Alarm wegen Ungarns „Stop-Soros“-Gesetz

Wegen der geplanten gesetzlichen Verschärfungen für aus dem Ausland finanzierte Nicht-Regierungsorganisationen (NGO) in Ungarn schlagen EU-Abgeordnete und NGO-Vertreter in Brüssel Alarm. „Diese Entwicklung ist gefährlich. Sie ist mehr und mehr systematisch“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Sozialdemokraten im EU-Parlament, Josef Weidenholzer (SPÖ), am Mittwoch in Brüssel.

Wenn das sogenannte „Stop-Soros“-Gesetz nach den Parlamentswahlen im April angenommen werde, könnten die ersten Organisationen bereits zu Jahresende gezwungen sein, ihre Arbeit einzustellen, warnte Martha Pardavi, Ko-Vorsitzende des ungarischen Helsinki-Komitees, einer Organisation, die in der Asyl- und Flüchtlingsbetreuung in Ungarn aktiv ist. Sie forderte die EU-Kommission auf, so wie im Vorjahr beim ungarischen Gesetz zur Registrierung von NGO, rasch aktiv zu werden. Die EU-Behörde sollte eine einstweilige Verfügung gegen die Restriktionen vom EU-Gerichtshof verlangen.

Warnung vor Nachahmereffekten

Auch sollte die EU die Rechtstaatlichkeit in Ungarn in ihrem nächsten Finanzrahmen in Betracht ziehen, forderte Pardavi. Sie und der ungarische sozialistische EU-Abgeordnete Peter Niedermüller warnten außerdem vor Nachahmereffekten in Europa und davor, dass die Restriktionen, die sich in Ungarn vorerst gegen Organisationen in der Flüchtlingsarbeit richteten, später auf andere Bereiche der Zivilgesellschaft ausgeweitet werden könnten. Das „Stop Soros“-Gesetz könne auch in den Bereichen Anti-Korruption, Umweltschutz oder Frauenrechte zur Anwendung kommen, sagte Pardavi.

„Nicht gegen Ungarn, nur besorgt..“

„Wir sind nicht gegen Ungarn. Wir sind besorgt, dass ein Land, das an vorderster Front gegen den Kommunismus gekämpft hat, heute einen entgegengesetzten Trend fährt“, sagte Weidenholzer. Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban verfolge eine klare Linie. Am Ende könne dies Europa zerstören, warnte Weidenholzer. Demokratie könne ohne Rechtstaatlichkeit und klare Werte nicht existieren.

Durch das „Stop Soros“-Gesetz würden alle Aspekte der Migration zur nationalen Sicherheitsfrage erklärt, sagte Pardavi. Dafür brauche die Regierung aber eine Zweidrittelmehrheit im ungarischen Parlament, über die Orbans national-konservative Fidesz nicht allein verfügt. Eine Abstimmung sei erst nach der Parlamentswahl zu erwarten. Weidenholzer sieht das Vorgehen gegen NGO als Teil von Orbans Wahlkampagne. Seit 2014 verfolge Orban einen Kurs der illiberalen Demokratie nach dem Vorbild Russlands. „Es ist eine Art Masterplan, eine Art von Konzept, um die Opposition zu stoppen und den Raum für die Regierung zu vergrößern.“

Besteuerung von EU-Subventionen

Sollte das Gesetz beschlossen werden, müssten NGO sechs bis neun Monate auf eine Lizenz warten, sagte Pardavi. Selbst wenn sie diese dann erhalten, würden 25 Prozent der Einnahmen der Nicht-Regierungsorganisationen besteuert. Darunter würden auch EU-Subventionen fallen, sagte die Ko-Vorsitzende des ungarischen Helsinki-Komitees, was komplett gegen das Prinzip von EU-Hilfen verstoße.

Weidenholzer erinnerte daran, dass der Innenausschuss des Europaparlaments gerade die Einleitung eines Grundrechteverfahrens nach Artikel 7 des EU-Vertrags gegen Ungarn prüft. Er erwartet, dass der Ausschuss noch vor der Sommerpause und das Plenum im September darüber abstimmt. Sollte das Parlament für ein solches Verfahren stimmen, müsste sich der EU-Ministerrat mit möglichen Sanktionen gegen Ungarn befassen. Für Österreich sei Ungarn kein Modell, auch nicht wirtschaftlich, sagte Weidenholzer.