Artikel 7 des Staatsvertrages

Heute vor 60 Jahren, am 15. Mai 1955, wurde der Staatsvertrag im Wiener Belvedere unterzeichnet. Auch wenn Österreich nicht gleich frei war, wurde es von den alliierten Besatzungsmächten als demokratischer und unabhängiger Staat anerkannt.

Državni ugovor 1955

APA/BARBARA GINDL/OESTA/ADR/DRŽAVNI UGOVOR

Staatsvertrag, der von Außenminister Leopold Figl und den Vertretern der alliierten Besatzungsmächte unterzeichnet wurde

Der Vertrag trat allerdings erst am 27. Juli 1955 in Kraft, und die Alliierten zogen am 26. Oktober ab.

Im Staatsvertrag, der von den Vertretern der alliierten Besatzungsmächte USA, Sowjetunion, Frankreich und Großbritannien sowie der österreichischen Bundesregierung unterzeichnet wurde, verpflichtete sich Österreich, die Rechte der Kroaten im Burgenland und der Slowenen in Kärnten und der Steiermark zu wahren.

Artikel 7.
Rechte der slowenischen und kroatischen Minderheiten

1. Österreichische Staatsangehörige der slowenischen und kroatischen Minderheiten in Kärnten, Burgenland und Steiermark genießen dieselben Rechte auf Grund gleicher Bedingungen wie alle anderen österreichischen Staatsangehörigen einschließlich des Rechtes auf ihre eigenen Organisationen, Versammlungen und Presse in ihrer eigenen Sprache.

2. Sie haben Anspruch auf Elementarunterricht in slowenischer oder kroatischer Sprache und auf eine verhältnismäßige Anzahl eigener Mittelschulen; in diesem Zusammenhang werden Schullehrpläne überprüft und eine Abteilung der Schulaufsichtsbehörde wird für slowenische und kroatische Schulen errichtet werden.

3. In den Verwaltungs- und Gerichtsbezirken Kärntens, des Burgenlandes und der Steiermark mit slowenischer, kroatischer oder gemischter Bevölkerung wird die slowenische oder kroatische Sprache zusätzlich zum Deutschen als Amtssprache zugelassen. In solchen Bezirken werden die Bezeichnungen und Aufschriften topographischer Natur sowohl in slowenischer oder kroatischer Sprache wie in Deutsch verfasst.

4. Österreichische Staatsangehörige der slowenischen und kroatischen Minderheiten in Kärnten, Burgenland und Steiermark nehmen an den kulturellen, Verwaltungs- und Gerichtseinrichtungen in diesen Gebieten auf Grund gleicher Bedingungen wie andere österreichische Staatsangehörige teil.

5. Die Tätigkeit von Organisationen, die darauf abzielen, der kroatischen oder slowenischen Bevölkerung ihre Eigenschaft und ihre Rechte als Minderheit zu nehmen, ist zu verbieten.

Recht auf Bildung, Amtssprache und Topographie

Im Artikel 7 des Staatsvertrages werden den Kroaten und Slowenen dieselben Rechte wie allen anderen österreichischen Staatsangehörigen garantiert.

Dazu gehören auch das Recht auf eigene Organisationen, Versammlungen und Presse in der Sprache der Volksgruppen.

Zudem ist in ihm das Recht auf Unterricht in kroatischer Sprache in Volksschulen und in bestimmten Mittelschulen vorgesehen.

In den Verwaltungs- und Gerichtsbezirken im Burgenland ist Kroatisch neben Deutsch als Amtssprache zugelassen.

Auch kroatische topographische Aufschriften sind im Artikel 7 des Staatsvertrages zugesichert.

Tätigkeiten von Organisationen, die den kroatischen Bürgen ihre Rechte und Eigenschaften als Minderheiten nehmen wollen, sind zu unterbinden.

Langes Warten auf Umsetzung der Rechte

Auf die Umsetzung der im Staatsvertrag verankerten Rechte mussten die Burgenlandkroaten jahrzehntelang warten.

So wurden z. B. erst 1979 im Burgenland die ersten Radiosendungen in kroatischer Sprache ausgestrahlt. Die Kärntner Slowenen bekamen schon knapp nach dem Krieg, noch während der britischen Besatzung, Radiosendungen in slowenischer Sprache.

Die Regierung beschloss erst 1990 die entsprechende Verordnung, in der Gemeinden und Behörden genannt werden, in bzw. vor denen Kroatisch als Amtssprache verwendet werden kann.

Das zweisprachige Gymnasium in Oberwart gibt es erst seit 1992.

Die ersten zweisprachigen Ortstafeln wurden 2000 aufgestellt, die ersten zweisprachigen Wegweiser gar erst vor drei Jahren.

In einigen Fällen warten die Burgenlandkroaten noch immer darauf, dass die Republik Österreich ihre Versprechen erfüllt, die sie vor 60 Jahren mit der Unterschreibung des Staatsvertrages gegeben hat.