Wien Museum lässt Arbeitsmigranten erzählen

Das Wien Museum rückt mit der Ausstellung „Geteilte Geschichte. Viyana - Beč - Wien“ persönliche Erfahrungen von Arbeitsmigrantinnen und -migranten in den Mittelpunkt.

Anhand von Gebrauchsgegenständen, Fotografien und Videointerviews werden Einblicke in den Alltag der Menschen, die als Arbeitsmigranten ab den 1960er Jahren nach Wien kamen, gewährt.

„Geteilte Geschichte. Viyana - Beč - Wien“

vom 5. Oktober 2017 bis 11. Februar 2018, Wien Museum, Karlsplatz, 1040 Wien

Erzählungen lange „Randthema der Forschung“

1964 schloss Österreich das Anwerbeabkommen mit der Türkei, zwei Jahre später folgte das Abkommen zur Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte mit Jugoslawien. „Die Geschichte und die Kultur der Stadt Wien ist eine vielschichtige“, sagte Museumsdirektor Matti Bunzl im Rahmen der Pressekonferenz anlässlich der gestrigen Eröffnung der Ausstellung. „Es ist uns seit langem ein Anliegen, diese Vielschichtigkeit zu repräsentieren.“ Die Erzählungen der Migranten seien jahrzehntelang „ein Randthema der Forschung“ geblieben, sagte Vida Bakondy, die die Schau gemeinsam mit Gerhard Milchram kuratiert hat. „Uns ging es um Objekte, die zeigen, wie Migranten angesichts der Diskriminierung, mit der sie konfrontiert waren, ihren Alltag bewältigten.“

Peter Mijatović (links) mit Kollegen auf einer Baustelle in Wien, um 1969 - Schenkung von Niko und Zorica Mijatović, 2016

Privat

Peter Mijatović (links) mit Kollegen auf einer Baustelle in Wien, um 1969 - Schenkung von Niko und Zorica Mijatović, 2016

Rund 700 persönliche Gegenstände

Im Rahmen der Ausstellung, die ab heute bis zum 11. Februar zu sehen ist, werden persönliche Gegenstände gezeigt, die in den vergangenen zwei Jahren im Zuge des Projekts „Migration Sammeln“ dem Museum überlassen wurden. Die Schau, die für einen Raum im ersten Stock des Hauses am Karlsplatz konzipiert wurde, präsentiert eine Auswahl der rund 700 Objekte. Darunter befinden sich Arbeitskittel, eine bosnische Tracht, eine Vielzahl an Formularen, Ausweisen und anderen Dokumenten, die die Regulierung des Arbeitsmarkts verdeutlichen, sowie private Fotoalben. Auch eine Thermoskanne und ein alter Kassettenrekorder, mit denen einer der Schenker die lange Reise in die Heimat bewältigte, ein Kochtopf, den sich eine Arbeitsmigrantin mit ihrem ersten Lohn leistete, und ein handgemaltes Schild, das das Staatswappen der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien zeigt, werden ausgestellt.

Themenbereiche & Videointerviews

In dem dunkel ausgemalten Raum sind einzelne Bereiche ausgeleuchtet, die sich jeweils einem anderen Thema widmen - von der Arbeit über Wohnen, Sprache und Bildung bis zum Kontakt zum Herkunftsland. Ein wichtiges Element der Ausstellung sind Videointerviews mit den Schenkern. Auf quer durch den Raum verteilten Leinwänden kommen die Menschen, die ihre persönlichen Objekte zur Verfügung gestellt haben, zu Wort. Da erzählt eine Frau zum Beispiel vom ersten Schultag im neuen Land, über die hohen Anforderungen an migrantische Schüler und die Schwierigkeit, Freundschaften zu schließen. Thematisiert werden auch die prekären Wohnverhältnisse. Viele Arbeitsmigranten mussten in überteuerten Substandardwohnungen leben, mit Klo und Wasser am Gang und fehlender Privatsphäre.

Gemeinsame Geschichte

Die Ausstellung stellt nicht die Geschichte der Arbeitsmigration in Österreich dar, sondern fokussiert auf die persönlichen Erfahrungen der Menschen. „Für mich ist es ein zentraler Versammlungsort, der es ermöglicht, zu begreifen, dass wir eine gemeinsame Geschichte besitzen, und es uns ermöglicht, eine gemeinsame Identität auszubilden“, sagte Milchram. Der Titel „Geteilte Geschichte“ verweise darauf, dass „wir mit den Migrantinnen und Migranten eine Geschichte teilen“, aber auch darauf, dass diese lange nicht erzählt bzw. abgetrennt behandelt worden sei.

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