Schulstartaktion für einkommensschwache Familien

312.000 Kinder und Jugendliche in Österreich leben laut Caritas in Familien mit Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdung. Für ihre Eltern bedeutet der Schulstart zusätzliche hohe Kosten.

Die Caritas Wien bietet daher auch heuer wieder in ihren Second-Hand-Läden, den sogenannten „carlas“, günstige Schulutensilien an.

Eltern und Schulkinder im Rahmen der "Schulstartaktion für einkommensschwache Familien" der Caritas der Erzdiözese Wien

APA/Herbert Neubauer

Eltern und Schulkinder im Rahmen der „Schulstartaktion für einkommensschwache Familien“ der Caritas der Erzdiözese Wien

Carla Schulstartaktion der Caritas Wien vom 21.8. - 9.9.2017

  • carla nord, Steinheilgasse 3, 1210
  • carla mittersteig, Mittersteig 10, 1050;

Öffnungszeiten: Mo–Fr von 9.00–18.00 Uhr; Sa von 9.00–13.00 Uhr; Spendenannahme jeweils bis 30 Minuten vor Ladenschluss

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"Große finanzielle Belastung

„Jeder, der selbst Kinder hat, weiß, dass der Schulstart eine große Freude bereitet, aber auch eine große finanzielle Belastung darstellt“, sagte Klaus Schwertner, Generalsekretär der Caritas der Erzdiözese Wien, heute anlässlich des Beginns der carla-Schulstartaktion. Ein einfaches Startpaket für einen Schulanfänger kostet laut Diakonie Österreich 100 bis 300 Euro. Dazu kämen noch Ausgaben für Kopien, Milchgeld, Projekt- und Wandertage oder den Elternverein.

Schulartikel in den Caritas- Secondhandgeschäften

Um einkommensschwache Familien zu unterstützen, wird in den Secondhandgeschäften der Caritas bis zum 9. September ein großes Sortiment an Schulartikeln um wenig Geld verkauft, darunter etwa Stifte ab zehn Cent, Mappen, Hefte und Lineale sowie Malkästen und Federpennale ab 1 Euro. Schultaschen gibt es ab fünf Euro. „Die Waren sind zum Teil Privatspenden, aber auch Neuware ist dabei, die nach Geschäftsauflösungen abgegeben wurde oder aus Restbeständen stammt“, so Elisabeth Mimra, Leiterin der carlas. Der Andrang sei heuer besonders groß. Schultaschen seien jedoch sehr wenige abgegeben worden, deshalb würde man sich noch über gut erhaltene Spenden freuen.

Eltern und Schulkinder im Rahmen der "Schulstartaktion für einkommensschwache Familien" der Caritas der Erzdiözese Wien

APA/Herbert Neubauer

Eltern und Schulkinder im Rahmen der „Schulstartaktion für einkommensschwache Familien“ der Caritas der Erzdiözese Wien

1.200 Euro im Monat

Fatima hat sich Bleistifte und Wasserfarben ausgesucht. Ihre Lieblingsfächer sind Sport und Deutsch. Sie freue sich auf die Schule, das Beste daran sei, „dass man Freunde hat“, sagte die Achtjährige der APA. Fatimas Mutter Amina meinte, sie habe heute 50 Euro gespart. „Ich bin froh, dass wir hier günstige Schulsachen kaufen können“, so Amina. Ihr stünden pro Monat 1.200 Euro zur Verfügung, um sich und ihre beiden jüngsten Kinder zu versorgen. Familien sind laut Caritas besonders oft von Armutsgefährdung betroffen, darunter fast jeder dritte Alleinerzieher-Haushalt und jede vierte Familie mit drei oder mehr Kindern.

Kostenlose Lernhilfe

„Kinderarmut muss ganz oben auf die politische Agenda kommen“, sagte Schwertner zur APA. Bildung sei die beste Armutsprävention, jedoch sei für den Bildungsweg eines Kindes der soziale Hintergrund einer Familie leider oft entscheidender als seine Begabung. Er fordert daher den Ausbau der Ganztagsschulangebote. Derzeit würde ein Fünftel aller Kinder Nachhilfe bekommen, viele Eltern könnten sich diese jedoch nicht leisten. Die Caritas bietet daher auch kostenlose Lernhilfe an: In zehn Lerncafés in Wien und dem östlichen Niederösterreich wurden im Vorjahr 253 Schüler von 164 freiwilligen Mitarbeitern betreut. Im vergangenen Schuljahr konnten daraufhin fast alle Kinder und Jugendlichen die jeweilige Schulstufe positiv abschließen, so die Caritas in einer Aussendung. Der Unterstützungsbedarf sei groß: 300 Kinder stünden in den beiden Regionen auf der Warteliste.

„Chancenindex“ als Basis für Schulfinanzierung

„Wer Kinderarmut bekämpfen will, muss sich dem Thema Bildung schnell und umfassend stellen und schon frühzeitig ansetzen, etwa im Kindergarten und Volksschulalter“, so Schwertner. Auch Martin Schenk, Sozialexperte der Diakonie Österreich, forderte heute mehr Ressourcen für sozial benachteiligte Schulstandorte. Diese seien besonders gut auszustatten, damit sie keine Schüler zurücklassen und für alle Einkommensschichten attraktiv bleiben, so Schenk in einer Aussendung. Die Schulfinanzierung solle auf einem „Chancenindex“ basieren, der Bildungsstand, Beruf und Einkommen der Eltern berücksichtige. Dadurch könne zwar die Spaltung in „gute“ und „schlechte“ Wohngegenden nicht aufgehoben, aber an den Schulen einiges verbessert werden. Die Niederlande, Zürich, Hamburg und auch Kanada hätten damit gute Erfahrungen gemacht, so der Sozialexperte.

Unter Generalverdacht gestellt

In Österreich werden armutsgefährdete Menschen oft unter den Generalverdacht gestellt, das Sozialsystem auszunutzen, sagte Schwertner. Die Caritas sei in großer Sorge, dass dies wieder ein Wahlkampfthema werde. Zu einem ganz geringen Anteil gebe es sicher Missbrauch, aber die Frage sei, ob man dies ständig thematisiere oder ob man armutsgefährdeten Menschen schnell helfe.

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