Volksgruppen fordern Änderung des Volksgruppengesetzes

Die Volksgruppen schrumpfen, die Sprachkompetenz sinkt. Ein neues Miteinander soll die Kontakte beleben und die Aktivitäten verstärken, resümierten die Vertreterinnen und Vertreter sechs österreichischer Volksgruppen.

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ARGE

40 Jahre Volksgruppengesetz

Auf Initiative der „Wiener Arbeitsgemeinschaft für Volksgruppenfragen – Volksgruppeninstitut“ (ARGE Volksgruppen) bilanzierten Ende November Vertreterinnen und Vertreter sechs österreichischer Volksgruppen im Wiener Schulverein Komenský 40 Jahre Volksgruppengesetz.

„Die Verschlechterungen für die Volksgruppen haben mehrere Ursachen, die es bei guten gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht gäbe“, stellt die Runde gleich zu Beginn fest.

Karl Hanzl Čehi komensky

GEPA

Karl Hanzl | Vorsitzender des Volksgruppenbeirates für Tschechen

Privatschulgesetz für Wiener Volksgruppen ausgearbeitet

So beklagen die in Wien lebenden Volksgruppen ein fehlendes Minderheitenschulgesetz. „Die tschechische Volksgruppe hat einen Vorschlag für ein neues Privatschulgesetz für Volksgruppen ausgearbeitet, mit den anderen Volksgruppen abgestimmt und dem Unterrichtsministerium vorgelegt“ beschreibt Karl Hanzl vom Schulverein Komenský die Bemühungen seitens der Volksgruppen. Er ortet jedoch, dass es offensichtlich „real keinen Willen zur Verbesserung seitens der Partner der Volksgruppen gibt“.

Seit Vranitzky keine Fortschritte

Im Burgenland wiederum stellt sich die Amtssprachenregelung als bizarr und de facto oft undurchführbar dar. Man hat zwar Anspruch auf eine kroatische Übersetzung, die Anwendung selbst erfolgt jedoch im deutschsprachigen Formular. Und in Kärnten haben Heiratswillige Anspruch auf eine zweisprachige Trauung, jedoch nur, wenn der Dolmetscher auch Zeit dafür hat.

Jandre Palatin

ORF

Jandre Palatin | Kroatischer Kulturverein

„Die Novelle zum Volksgruppengesetz 2011 hat nur Verschlechterungen gebracht“, resümiert Jandre Palatin vom Kroatischen Kulturverein, während Marjan Pipp vom Österreichischen Volksgruppenzentrum den Schluss zieht, dass „es gegeben hat“.

Die Lage der polnischen Volksgruppe ist nicht zuletzt wegen der heutigen Lage in Polen äußerst negativ. Das Ansuchen zur Anerkennung von 1996 wurde 2001 abgelehnt und für die jetzige polnische Regierung hat das Thema Polen in Österreich keinerlei Priorität.

Generalversammlung der Wiener ARGE für Volksgruppenfragen | Volksgruppeninstitut

ORF | strujic

Heinz Tichy | Obmann der ARGE Volksgruppen

Fünf Grundsätze für ein modernes Volksgruppenrecht

Heinz Tichy, Obmann der ARGE Volksgruppen, fordert aus dem Ergebnis der Gesprächsrunde eine strukturierte Volksgruppenpolitik besonders auch für Wien. Als eines der Probleme von heute sieht Tichy die schlechte öffentliche Wahrnehmung infolge der Flüchtlingsthematik und den unklaren Unterschied zwischen Volksgruppe und Migrationsminderheit. Die Republik ist auch säumig bei der Umsetzung der Feststellungen des Europarats. Ein Fingerzeig in die richtige Richtung wären, so Tichy, die im Oktober 2012 vorgestellten fünf Grundsätze für ein modernes Volksgruppenrecht. Dazu gehören die Rechtsstellung der Volksgruppen als Körperschaft öffentlichen Rechts, die Selbstverwaltung der inneren Angelegenheiten, die Durchsetzbarkeit von Gruppenrechten, der Anspruch auf angemessene Förderungen oder die Offenheit für ein rechtsstaatliches Verfahren zur Anerkennung neuer Gruppen.

Heinz Tichy: „Wir werden Gespräche dieser Art weiterführen und dabei gemeinsam Themenschwerpunkte erarbeiten. Wenn der Wille seitens des Gesetzesgebers da ist, werden wir abgestimmte, attraktive Lösungsvorschläge bereit haben und deren Umsetzung einfordern.“

"Neue Entwicklungen der Volksgruppen in Wien" | Buchpräsentation

y. strujic

Gemeinsames Auftreten gefordert

Alle Vertreter der Volksgruppen bemängeln das Agieren der Volksgruppenbeiräte. Die größtenteils als schikanös empfundene Vorgehensweise bei der Zuweisung und Abrechnung der Fördermittel seitens des Bundeskanzleramtes kritisieren alle Anwesenden.

Vladimír Mlynar | Vereinsobmann SOVA

y. strujic

Aus Sicht Vlado Mlynárs von der slowakischen Volksgruppe werden die Volksgruppen in der Gesetzgebung nicht ernst genommen. Der Initiator des Treffens, Ernő Deák, verweist auf die Wichtigkeit, dass die Volksgruppen ihre Kontakte untereinander intensivieren, offene, die Volksgruppen betreffende Fragen gemeinsam besprechen und Lösungsversuche anstreben.

Wiener Arbeitsgemeinschaft für Volksgruppenfragen – Volksgruppeninstitut

Die „Wiener Arbeitsgemeinschaft für Volksgruppenfragen – Volksgruppeninstitut“ (ARGE Volksgruppen) ist eine überparteiliche, österreichbewusste Vereinigung aller an Volksgruppenfragen Interessierten, im Besonderen von Angehörigen der sechs in Österreich beheimateten Volksgruppen (Kroaten, Slowenen, Tschechen, Slowaken, Ungarn und Roma).