Türkischer Justizminister | Ethnisierung der „Kinderehe“

Trotz wachsender Proteste hat die türkische Regierung einen Gesetzesvorschlag verteidigt, demzufolge sexuelle Straftäter einer Strafe entgehen könnten, wenn sie ihr minderjähriges Opfer heiraten. Justizminister Bekir Bozdağ sagte heute, das Problem der Kinderehe sei vor allem innerhalb der Roma-Minderheit verbreitet.

Bekir Bozdag

Archiv

Justizminister Bekir Bozdağ

Damit versucht Bozdağ in Anspielung auf die vorhandenen Vorurteile gegen die Volksgruppe, den Kritiker/innen den Wind aus den Segeln zu nehmen, als würde der Gesetzesvorschlag hauptsächlich den Roma, die das schwächste und wehrlose Glied der Gesellschaft bilden, gelten. In mehreren Städten gab es jedoch Proteste gegen den Gesetzesentwurf. Eine Online-Petition sammelte mehr als 730.000 Unterschriften gegen das Gesetz.

Sexuelle Übergriffe auf Minderjährige legalisieren

Gestern war der Gesetzesentwurf der islamisch-neoliberalistischen Regierungspartei AKP bekannt geworden. Nach übereinstimmenden Medienberichten sieht der Entwurf vor, dass die Vollstreckung der Strafe verschoben werden kann, wenn der Täter sein Opfer heiratet und der sexuelle Missbrauch zwischen 2005 und dem 16. November 2016 stattgefunden hat.

Protest gegen Kinderehegesetz

Archiv

Proteste gegen den Gesetzesentwurf

Dabei dürfe es bei dem sexuellen Missbrauch nicht zu „Gewalt“ oder „Drohungen“ gekommen sein oder nicht gegen den Willen des Kindes gehandelt worden sein. Davon sind 3.000 Täter betroffen.

Kinderehe in der Türkei salonfähig

„Sexuelle Aggression ohne Zwang gebe es nicht“, empört Ruhat Sena Akşener von Amnesty International Türkei. Anwälte äußerten die Sorge, mit dem Gesetzentwurf werde die Kinderehe in der Türkei salonfähig gemacht.

Das Mindestalter für legales Heiraten liegt nach der geltenden Gesetzgebung in der Türkei bei 17 Jahren, allerdings mit Zustimmung einer der Elternteile. In einigen besonderen Ausnahmefällen dürfen Mädchen mit richterlicher Genehmigung auch mit 16 Jahren heiraten.