EU-Innenminister uneins über Grenzkontrollen

Sicherheitsthemen dominierten den EU-Innenministerrat gestern in Brüssel. Eine mögliche Verlängerung der Grenzkontrollen im eigentlich kontrollfreien Schengenraum sorgt weiter für Uneinigkeit zwischen den EU-Staaten, obwohl das Thema offiziell nicht auf der Tagesordnung stand.

Die Niederlande forderten schnellere Fortschritte beim Aufbau eines europäischen Asylsystems. Er hoffe, dass die Verhandlungen beschleunigt werden, „damit wir in Zukunft die temporären Grenzkontrollen nicht mehr für eine so lange Zeit brauchen“, sagte der niederländische Migrationsminister Mark Harbers. Auch der maltesische Innenminister Michael Farrugia sagte am Donnerstag, „Mauern zwischen Schengen-Staaten“ sollten so selten wie möglich bestehen.

Kickl will Grenzkontrollen fortsetzen

Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) will trotz Widerstands mehrerer EU-Staaten die bestehenden Grenzkontrollen in Österreich fortsetzen. „Ich glaube, dass viele Gründe für die Fortführung von Grenzkontrollen sprechen“, sagte Kickl vor dem Treffen der EU-Innenminister. Es müsse deutlich gemacht werden, „dass wir das nicht aus Jux und Tollerei machen“, sondern zum Schutz der eigenen Bevölkerung.

Wegen der Flüchtlingsbewegungen und der daraus resultierenden Sicherheitsprobleme kontrollieren Schengenländer wie Deutschland, Österreich und Frankreich derzeit ihre Binnengrenzen. Sie sprachen sich auch für eine Verlängerung der Kontrollen aus.

Frist für Kontrollen sechs Monate

Auch die EU-Kommission hatte im Herbst angeregt, Kontrollen bis zu drei Jahren zu ermöglichen. Momentan beträgt die Frist sechs Monate. Die bulgarische EU-Ratspräsidentschaft dringt jedoch darauf, die Grenzkontrollen innerhalb der EU bald aufzuheben. Bulgarien selbst ist kein Mitglied des Schengenraums, fordert aber die Aufnahme.

Um 30 Prozent weniger Migranten

EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos betonte, die Zahl der irregulären Ankünfte von Migranten in Europa sei heute um 30 Prozent niedriger als 2014. „Die Grenzkontrollen werden unsere große Priorität bleiben“, sagte er. Migration und Sicherheit seien wichtige Fragen bei der Zusammenarbeit mit den Westbalkan-Staaten, auch um diese Staaten näher an die EU zu bringen. Der scheidende deutsche Innenminister Thomas De Maizière sprach sich gegen Beitrittsdaten für die Westbalkan-Staaten aus. „Das Nennen von Daten ist die falsche Reihenfolge“, sagte er bei seinem letzten EU-Innenministerrat. Die Balkan-Staaten müssten vielmehr durch eigenes Handeln die Voraussetzungen für einen EU-Beitritt erfüllen.

Steigende Flüchtlingszahlen aus Georgien

Alarmiert ist De Maizière laut eigener Aussage wegen steigender Flüchtlingszahlen aus Georgien. „Der Anstieg der Zahlen von Asylbewerbern aus Georgien ist besorgniserregend“, sagte der CDU-Politiker. Die georgische Regierung unternehme alles, damit die Zahlen nicht weiter steigen. Falls sich die Entwicklung fortsetze, müsse jedoch mit anderen Staaten und der EU-Kommission über mögliche Konsequenzen gesprochen werden.

Fast kein Asyl für Georgier

Seit März 2017 besteht für Bürger aus der Ex-Sowjetrepublik Georgien die Möglichkeit des visumfreien Reisens in die EU. Auch de Maizières schwedischer Amtskollege Morgan Johansson sagte gestern, die Anzahl der Asylwerber aus Georgien habe in den vergangenen Monaten deutlich zugenommen - und fast keinem werde Asyl gewährt. Er beklagte, dass kriminelle Banden unter anderem aus Georgien nach Schweden kämen. Die georgische Regierung müsse etwas dagegen tun.

Relocation als faire Verteilung

An einer fairen Flüchtlingsverteilung innerhalb der EU hielten die Niederlande und Deutschland fest. „Eine gerechte Verteilung von schutzbedürftigen Flüchtlingen innerhalb der Europäischen Union ist für uns ein sehr wichtiger Punkt“, sagte De Maizière. Man müsse diskutieren, in welchem Umfang und wie dies zu erreichen sei. Auch Harbers meinte, die EU-Umverteilung von Asylsuchenden („Relocation“) würde allen helfen, eine faire Verteilung von Migranten in Europa zu erreichen.