Gleise des Grauens | Wiener Mahnmal für Deportationsopfer entsteht

Auf dem Areal des ehemaligen Aspangbahnhofs in Wien-Landstraße wird ein Denkmal für die Opfer von Deportationen errichtet. Nun steht fest, wie das Mahnmal, das bis zum Sommer 2017 entstehen soll, aussehen wird.

Die Nationalsozialisten führten hier zwischen 1939 und 1942 Abtransporte von rund 47.000 Menschen in Ghettos bzw. Konzentrationslager durch.

Die von KÖR | Kunst im öffentlichen Raum eingesetzte Jury unter Vorsitz von Architektin Marie Therese Harnoncourt wählte in einer Sitzung am 8. November den Entwurf von Prinzgau | Podgorschek zum Siegerprojekt, sagte KÖR-Chefin Martina Taig nun im Gespräch mit der APA. Er sieht ein in Summe rund 30 Meter langes Mahnmal vor, das recht direkt auf die grauenhaften Ereignisse an diesem Ort hinweist.

Aspang Gedenkstein

APA | Fohringer

Gedenkstein weist momentan am „Platz der Opfer der Deportation“ auf Verbrechen hin

Bahngleise in den Tod

Geplant sind am Boden verlaufende symbolische Schienenstränge aus Beton, die spitz zulaufen und in einem rund 1,2 Meter hohen und sieben Meter langen dunklen Betonblock enden bzw. in diesem verschwinden. Die Einreichung stelle auf sehr direkte Weise die Fahrt ins Ungewisse bzw. in den Tod dar, begründete Harnoncourt die Wahl der Jury, der auch Vertreter der Stadt, Künstler, Landschaftsplaner und die Zeitzeugin Milli Segal angehörten.

An den Seiten der Betonstränge werden auch die Zahl der Deportierten (47.035) und jene der Überlebenden (1.073) angebracht sein. Der jüdischen Tradition entsprechend können zum Gedenken der Toten kleine Steine auf die Gedenkstätte gelegt werden.

Das Mahnmal wird hinter dem Platz der Opfer der Deportation realisiert. Es verläuft parallel zur Aspangstraße und bezieht den schon existierenden Gedenkstein mit ein.

„Eine leise, subtile und umso eindringlichere Skulptur“

Der Entwurf setze sich auf künstlerische Weise mit dem Grauen, das an diesem Ort stattgefunden habe, auseinander, betonte Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ). „Es ist eine leise, subtile und umso eindringlichere Skulptur, deren Bedeutung sich auf den ersten Blick erschließt“, lobte der Ressortchef das Siegermodell, das sich im Zuge eines geladenen Wettbewerbs gegen zwei weitere Entwürfe durchgesetzt hat. Fünf Einladungen zur Teilnahme wurden ausgesprochen, drei Künstler(teams) haben Konzepte eingereicht.

Die Stadt stellt für das Gesamtprojekt 330.000 Euro zur Verfügung. Nach Klärung der Details soll nach den Wintermonaten mit der Errichtung begonnen werden. Bis zum Sommer sollen die Arbeiten abgeschlossen sein.

Aspangbahnhof - Verkehrsstation mit dunkler Geschichte

Fast 100 Jahre lang hat der Aspangbahnhof überdauert, bevor er 1977 endgültig abgerissen wurde. 1881 eröffnet, diente die Verkehrsstation zu Monarchiezeiten als Ausgangspunkt für Züge Richtung Süden.

Mit der NS-Machtübernahme spielte die Verkehrsstation dann eine wichtige Rolle in der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik. Ab 1939 wurde hier die Deportation von Juden abgewickelt. Bis 1942 gingen hier zahlreiche Züge ab, die die Menschen zuerst in die sogenannte Auffanglager von Rest-Polen, später nach Theresienstadt, und von diesen weiter u.a. in die Vernichtungslager Auschwitz, Treblinka oder Maly Trostinez transportierten. Dort fand die große Mehrheit der Opfer den Tod. Angehörige der Volksgruppe der Roma wurden ebenfalls vom Aspangbahnhof in das Lager Litzmannstadt (Lodz) deportiert. Ab 1943 erfolgten die Deportationen vom Nordbahnhof.

Das Bahnhofsgebäude selbst wurde 1977 abgerissen, die Gleisanlagen entfernt bzw. verlegt und das Gebiet Anfang der 2000er-Jahre unter dem Namen „Eurogate“ zum Stadtentwicklungsgebiet für Wohnungen, Büros und Grünflächen erklärt.

Vom früheren Bahnhofsgelände ist heute nichts mehr zu erkennen. Lediglich ein Straßenschild „Platz der Opfer der Deportation“ und ein Gedenkstein erinnern an die düstere Geschichte des Areals. Das wird sich mit der Realisierung eines Mahnmals bis zum Sommer 2017 ändern.