kotleba | Slowakischer rechtsextremer Politiker und Parteichef der ĽSNS „Volkspartei | Unsere Slowakei“

Massive Segregation an Schulen

Weitere massive Missstände prangert die Studie im Bildungsbereich an. Nur die Hälfte der Roma-Kinder besuchen einen Kindergarten oder eine Volksschule. Auf die Universität oder in eine ähnliche Ausbildungsstätte schaffen es gerade einmal fünf Prozent. In der Slowakei, Bulgarien und Slowakei berichteten mehr als die Hälfte der befragten Roma von Segregation an Schulen. „Es ist illegal, aber es gibt sie“, zeigte sich O’Flaherty schwer besorgt.

41 Prozent der befragten Roma diskriminiert

Entsprechend dramatisch ist die Situation am Arbeitsmarkt. Nur ein Drittel der Roma gehe einer bezahlten Arbeit nach - der EU-Durchschnitt liegt hier bei 70 Prozent. Bei der von den Roma entrichteten Arbeit handle es sich zumeist um eine „gefährliche“ Tätigkeit, betonte O’Flaherty mit Verweis darauf, dass nur 26 der befragten Roma Zugang zum öffentlichen Gesundheitssystem haben.

Roma-Siedlung in Bulgarien

Reuters

Eines der Zerstörungsbilder in Bulgarien

Insgesamt berichteten 41 Prozent der befragten Roma von Diskriminierungen in verschiedenen Lebensbereichen in den vergangenen fünf Jahren. Die Dunkelziffer ist nach Einschätzung von O’Flaherty jedoch weitaus höher, denn viele der Roma seien sich ihrer Rechte gar nicht bewusst. Mehr als zwei Drittel wissen zudem nicht, wohin sie sich im Fall einer Diskriminierung wenden sollen.

Grenze Rumänien Schengen Zone

dpa

Kampf gegen Armut „höchste Priorität“

Die EU-Mitgliedstaaten ruft O’Flaherty deshalb zu verstärktem Handeln auf. Bei der Integration der größten Minderheit Europas gehe es um Menschenrechte und nicht darum, dass „wir ihnen einen Gefallen tun wollen“, sagte der FRA-Chef. Dem Kampf gegen Armut müsse die Europäische Union die „höchste Priorität“ einräumen. Auch prangert O’Flaherty in Europa eine Blindheit bei Rassismus gegen Roma an: „Warum gibt es in Europa noch immer eine Form von Rassismus, mit der wir uns nicht beschäftigen?“

Für die Studie wurden Roma aus neun verschiedenen EU-Staaten - Bulgarien, Kroatien, Tschechien, Portugal, Spanien, Griechenland, Slowakei, Ungarn und Rumänien - befragt. Italien und Frankreich, die ebenfalls viele Roma beheimaten, werden aufgrund einer komplexen Datenlage in einem Bericht 2017 berücksichtigt.

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