„Zäune zu bauen, reicht nicht“

Europa, vor allem die EU-Länder, könnten einen Beitrag zur Bewältigung der Migrationsfrage leisten, indem sie die wirtschaftliche Entwicklung oder Infrastrukturen der Staaten in Nahost und Afrika fördern.

Das meinte Ägyptens Außenminister Sameh Shoukry jüngst im Gespräch mit österreichischen Journalisten in Kairo. „Es reicht nicht, Zäune zu bauen, wie es manche europäischen Länder leider machen.“

Fünf Millionen Migranten in Ägypten

Shoukry schätzt, dass sich derzeit über fünf Millionen Migranten in Ägypten aufhalten. Eine Zahl, die von politischen Beobachtern etwas relativiert wird. Sie würde auch Flüchtlinge früherer Konflikte einbeziehen, etwa Palästinenser, die sich nun schon seit vielen Jahren in dem nordafrikanischen Land aufhalten. „Ägypten ist sowohl Transit- als auch Zielland. Wir ermöglichen ihnen, sich zu integrieren. Sie dürfen auf den Arbeitsmarkt, können Geschäfte eröffnen. Sie haben Zugang zum Sozial- und dem freien Schulsystem, sind Teil der 90 Millionen Ägypter. Ägypten mag nicht so attraktiv sein wie Europa, aber wir geben, was wir können“, so Shoukry.

Küste wird rund um die Uhr kontrolliert

Shoukry hofft jedenfalls, dass die Bemühungen Ägyptens auch von Europa gewürdigt werden. „Seit September 2016 hat kein Migrantenschiff mehr ägyptisches Territorium verlassen. Die Küste wird rund um die Uhr kontrolliert. Die Kosten dafür sind hoch und wir tragen diese alleine.“ Die Bevölkerung Ägyptens wachse aber ohnehin ständig an. Daher müssen die Konflikte in Syrien oder der Subsahara beenden werden, um die Migration einzudämmen.

In Wirtschaft oder Infrastrukturen investieren

Die Europäer könnten laut Shoukry am besten helfen, indem sie in die wirtschaftliche Entwicklung oder Infrastrukturen investieren. „Es müssen die Situationen in allen Ländern verbessert werden. Es reicht nicht, Zäune zu bauen, wie es manche europäischen Länder leider machen“, betonte der Außenminister.

Politische Lösung in Syrien-Konflikt

Bezüglich des Syrien-Konflikts pochte der Außenminister auf eine politische Lösung. „Wir halten uns an UNO-Resolutionen. Der Krieg ist keine Lösung, 600.000 Menschen sind gestorben. Die Hälfte der Bevölkerung ist geflohen. Das hat in Mitteleuropa für eine Krise gesorgt. Die Opposition muss gemeinsam an den Verhandlungstisch kommen. Wir schließen niemanden aus“, sagte Shoukry.

Medienfreiheit und Menschenrechte

Zum Thema Medienfreiheit und Menschenrechte in Ägypten hob der Außenminister hervor: „Das Thema Medienfreiheit muss man immer im Zusammenhang mit dem Gesetz sehen. Sind Journalisten immun? Es soll niemand verfolgt werden. Aber was Recht ist, definiert immer noch die Gerichtsbarkeit. Ich verhehle nicht, dass Journalisten festgenommen wurden, weil sie das Gesetz verletzt haben. Aber es gibt in Ägypten auch private Medien, es gibt Satelliten-TV. Diese produzieren genug Sendungen, in denen der Präsident, die Regierung, die Minister kritisiert werden. Wir haben keine Zensur.“ Und gerade ausländische Medien würden sich oft auf die Meinung von Aktivisten und NGOs, die ein sehr einseitiges Bild abgeben und nicht die Gesamtheit der Gesellschaft repräsentieren, meinte Shoukry. „Dass 60.000 Menschen im Gefängnis sitzen, ist weit übertrieben. Die Führung der Muslimbrüder ist in Haft, weil sie sich krimineller Machenschaften schuldig gemacht hat“, meinte der ägyptische Außenminister in dem Pressegespräch.